Читать книгу Gestrandet in der Unendlichkeit: Paket 15 Science Fiction Abenteuer - Conrad Shepherd - Страница 47
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ОглавлениеIks-Wol-Esak sah die Blicke auf sich gerichtet.
Es war typisch für ihn, dass er sich nie aufdrängte und immer und überall bescheiden blieb. Er war auch kein auffälliger Rhetoriker. Das lag schon in seiner Zugehörigkeit zur prokaskischen Rasse begründet. Trotz allem wurde er oft zum Mittelpunkt. Meistens dann, wenn andere diskutierten und ein Problem zerredeten. Er brauchte zwei Sätze oder ein paar Worte. Sie berührten meistens den Kern der Sache und wirkten dadurch verblüffend. Das Geheimnis seiner Persönlichkeit lag wohl darin, dass er nur redete, wenn er wirklich etwas zu sagen hatte.
„Die Sache mit Psröi? – Sie hat uns einen Toten gebracht. Etwas Positives kann ich da nicht herauslesen“, meinte Praxlomza. Er stand breitbeinig vor dem Proka, machte einen krummen Rücken und hatte den Kopf sichernd und misstrauisch zwischen die Schultern gezogen.
„Psröi war ein Werkzeug, als er euch auf der Brücke hier angriff. Genügt dir das nicht? Die Kugeln waren bei ihm. Ich kann sie nur als die Vasallen des grünen Gehirns betrachten. Was liegt näher als die Annahme, dass Psröi einen Befehl ausführte?“
„Freilich, wir hatten auch schon von Hypnose gesprochen …“
„Ich meine, es ist mehr. Es war ein telepathischer Befehl, eine Übernahme des schwächeren Willens durch das grüne Gehirn.“
„Und du hältst diese Feststellung für einen Erfolg?“
„Allerdings.“
„Bitte, es steht dir nichts im Wege, einen zweiten Angriff auf die Maschinenräume zu wagen. Aber ohne mich. Und ich meine auch, dass dir der erste Denkzettel genügt haben sollte.“
„Einen zweiten Angriff müssen wir über Kurz oder Lang auf jeden Fall wagen. Nur – es gibt Wichtigeres.“
Barnett nickte wie ein Hellseher. „Es wird Zeit, dass wir uns bei der Besatzung zurückmelden, Iks. Vielleicht macht sie das ein bisschen optimistischer. Dabei können wir gleich das Tragen von Gedankenschirmen zur Pflicht machen.“
Iks-Wol-Esak wollte sagen, dass das auch sein Plan gewesen sei. Da kam ihm Bellinski zuvor.
„Achtung! Deck drei!“, schrie der Recheningenieur, dessen Pedanterie es zu verdanken war, dass wenigstens noch einer die Bildschirme beobachtet hatte. Die Männer fuhren herum.
Sie sahen ein groteskes Schauspiel.
Der Kampftrupp im dritten Deck drückte sich scheu in die Defensive. Einige Männer hatten sich hingeworfen. Andere versuchten, sich flach an die Wand zu pressen. Über ihren Köpfen schwebten kleine bunte Kugeln. Niemand wehrte sich. Sogar die Roboter hielten still.
„Das Vernünftigste, was sie machen können“, stellte Barnett zufrieden fest. „Es wäre sinnlos, einen Arm oder sogar das Leben zu riskieren. Noch haben wir keine Waffe gegen diese Energiegebilde.“
„Vielleicht haben wir eine, ohne es zu wissen“, warf Iks-Wol-Esak orakelhaft ein. Weiter kam er nicht, denn das groteske Schauspiel war noch nicht zu Ende.
Die Kugeln verschwanden, als ob sie plötzlich einfach nicht mehr existierten. Sie zogen sich zurück wie Henker, die ihre unangenehme Pflicht erfüllt hatten. Im Dunkeln, verblassend, auf Wegen, die keinem gewöhnlich Sterblichen zugänglich waren.
Und gleichzeitig kam ungelenkes Leben in die erstarrten Menschen. Sie drückten sich von der Wand weg, standen auf und formierten sich. Sie gingen wie Roboter. Die Roboter selbst taten es ihnen gleich.
„Bei Klono!“, schrie James Lisman. „Wer hat da einen Befehl zum Rückzug gegeben?“ Er sprang in drei großen Sätzen zum Befehlsstand, schlug mit der Faust auf den Sammelschalter und brüllte ins Mikrofon: „Leutnant Frigo! Sofort stoppen Sie Ihre Mannschaft und kehren in die Bereitstellung zurück! In zehn Sekunden ist die Lage wieder hergestellt und Ihre Erklärung hier auf der Brücke! – Leutnant Frigo, zum Teufel! Ich werde Sie …“
Niemand in Deck 3 reagierte auf Lismans Stimme. Der Erste Offizier musste eine kurze Pause machen, um Luft zu holen. Dann schnarrte es weiter aus ihm heraus.
„Perry! Sieh dir diese Wahnsinnsakrobaten an! Ich werde sie vier Monate in den Karzer sperren. Leutnant Frigo! Neben mir steht Captain Barnett.“
Diese Nachricht schlug auf der ganzen TRILANI wie eine Bombe ein. In allen Decks, wo sich Menschen aufhielten, musste sie einen Freudentaumel auslösen. Nur Leutnant Frigo und seine Leute schienen davon nicht im geringsten beeindruckt zu sein.
