Читать книгу Todesfalle Campus - Dagmar Isabell Schmidbauer - Страница 5

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Wohlig räkelte sich Franziska im warmen Badewasser. Ihr Kopf ruhte auf einem Handtuch, die in Pink lackierten Zehen spielten mit dem Badeschaum. Seit Walter aus Palermo zurück war, achtete sie wieder mehr auf ihr Äußeres.

Ein halbes Jahr hatte er sich dort als Gastarbeiter an einem Theater weitergebildet – und damit war ein großer Traum von ihm in Erfüllung gegangen. Natürlich hatte sich Franziska für ihn gefreut und war auch gleich zwei Mal zu ihm ans Meer gereist, um mit ihm gemeinsam in einem kleinen Haus die schönste Zeit ihres Lebens zu verbringen, wie sie, allein wieder zuhause angekommen, seufzend feststellen musste. Während ihres gemeinsamen Urlaubs war einfach alles perfekt. Da stand kein Wölkchen an ihrem persönlichen Himmel, die Zeit flog dahin und nichts konnte ihr Glück trüben. Doch als der Tag der Abreise kam, schlichen sie sich wie aus dem Nichts heran, die trüben Gedanken, die sie mit Wucht von ihrer rosa Wolke katapultierten, hinab in einen Strudel aus Eifersucht und Zweifel. Sie bezeichnete das stets als ihr Temperament, während Walter sie lachend eine kleine Spießerin nannte. Doch egal welchen Namen sie ihnen gab: Diese Gedanken taten weh und machten Franziska verletzlich – ein Umstand, den sie so gar nicht leiden konnte.

Doch jetzt war alles so, wie Franziska es sich wünschte. Walter war zurückgekommen, lebte in der kleinen Wohnung über der Theaterwerkstatt in Maierhof und arbeitete wieder am Passauer Stadttheater. Mit dieser Situation konnte sie umgehen. Und wenn sie beide Zeit hatten, dann waren sie zusammen. Wenn Walter sich dann etwas Besonderes für sie ausdachte, wurde ihr schon beim Gedanken daran ganz heiß und ein wunderbares Kribbeln breitete sich in ihrem Schoß aus.

Ein Grinsen huschte über Franziskas Gesicht und setzte sich in ihren Mundwinkeln fest. Walter hatte sie ins Bad geschickt. Sie solle sich vom Dienst entspannen, abschalten, runterkommen. Als ob das jetzt noch ginge. Denn Walter war in ihrer Wohnung und bereitete etwas für sie vor. Das konnte eine Kleinigkeit sein wie ein köstliches Essen oder aber etwas ganz Ausgefallenes wie das Bemalen ihres nackten Körpers in der Künstlerwerkstatt. Er hatte sie schon an die ausgefallensten Orte entführt oder zu Tristans Isolde gemacht. Bei Walter war alles möglich, nur langweilig wurde es nie.

Vorsichtshalber hatte Franziska ihre langen Haare aufgesteckt, damit sie sie nachher nicht erst noch umständlich föhnen musste. Nachher war schon ganz bald, nämlich dann, wenn Walter mit seinen Vorbereitungen fertig war und sie holen kam.

Mit den Zehen bediente sie den Wasserhahn und ließ noch ein wenig heißes Wasser nachlaufen. Nie musste sie ihm sagen, was sie gerne hätte und was lieber nicht. Walter hatte ihre Bedürfnisse von Anfang an erkannt und wusste sehr genau, wie er sie nehmen und was er ihr geben musste. Und letztlich war die Ungewissheit über das was kommen würde der Grund, warum sie das Warten kaum noch ertragen konnte.

Walter, der leidenschaftliche Frauenversteher, wusste immer, was sie gerade brauchte. Holte sie mit seinen verrückten Ideen aus ihrem Alltagstrott und schenkte ihr damit den wunderbarsten Sex, den man sich vorstellen konnte. Als Oberkommissarin bei der Passauer Mordkommission hatte sie nur zu gern das Heft in der Hand. Und viele Jahre lang hatte sie gedacht, so müsse es auch sein, wenn sie mit einem Mann intim war. Bis sie den Bühnenkünstler Walter Froschhammer kennenlernte. Gleich zu Beginn, als eine Beziehung noch gar nicht infrage kam, übernahm er die Regie und reizte sie mit seinen Anspielungen und Nachrichten bis aufs Blut, das nur zu leicht in Wallung geriet, sobald sie ihm begegnete. Doch das war eine gefühlte Ewigkeit her.

