Читать книгу Yes we camp! 4- Jahreszeiten-Camping in Skandinavien - Cornelia und Sirko Trentsch - Страница 16

FRÜHLING AN DER WILDEN NORDKÜSTE

Оглавление

Wer sich für einen original Islandpullover interessiert, sollte den KIDKA Fabrikverkauf in Hvammstangi aufsuchen. Hier findet man eine riesige Auswahl der begehrten Wollpullover zu (relativ) günstigen Preisen. Nördlich von Hvammstangi liegt an der Küste der Campingplatz Illugastadir Camping, unser nächstes Ziel. Doch wir stehen vor verschlossenen Türen: »Campingplatz wegen Vogelbrut im Mai geschlossen« steht auf einem Schild. Jetzt wird es spannend: Ohne Aussicht auf einen Übernachtungsplatz fahren wir weiter zur Felsformation Hvítserkur auf der anderen Seite der Halbinsel Vatnsnes. Was auch immer man in dem Felsen erkennt: Er ist in jedem Fall einen Besuch wert. Wir machen hier im letzten Tageslicht eine herrliche Wanderung auf den Klippen und den schwarzen Lavasandstränden. Anschließend irren wir auf der Suche nach einem geöffneten Campingplatz durch die Nacht, bis wir gegen 3 Uhr endlich Gladheimar Camping in Blönduós entdecken. Nachtruhe!

Am nächsten Tag fahren wir ein kurzes Stück zurück, denn wir haben bei unserer nächtlichen Suchaktion den Kolugljúfur Canyon ausgelassen. Dort strömt über mehrere Kaskaden der Fluss Víðidalsá durch einen tief eingeschnittenen Canyon, an dessen Kante ein markierter Wanderweg entlangführt. Glaubt man den isländischen Sagen, so hat das Trollweib Kola die Schlucht erschaffen … Tatsächlich mutet die ganze Landschaft an wie aus einer anderen Welt, ebenso wie die unzähligen Grashügel am Eingang zum Tal Vatnsdalur, die auf den nächsten Kilometern neben der Ringstraße im warmen Licht des späten Nachmittags leuchten. Wenn es wirklich Elfen und Trolle in Island gibt, müssen sie hier leben.

So erreichen wir Varmahlíð, einen kleineren Ort mit einem etwas oberhalb gelegenen Campingplatz, auf dem wir eine ruhige Nacht verbringen. Gerade einmal 8 km entfernt liegt der Museumshof Glaumbær, der einen nachhaltigen Eindruck vom beschwerlichen Leben im 19. Jh. vermittelt. Mit dem Smartphone in der Tasche und dem Allrad-Wohnmobil vor dem Gelände entwickeln wir vor den Leistungen und Entbehrungen jener Zeit große Achtung. Uns wird wieder einmal klar, mit welchen Annehmlichkeiten wir heute leben. Wie zur Bestätigung sitzen wir nur wenig später im warmen Wasser der Thermalquelle neben dem Wasserfall Reykjafoss etwas südlich von Varmahlíð neben der Straße 752. Wir sind hier tatsächlich allein und genießen die Auszeit im natürlichen Quellwasser – ein unbezahlbares Wellness-Vergnügen.

Entlang der weiteren Route hat man erneut die Wahl: Entweder man umrundet auf dem Arctic Coast Way die Halbinsel Tröllaskagi oder man folgt der Ringstraße über den Pass Öxnadalsheiði. Beide Strecken sind abwechslungsreich und treffen kurz vor der Hafenstadt Akureyri wieder aufeinander. Der 19.000-Einwohner-Ort ist die viertgrößte Stadt Islands – eine gute Gelegenheit, unsere Vorräte in den Supermärkten aufzufüllen. Beim Bummel durch die Stadt entdecken wir die weltweit einzigartigen Herzen in den roten Ampellichtern, die einmal mehr auf die Freundlichkeit der Isländer hinweisen. Die bunten Häuser der »Hauptstadt Nordislands« sind fröhliche Farbtupfer in der weitläufigen Landschaft der Region. Anschließend geht es weiter zum Wasserfall Goðafoss. Den großen Parkplatz am Wasserfall erreichen wir nach etwa einer halben Stunde. Von dort gibt es markierte Wege durch das Naturschutzgebiet zu den Aussichtspunkten, die ganz unterschiedliche Perspektiven auf den Goðafoss ermöglichen. Auf einer schwer vorstellbaren Breite von 158 m stürzen die türkisblauen Wassermassen über die 11 m hohe Felskante.