Barnett selbst ging zum Befehlsstand und schaltete die Bildübertragung hinzu. „Komm her, Iks, auch dich sollen sie sehen. Männer der TRILANI, ich bin zurück. Einzelheiten erkläre ich später. Es war ein Irrtum des Schicksals, den wir inzwischen korrigiert haben. Befehl an die Truppen in den Decks zwo und vier. Deck drei ist sofort total zu sperren. Kein Mensch darf heraus oder hinein. Wer diesen Befehl missachtet, wird ohne Warnung erschossen. Der gleiche Befehl gilt für die Roboter. Außerdem: Sofort Gedankenschirme anlegen. Die Wache im dritten Deck steht offenbar unter gegnerischem telepathischen Einfluss. Vorsicht vor den bunten Kugeln. Nicht darauf schießen! Bei Annäherung absolut ruhig verhalten … Die Sammelschaltung bleibt aktiv. Weitere Anweisungen folgen in Kürze.“
Barnett trat zurück und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. „Wenn du jetzt eine vernünftige Idee hast, Iks, dann sage sie uns.“
„Du hattest sie schon“, versicherte der Proka. „Wir müssen jetzt abwarten, ob die Schirme gegen das grüne Gehirn stark genug sind.“
Auch die Männer auf der Brücke legten ihre Schirme an. Die Verständigung mit den beiden Prokas wurde dadurch erheblich erschwert, denn allein mit der rein akustischen Sprache hatten sie doch erhebliche Schwierigkeiten. Unter den gegebenen Umständen musste das allerdings in Kauf genommen werden.
Dann galt ihre Aufmerksamkeit den Bildschirmen.
Frigos Truppe schritt getragen, wie bei einem Trauermarsch. Ihr Verhalten wirkte dadurch um so beständiger.
„Die sind für uns verloren“, behauptete Praxlomza. „Die gehorchen dem fremden Willen bis zur Selbstzerfleischung. Unsere Leute werden sie abknallen wie fremdes Wild.“
„Wenn es nötig ist, hoffentlich.“
Barnett hatte selten so hart gesprochen. Eine Schießerei zwischen der TRILANI-Besatzung! Das hatte es noch nie gegeben.
„Sie gehören nicht mehr zu uns, wenn Perrys Befehl ihnen nichts mehr gilt“, sagte Lisman mehr im Selbstgespräch. Es hörte sich an, als ob er sein schlechtes Gewissen mit einem trickreichen Gedanken entlasten wolle. Iks-Wol-Esak nahm ihm diese Sorge ab. Und in dieser Beziehung galt sein Wort schon etwas. Es hieß nicht umsonst bei der TRILANI-Besatzung, dass die menschlichsten Menschen die Prokas seien.
„Jetzt geht es nicht mehr um Ehre, Freundschaft und Opfermut, James. Es kommt darauf an, ob wir uns durchschlagen. Der kleinste Fehler kann uns alle das Leben kosten, womit schließlich keinem gedient wäre.“
„Schon gut, Iks. Du bist der rechte Seelsorger. Jetzt sage uns bloß noch, wie wir uns selbst zu wehren haben, wenn die Kugeln kommen. Gut, lass uns Frigo abschießen! Wir haben dann zwanzig Mann weniger. Aber wenn das geschehen ist, wie geht es dann weiter? Was wirst du tun, wenn ich so werde wie die Leute im dritten Deck?“
„Das Gleiche. Und du wirst es auch tun. Wenn Perry verrückt wird, ist er auf der Abschussliste, es sei denn, er erholt sich rechtzeitig.“
„Wie soll man sich erholen, wenn man das Todesurteil in der Tasche hat?“
„Es ist uns schon einmal geglückt!“
„Ach nein! Das erkläre uns bitte. Oder gibt es hier jemanden, der das verstanden hat?“
„Es war im Krater. Alle, die in Tsous Berg gewesen sind, haben schon einmal unter diesem telepathischen Befehl gestanden.“
„Das ist ein Verdacht und nichts als ein schwacher Trost. Du meinst, wegen der Kugeln, nicht wahr?“
„Nicht nur deshalb. Alles, was wir taten, seit Perry in das Loch gerufen hat, war unlogisch.“
„Ich weiß, das ist deine Lieblingsmelodie und doch nur eine Behauptung, die du bis jetzt nicht beweisen konntest.“
„Je mehr hier geschieht, um so mehr habe ich den Beweis. Ich weiß nur noch nicht den letzten Grund, und deshalb bitte ich dich, mir die entscheidende Frage später einmal zu stellen.“
„Wenn es noch ein Später gibt. Bitte, Frigos Leute geraten jetzt schon in den toten Winkel.“
„Dann schalte die Perspektive weiter!“
Das Bild wechselte. Es zeigte jetzt die unmittelbare Umgebung des Hauptachsen-Elevators. Frigo trat als erster an den Lift und drückte den Holknopf.
„Was werden sie machen, wenn der Fahrstuhl nicht kommt?“
„Abwarten! Und hinsehen. Zum Schießen sind jetzt die anderen da. Du brauchst dein zartes Gewissen nicht zu strapazieren.“
Frigo schien einen Moment ratlos. Der fremde Wille in ihm hatte offenbar Schwierigkeiten, ihm ein gewandtes und glattes Benehmen zu suggerieren. Oder existierte da noch ein Rest des ursprünglichen Ichs, das den Zwiespalt in seinem Gehirn zu einem hoffnungslosen Duell werden ließ?