Inzwischen kannten sie sich sehr gut, und so hatte sich vieles zwischen ihnen verändert. Nur eine Sache wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf: Als die Schauspieler während der Mordermittlungen im Passauer Stadttheater den Bühnenkünstler charakterisieren sollten, hatten sie berichtet, dass dieser Frauen gern in einem Akt festhielt. Und um ihre wahre Schönheit zu zeigen, führte er sie vorher zum Höhepunkt. Ob das so stimmte, wusste nur er. Denn egal wie raffiniert Franziska ihn auszuhorchen versuchte, Walter schwieg beharrlich.

Seufzend suchte sie nach einem unverfänglicheren Thema für ihre Gedanken. Schon huschte das nächste Lächeln über ihr Gesicht. Trotz der oft ausschweifenden Pizzaorgien mit ihrem Kollegen Hannes hatte sie eine Figur, um die sie manche Frau beneiden würde, na ja bis auf … Ach Quatsch! Sie war eine heiße Frau, wie Walter ihr immer versicherte, und seit seine Hände ihre Haut regelmäßig zum Lodern brachten, fühlte sie sich einfach großartig.

Ihr Blick glitt zum Türhaken, an dem auf einem Bügel ein schwarzes Nichts aus Spitze und Bändern hing. Walter hatte es aus Italien mitgebracht und ihr für den heutigen Abend als Dresscode überreicht. Mehr brauchst du nicht, hatte er gesagt, sie ganz zärtlich geküsst und ihr dann eine Wanne voll duftendem Schaumbad eingelassen.

Franziska lauschte in die Stille der Wohnung und fragte sich, ob er mit seinen Vorbereitungen wohl schon fertig war? Sofort erfasste ein lustvolles Beben ihren Körper und trieb sie aus dem Wasser. Auf dem kleinen Hocker gleich neben der Wanne lag ein dickes, flauschiges Handtuch, in das sie sich einhüllte. Ihre Haut kribbelte voller Vorfreude, voller Ungewissheit. Vorsichtig trocknete sie sich ab und cremte ihre Haut mit einer duftenden Lotion ein. Dann stieg sie in das Nichts, was angesichts der vielen Bänder gar nicht so einfach war. Sie löste ihre langen Haare, bürstete sie durch und betrachtete sich zufrieden im Spiegel.

Als sie die Tür zum Flur öffnete, stand Walter vor ihr und lächelte sie vielsagend an. Sein wunderbarer Körper steckte in nichts weiter als Boxershorts, die ganz lässig auf seinen Hüften saßen. Sie liebte dieses Lächeln und wusste, was es zu bedeuten hatte, doch bevor sie etwas sagen oder tun konnte, drehte er sie um und legte ihr wortlos ein schwarzes Tuch über die Augen, das er vorsichtig an ihrem Hinterkopf zuknotete.

„Hast du Lust darauf, etwas Neues auszuprobieren?“, fragte er mit sanfter Stimme, woraufhin ein wohliger Schauer ihren ganzen Körper überzog.

Zärtlich küsste sie der Mann ihrer Träume auf die linke Schulter, den Hals hinauf und schließlich ihre Lippen, bevor er sie hochhob und kreuz und quer durch die Wohnung trug, bis sie nicht mehr wusste, in welchem Raum sie sich befand. Weil sie nichts sehen konnte, registrierte sie jedes Geräusch, jeden Lufthauch, jede seiner Bewegungen umso intensiver, was ihre Lust immer weiter steigerte. Als er sie auf ihr Bett im Schlafzimmer gleiten ließ, brannte das Verlangen in ihrem Schoß bereits lichterloh.

Wie jedes Mal, wenn sie sich derart in seine Hände begab, war es eine Wahnsinnserfahrung aller Sinne. Nichts sehen zu können bedeutete, dass sie auf jeden noch so kleinen Reiz reagierte. Jedes Geräusch schwoll in ihren Ohren an, jede Berührung brachte ihre Haut zum Lodern, bis sie am ganzen Körper zitterte und bebte, doch am schlimmsten, am allerschlimmsten waren die Pausen. Dann, wenn er gar nichts tat, wenn sie nicht wusste, ob und wie er sie ansah und was er als nächstes tun würde.

