Читать книгу Die Sanduhr - Claudia Gürtler - Страница 27
Fünfundzwanzig
ОглавлениеIn der weitläufigen Villa des Doktors war die Schneekönigin so gründlich eingeschlossen, als drifte sie auf einem Eisberg, ohne die Richtung bestimmen zu können. Anfangs versuchte der Doktor noch, seine Frau für alles Schöne im südlicheren Klima zu begeistern, für blühende Bäume, die wenige Monate später üppig mit Früchten behangen waren, für den übermütig wuchernden Garten, der der auserkorene Lieblingsplatz aller Schmetterlinge Basels zu sein schien.
Sie aber empfand diesen unglaublichen Überfluss an Sonne, grünen und bunten Pflanzen, Insekten, Früchten und Vitaminen als Bedrohung. Ihre Forschungen verloren jeden Sinn, und sie empfing den Doktor, der ihr mit selbst gepflückten Blumen und Früchten eine Freude machen wollte, mit Eiseskälte.
Früchte, die tropften, wenn man hineinbiss, waren der Schneekönigin zuwider, und die knalligen Farben der Blumen schmerzten in ihren Augen. Oft stand sie an einem der Fenster im hallenartigen Wohnzimmer und sah hinaus in den Garten, als fürchte sie, Grünes und Buntes kröche unaufhaltsam aufs Haus zu um, was darin lebte, zu ersticken.
Der tiefe Blick in einen ihrer Spiegel gab ihr Halt; ihre kalten Augen sahen ihr daraus entgegen. Auf dem Grund lag die Ruhe von ewigem Eis.