• TIPP Entlang dieser Etappe gibt es im Übrigen mehrere Camping- und Stellplätze, sodass ihr euer Reisetempo individuell bestimmen könnt.

Wer die Gelegenheit nutzen und an einer Wal-Safari teilnehmen möchte, sollte anschließend in nördlicher Richtung nach Húsavík abbiegen. Hier werden die meisten Touren an der isländischen Küste angeboten. Die perfekten Bedingungen in der Bucht Skjálfandi führen zu einer Erfolgsquote von etwa 98 % bei der Sichtung von Minkwalen, Tümmlern, Pottwalen sowie Buckelwalen. Seltener sieht man hier auch einige Orcas oder die riesigen Blauwale. Zudem ist die Holzkirche Húsavíkurkirkja aus dem Jahr 1907 ebenso sehenswert. Den großzügig angelegten Campingplatz am Ortsrand empfehlen wir für eine weitere Übernachtung. Und ganz unter uns: Im Hafen gibt es sündhaft leckere Fish and Chips …

[no image in epub file]

Im Fischerort Húsavík, Zentrum der Walbeobachtung in Island, gibt es auch ein interessantes Walmuseum.

Ob ihr auf direktem Weg der Ringstraße folgt oder den Umweg über Húsavík wählt – das nächste Ziel darf in der Planung nicht fehlen: Der viertgrößte See Islands, der Mývatn (»Mückensee«), verdankt seinen Namen … genau, den Unmengen von Mücken, die sich in der kurzen Sommersaison hier tummeln. Allerdings handelt es sich dabei meist um die eher harmlosen Zuckmücken, die glücklicherweise nicht stechen. Sie sind ein elementarer Bestandteil dieses Ökosystems mit seinem Fischreichtum und den Populationen teilweise seltener Vogel- und Entenarten. Die unmittelbare Umgebung ist von einzigartigen Lavaformationen und einem aktiven Vulkanismus geprägt. Eigentlich glaubten wir, inzwischen alle Ausprägungen der vielseitigen Landschaftsformen und Naturphänomene zu kennen – doch am Mývatn werden wir eines Besseren belehrt: Am See stehen schwarze Lavasäulen wie versteinerte Fabelwesen im geradezu karibikblauen Wasser. Vervollständigt wird diese Szenerie vom Kegel des Kraters Hverfjall und den unwirklichen Farben der Landstriche am Ufer, die es zu erkunden gilt.


Blubbernde Schlammtöpfe und Schwefeldämpfe im Geothermalgebiet Hverarönd

Das Wetter klart auf, und so entscheiden wir uns, zunächst das Geothermalgebiet Hverarönd nordöstlich vom Myvatn aufzusuchen. Vom Parkplatz am Pass Námaskarð brechen wir auf, um die surreale Landschaft zu erkunden. Schnell steht für uns fest: So muss es auf dem Mars aussehen. Um uns herum sprudelt, blubbert und zischt es in und aus Schlammtöpfen, Fumarolen und Solfataren. Die lehmige Erde dazwischen leuchtet gelb, grün, rot und blau, während die Schwefeldämpfe an den Gestank fauler Eier erinnern.

Weniger außerirdisch geht es auf dem 8 km entfernten Campingplatz am Nordufer des Sees zu. Von hier aus erkunden wir am nächsten Morgen die Halbinsel Höfði. Auf einem gut markierten Wegenetz kann man sich den Felsskulpturen aus Lavagestein nähern und die zahlreichen Enten auf dem See beobachten. Nach einem Picknick setzen wir unsere Entdeckungen in dem 4 km entfernten Lavafeld Dimmuborgir fort. In der isländischen Mythologie erzählt man sich, dass zwischen den skurrilen Felsen Elfen und Trolle leben – ein Glaube, der sich bis heute hält. Auch hier gibt es verschiedene Wege zu den Höhlen, durch die Schluchten und über schwarze Steinhügel, deren fantasievolle Namen man auf mehrsprachigen Schildern lesen kann. Vom nordöstlichen Ende dieser Fabelwelt führt ein markierter Weg bis zum Fuß des Tuffrings des Kraters Hverfjall. Nach einem anspruchsvollen Aufstieg erreicht man den Höhenweg, der einmal um den mächtigen Krater führt. Aus einer Höhe von etwa 120 m bietet sich ein weites Panorama. Wer sich nach so vielen Aktivitäten belohnen möchte, kann das bei einem erholsamen Bad im Thermalbad Jarðböð tun.

