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Selbstgestrickter Pullover und roter Hut

Mit 19 Jahren tickte meine weibliche innere Uhr, sich auf die Suche zu begeben nach einem passenden Partner. Es gab Herren, die machten mir den Hof, doch wie so oft im Leben, das, was man nicht will, zieht man an, und das, was man unbedingt möchte, bekommt man nicht.

Über ein Osterwochenende strickte ich einen grüngestreiften baumwollenen Kurzarmpullover. So manche Masche des Strickgutes war mit unterschiedlichen Gefühlen gestrickt. Einmal Zweifel, dann Glücksgefühle, Liebesgedanken, eben den gesamten Gefühlsbrei. Meine Gedanken drehten sich um einen Mann, der mit meiner Mutter im Kirchenchor am Osterfest singen wird. Der Pullover musste einfach fertig werden. Obwohl Ostern erst Mitte April angesagt war, ging ich an diesem Morgen mit meinem neuen knallroten Hut, roten Dreiviertel-Stoffhosen, neuen roten Ballerinas und meinem fertig gestrickten grünen Kurzarm-Pullover zur Sonntagsmesse. Es schien die Sonne und die Temperaturen stiegen an, doch in der Kirche war es wie in einem Eiskrater. Ich wollte unbedingt meinen neuen Pullover zur Schau stellen, statt diesen zu verdecken. Meine Hühnerhaut war ersichtlich. Die Bühne des zukünftigen Lebens war mir wichtiger und die Devise, mit Hut etc. aufzufallen, war ein klares Statement: ‚schaut mich an‘. Während des Schreibens fällt mir auf, dass ich damals mit rotem Hut und selbergemachtem Pullover auftrumpfte. Die heutige Jugend benutzt neben Make-up, aufgespritzen Lippen, gefärbten Haaren usw. andere Hilfsmittel und investiert enorm für die äußerliche Hülle. Doch die wahre Fülle und das Strahlen kommt von Innen – aus dem Herzen. So trifft heute die Aussage ‚weniger ist mehr‘ für mich voll ins Schwarze.

Das Leben ent-ERNST-en

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