Читать книгу Todesfalle Campus - Dagmar Isabell Schmidbauer - Страница 16
ОглавлениеDie Universität war zu seinem zweiten Zuhause geworden. Praktisch täglich kam er hier vorbei, kannte jeden Stein und jeden Weg, doch an diesem Tag sah alles ganz anders aus. Der Aufgang zur Mensa war mit rot-weißem Band weiträumig abgesperrt, und tatsächlich umgingen alle diese Stelle, nahmen entweder den Weg durch das WiWi-Gebäude, wo die Wirtschaftler zuhause waren, oder gleich den Inn-Lernpfad, der zu jeder Fakultät einen eigenen Aufgang hatte. Niemand wollte zu nah an das herankommen, was vorletzte Nacht hier geschehen war, obwohl es natürlich das Gesprächsthema Nummer Eins darstellte. Neben den fröhlichen Studenten und den häufig ein wenig linkisch oder arrogant wirkenden, oder auf ewige Jugend machenden Professoren, waren heute auch Streifenpolizisten unterwegs. Sie hatten Fotos dabei, die sie den Vorübereilenden zeigten und dann ihre Fragen stellten.
Schon seit einer Stunde beobachtete er dieses Treiben und hatte es bisher immer rechtzeitig geschafft, die Richtung zu wechseln, als auf einmal einer der Polizisten, groß und breit wie ein Kleiderschrank, vor ihm stand und ihm ein Foto unter die Nase hielt.
„Ist Ihnen diese Frau bekannt?“
„Nein!“, beteuerte er mit fester Stimme. „Die habe ich noch nie gesehen. Ich bin aber auch nur zufällig hier.“
Wo er am Montagabend gewesen sei und was er gemacht habe, fragte der Dicke weiter.
„Ich hab ferngesehen und bin dann ins Bett. Ich muss morgens früh raus“, gab er so ruhig wie möglich zur Antwort und wollte schon weiter, als ihm der Polizist noch eine Karte mit einer Telefonnummer in die Hand drückte.
„Gut, dann danke. Aber wenn Ihnen noch was einfällt, rufen Sie an, auch die kleinste Einzelheit kann wichtig sein.“
Die Karte entsorgte er im nächsten Mülleimer, wie die meisten anderen der Befragten auch. Irgendwie war das schon seltsam, dass sie ausgerechnet von ihm wissen wollten, mit wem die tote Studentin verabredet gewesen war und ob er sie vielleicht gemeinsam mit einem Mann gesehen hatte. Hatte er nicht – und das war noch nicht einmal gelogen.