• TIPP Jarðböð ist deutlich günstiger und weniger überlaufen als die schon legendäre Bláa Lónið (»Blaue Lagune«) in der Nähe von Reykjavík.

Vom Myvatn sind es nur noch etwa 170 km auf der Ringstraße bis nach Egilsstaðir, dem Ausgangspunkt unserer Island Umrundung. Auf diesem letzten Abschnitt solltet ihr aber keinesfalls den Wasserfall Dettifoss verpassen. Man erreicht ihn wahlweise über einen der Parkplätze an seiner Westseite (Asphaltstraße 862) oder auf der Ostseite (Schotterstraße 864). Es scheint schwer vorstellbar, dass inmitten dieser Steinwüste einer der mächtigsten Wasserfälle Europas jedes Jahr unzählige Besucher in seinen Bann zieht. Doch bereits am Parkplatz hört man das gewaltige Rauschen in der Ferne und kann die Gischt in der Luft erkennen. Dann öffnet sich plötzlich der Blick auf einen mächtigen, 100 m tiefen Canyon mit senkrecht aufragenden Felswänden und dem Fluss Jökulsá á Fjöllum. Auf dem Weg zum Atlantik stürzen seine Wassermassen über mehrere Kaskaden brüllend durch die Schlucht. Der Dettifoss ist der größte dieser Wasserfälle und vermittelt einen Eindruck von der Urgewalt des Wassers.

Bis heute hält sich der Glaube, dass zwischen den skurrilen Felsen Elfen und Trolle leben.

Wie man die restlichen Tage bis zur Abfahrt der Fähre optimal nutzt, hängt nun von den jeweiligen Interessen, der Wetterlage sowie dem verfügbaren Zeitkontingent ab.

Variante 1: Man folgt vom Dettifoss aus in den nächsten 2–3 Tagen dem Arctic Coast Way (Straße 85) mit Aufenthalten am Ásbyrgi Canyon (Jökulsárgljúfur-Nationalpark), am Steinkreis The Arctic Henge in Raufarhöfn sowie dem Felsentor Raudanes am gleichnamigen Kap.

Variante 2: Man fährt auf der Ringstraße zunächst bis nach Egilsstaðir, um von hier aus entweder einen zweitägigen Ausflug zur Papageitaucher-Kolonie bei Borgarfjarðarhöfn oder in das Waldgebiet von Hallormsstaður mit dem bekannten Wasserfall Hengifoss zu unternehmen.

Natürlich lassen sich auch beide Optionen miteinander kombinieren. Wir haben uns diese Möglichkeiten bis zum Schluss unserer Reise offen gelassen, um rechtzeitig an der Fähre zu sein – irgendwann legt schließlich die »MS Norröna« nach Dänemark ab …

Am Ende einer unvergesslichen Wohnmobil-Rundreise blicken wir auf unzählige Eindrücke und Erlebnisse zurück. Wir verlassen eine Inselwelt, die uns in den letzten Wochen ans Herz gewachsen ist, die wir im Schneefall erreicht haben und nun im warmen Schein der Sommersonne zurücklassen. Inzwischen zaubern Lupinen leuchtende Farbtupfer in die Landschaft … Es gäbe noch viel zu entdecken, und so verabschieden wir uns ganz bewusst nicht mit einem lockeren »Tschüs«, sondern mit einem stillen »Auf Wiedersehen«.


Die Gischt des Dettifoss bildet einen Regenbogen, wenn die Sonne richtig steht.

Yes we camp! 4- Jahreszeiten-Camping in Skandinavien

Подняться наверх