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4. DIE GESCHICHTE DER LANDWIRTSCHAFT NEU SCHREIBEN
ОглавлениеAbgesehen von der Permakultur-Erfahrung in Bec-Hellouin und Olivier De Schutters Bericht gibt es zahlreiche Studien über die Produktivität der sogenannten „ökologischen Landwirtschaft“ und deren Fähigkeit, die Weltbevölkerung zu ernähren.
Wie der Agrarwissenschaftler und Forscher Jacques Caplat schreibt, sind „sämtliche internationalen Forschungen, die sich mit den realen Erträgen von realen Landwirtschaftsbetrieben auf vielen Millionen Hektar befassen (und nicht mit experimentellen Erträgen von reduktionistischen Agrarwissenschaftlern) allesamt zu dem gleichen unangefochtenen Ergebnis gekommen: In Ländern nicht gemäßigter Klimazonen – wozu Dreiviertel der Erdfläche gehören, auf denen nahezu die gesamte Menschheit angesiedelt ist – liegen die Erträge der ökologischen Landwirtschaft29 heute über denen des konventionellen Anbaus. Die einzigen Regionen weltweit, wo die Öko-Erträge niedriger sind als die der konventionellen Landwirtschaft, sind Kanada und Europa. Das erstaunt Sie? Bauern in Europa und Nordamerika verfügen nicht über die Saaten, die ihrer Umwelt entsprechen, das verhindert eine strenge Saatgutregulierung; sie haben nicht das erforderliche Wissen über Mischkulturen und Agroforstwirtschaft – in dem Bereich sind zwar aktuell ein paar Pioniere aktiv, aber es bleibt noch viel zu tun; sie können keine arbeitskraftintensiven Systeme entwickeln, weil das ganze Steuersystem darauf aufbaut, die menschliche Arbeitskraft gegenüber der Maschine zu benachteiligen, was eine erschreckende Wettbewerbsschieflage für Betriebe mit einem höheren Bedarf an Arbeitskräften schafft.“30
Selbst diese letzte Behauptung kann nur eingeschränkt Gültigkeit beanspruchen angesichts der Erträge von Bec-Hellouin, die mehr oder weniger den von Jacques Caplat als notwendig beschriebenen Voraussetzungen entsprechen.
Nunmehr wissen wir also, dass es sehr gut möglich ist, zehn Milliarden Menschen zu ernähren und dabei die Ökosysteme zu regenerieren, CO2 in Böden und Bäumen zu binden, Millionen Arbeitsplätze im Westen zu schaffen, sofern das Bild der Landwirtschaft verändert wird und die Gesetzgebung einen Richtungswechsel vornimmt, damit der Aufbau von agrarökologischen und mit Permakultur arbeitenden Landwirtschaftsbetrieben erleichtert wird. Und sofern wir erheblich weniger Fleisch konsumieren!
Aber wie uns Olivier De Schutter erläuterte, geben wir zurzeit dem Streben nach kurzfristigem Wirtschaftswachstum und dem prächtigen Gedeihen einiger weniger multinationaler Agrarlebensmittel- und Chemiekonzerne den Vorzug. Ihnen erlauben wir, riesige zentralisierte Systeme unserer Lebensmittelversorgung zu dominieren, obwohl der gesunde Menschenverstand und die Ethik von uns verlangen, in jeder Gegend autonome Biosysteme aufzubauen. Tatsächlich muss unser ganzes Gesellschaftsmodell hinterfragt und neu erfunden werden, damit wir dahin kommen. Und dieses neue Gesellschaftsmodell muss an allererster Stelle in der Lage sein, auf fossile Energien zu verzichten, ehe es zu spät ist.
10 Genetisch veränderte Organismen.
11 www.monsanto.com/global/fr/actualites/pages/les-ogm-nuisent-a-la-biodiversite.aspx.
12 World Health Organisation – Weltgesundheitsorganisation.
13 www.monsanto.com/global/fr/produits/pages/les-produits-deprotection-des-cultures.aspx
14 Das nationale Krebsinstitut in Frankreich äußerte sich so: „Die Rolle von Pestiziden ist für die Entwicklung von chronischen Pathologien (Krebs, neurologische Schädigungen, Störungen der Fruchtbarkeit) stark in Verdacht geraten, insbesondere beim berufsbedingten Kontakt, was in Frankreich ein bis zwei Millionen Menschen betrifft.“
15 Dachverband verschiedener Menschenrechtsorganisationen mit Sitz in Paris.
16 Weltweit sind es 2,8 Millionen Frauen und Männer laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) Merkblatt 311 zu Fettleibigkeit und Übergewicht.
17 www.greeningofdetroit.com/what-we-do/urban-farming/.
18 Die Zahl ist schwer zu definieren. Indem man die Einrichtungen der verschiedenen Organisationen addiert, kommt man in Wirklichkeit auf über 3.000 Höfe und Gemüsegärten.
19 Am 3. Juli 2015. Bei unserem Besuch im Vorjahr waren es erst 84!
20 Gewinn, Mensch, Erde.
21 Business, Alliance for Local Living Economies.
22 Bénédicte Manier, Un million de révolutions tranquilles, LLL, 2012, S. 118.
23 https://de.wikipedia.org/wiki/Rochdale_Society_of_Equitable_Pioneers. [Anm.d.Übers.]
24 Übersetzt ins Deutsche: Unfassbar essbar.
25 Angaben zu Besichtigungszeiten, Veranstaltungen und Ausbildungen auf www.fermedubec.com.
26http://www.transition-initiativen.de/.
27 Institut national de la recherche agronomique, dt. Nationales Institut für Agronomieforschung.
28 Das Institut des Sciences et Industries du Vivant et de l‘Environnement ist ein französisches Institut für Bildung und wissenschaftliche Forschung [Quelle: Wikipedia][Anm.d.Übers.].
29 Dieser Begriff schließt Methoden wie die Agrarökologie und die Permakultur ein.
30 http://www.changeonsdagriculture.fr/la-bio-peut-elle-vraiment-nourrir-le-monde-a113788336. Siehe auch: Jacques Caplat L’agriculture biologique pour nourrir l’humanité, Actes Sud, 2012.