Читать книгу Die Sanduhr - Claudia Gürtler - Страница 22
Zwanzig
ОглавлениеEinmal mehr hatten die Bewohner der Villa vergessen, Schneewittchen zuzudecken. Es krümmte sich in der Kälte, welche sich in den Zimmern breit machte, zusammen und begann sich nach einer langen Phase des Unbehagens und Haderns wiederum wohl zu fühlen in der Nähe des Todes.
Doch auch diesmal kam Hans Christian, der Schneewittchens Abschiede vorauszuahnen schien rechtzeitig, hob das Kind aus dem Bettchen, wickelte es in eine Decke, drückte es heftig an sich, bis es seufzend Luft holte und sich an ihn kuschelte, um sich aufzuwärmen und sich einmal mehr davon überzeugen zu lassen, dass es leben wollte.
Und Hans Christian erzählte, erzählte von Decken und Kissen und Schneefall und Erbsen unter Matratzen, und Schneewittchen horchte, und wenn es denn schon eine Sprache und ein Gefühl für Zeit gehabt hätte, hätte es sich gewünscht, Hans Christians Geschichten möchten nie ein Ende finden.
Schliesslich legte der Lange das Kind zurück in sein Bettchen, deckte es bis oben hin zu und küsste es sanft, und Schneewittchen träumte, nachdem er geräuschlos gegangen war, seine Geschichten fort, und ihm war wohlig warm zwischen der Matratze mit der Erbse und den prallen Decken aus Schnee, und über ihm rauschten der Holunderbusch und die Erle, und das Schnattern von Enten und das majestätische Brausen von Schwanenflügeln legten ein Lächeln auf sein Gesicht.