Von diesen süßen Gedanken erfüllt, ließ sie es zu, dass er ihr erst den einen und dann den anderen Arm über den Kopf führte, sie küsste und streichelte … und erst als sie das kalte Metall an ihren Handgelenken spürte und gleich darauf das feine Klicken hörte, wusste sie Bescheid.

Dagegen musste sie natürlich protestieren, das ging nun doch zu weit. Aber weil er sie in diesem Moment so intensiv küsste und seine Hände dabei so zärtlich über ihre von schwarzer Spitze umrahmten Brüste streichelten, blieb es bei einem langen wohligen Stöhnen.

„Ganz ruhig, Frau Kommissarin, in den nächsten Stunden gehörst du ganz allein mir, und ich werde alles tun, damit du sie nie mehr vergisst“, flüsterte er und biss sie vorsichtig in ihr linkes Ohrläppchen.

„Wie soll ich ruhig sein“, stöhnte sie erneut, „wenn du mich derart … oh, ja! Mach weiter, nicht aufhören!“

Doch Walter tat nichts von dem, was sie sich so sehr wünschte, egal wie sie sich wand und seinen Händen entgegenreckte. Immer wenn sie ihn mit einem „Ja, oh ja!“, dazu bringen wollte, dass er weiter machen sollte, ließ er von ihr ab, um sie gleich darauf an einer anderen Stelle ihres sich immer weiter erhitzenden Körpers zu berühren. Alles, alles hätte er in diesem Moment von ihr haben können, wenn er sie nur endlich von ihren Qualen erlösen und ihren Körper zum Explodieren bringen würde. Wenn er nur endlich …

Und dann explodierte sie wirklich. Schnell, viel zu schnell. Wenn auch nicht vor Lust und Sinnlichkeit. Im ersten Moment hatte sie noch gedacht, er hätte vielleicht das Radio angeschaltet, damit die Nachbarn ihre Lustschreie nicht hören würden, doch das was sie hörte, war nicht das Radio, es war ihr Handy. Und die Stimme, die jetzt direkt in ihr Ohr sprach, gehörte niemand anderem als Hannes, ihrem Kollegen, der gerade fragte: „Franziska, hörst du mich?“

„Ja!“, antwortete sie gepresst und versuchte mühsam, ihren Atem und die ganze Situation unter Kontrolle zu bringen.

„Stör ich?“, fragte Hannes unnötigerweise, denn spätestens seit er sein Schätzchen Sabrina hatte, war es sinnlos ihm vorzumachen, dass sie vielleicht gerade beim Sport war.

„Nein.“ Franziska versuchte irgendwie eine vernünftigere Lage einzunehmen. Bestimmt würde sie dann seriöser klingen. Doch ihre vergeblichen Versuche lösten nur ein Klirren der Handschellen aus. Hannes würde dieses Geräusch todsicher erkennen und seine Schlüsse ziehen.

„Kein Problem, was gibt es denn?“ Wenn sie das Handy nur selbst in die Hand nehmen könnte … aber Walter reagierte ja nicht. Während sie auf Hannes’ Antwort wartete, zappelte sie mit den Füßen, in der Hoffnung, Walter würde ihr wenigstens die Augenbinde abnehmen.

„Auf dem Gelände der Universität wurde eine tote Frau gefunden. Kannst du dich losmachen und vorbeikommen? Obermüller sagt gerade dem Chef Bescheid.“

Für einen Moment setzte Franziskas Herz aus, dann bewegte sie den Kopf ruckartig in die Richtung, aus der Hannes’ Stimme kam, bis sie tatsächlich mit dem Ohr an ihr Handy stieß. „Ja, ich komme. Bis gleich.“ Mit einem einzigen Stöhnen sackten Lust, Sinnlichkeit, Verlangen und die Aussicht auf ein grandioses Ende in sich zusammen.

„Mach mich los! Bitte. Ich muss weg“, erklärte sie resigniert. Sie ging davon aus, dass alles gesagt war und Walter das Gespräch beendet und ihr Handy zur Seite gelegt hatte.

„Franziska?“, hörte sie da erneut Hannes fragen. „Willst du gar nicht wissen, wo du hin musst?“


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