Читать книгу Die Sanduhr - Claudia Gürtler - Страница 32
Dreissig
ОглавлениеDie Schneekönigin hatte die Hunde bereits eingespannt. Sie wies dem Doktor seinen Platz auf dem Schlitten zu. Seine Beine waren zu lang und fanden nirgendwo Halt, denn das Gefährt war für gedrungene kurzbeinige Inuit-Körper gebaut. Es würde eine anstrengende Fahrt werden.
Das hektische Gebell der Hunde zerriss die Stille des Sonntagmorgens, doch bald lag das Dorf weit zurück und das Keuchen der Hunde und das Knirschen der Kufen auf dem Eis waren die einzigen Geräusche. Sie wollte ihm die himmelblaue Grotte zeigen, die sie erst vor ein paar Tagen entdeckt hatte. Sie würde dem Doktor in ihrer märchenhaften Unergründlichkeit gefallen.
Plötzlich schwenkte der Schlitten in eine festgefrorene Spur im Eis ein. Die Rillen wurden schnell tiefer, und obwohl die Schneekönigin sich dagegen wehrte, folgte der Schlitten nun einem anderen Weg als dem vorgenommenen. Sie erschrak, als sie die Bedeutung dieses Orakels begriff. Sie selbst würde einen ungeplanten Weg zu gehen haben. Eine Weile sträubte sie sich noch, sass stumm und verzweifelt vor dem Doktor auf dem Schlitten, doch dann gestand sie sich eine kühle und überlegene Liebe zu dem hilflosen und lebensuntüchtigen Forscher ein, und als er sie fragte, ob sie mit ihm komme, um zweitausend Kilometer weiter südlich ihr Zelt mit ihm zu teilen, nickte sie stumm.
Er hatte auf Freude gehofft, akzeptierte aber ohne Auflehnung, dass sie keine Freude zeigte. In seinem Herzen keimten die Glücksgefühle wie trotzige Schneeglöckchen, und er stellte sich voller Begeisterung vor, wie überwältigt sie sein würde, wenn sie erst im Überfluss der südlichen Hemisphäre ankam.