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a) Polizei- und ordnungsrechtliche Standardermächtigungen für polizei- und ordnungsrechtliche Standardmaßnahmen
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Wenn und soweit eine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlage nicht einschlägig ist, untersuchen Sie im zweiten Schritt, ob eine sog. polizei- bzw. ordnungsrechtliche Standardermächtigung eingreift. Polizei- und ordnungsrechtliche Standardermächtigungen stellen spezielle Ermächtigungsgrundlagen dar, die in ihrem Anwendungsbereich vorrangig vor der polizei- und ordnungsrechtlichen Generalklausel anwendbar sind.[28] Die allgemeine Vorrangregel wird in § 8 Abs. 1 PolG NRW ausdrücklich hervorgehoben (vgl. Wortlaut: „…, soweit nicht die §§ 9 bis 46 die Befugnisse der Polizei besonders regeln.“).
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Werfen Sie einen Blick in §§ 9–46 PolG NRW!
Die Standardermächtigungen für die Polizei sind in den §§ 9–46 PolG NRW geregelt. Diese Standardermächtigungen wurden für die Ordnungsverwaltung über die abschließende Regelung des § 24 OBG vielfach übernommen.
Hinweis
Standardermächtigungen sind nur im Bereich der Gefahrenabwehr relevant und im PolG NRW (ggf. i.V.m. § 24 OBG) näher geregelt. Für die Polizei ist dies deshalb wichtig zu erwähnen, weil etliche Standardmaßnahmen (z.B. Identitätsfeststellung, Durchsuchung von Personen oder Sachen etc.) ihr Pendant bei der strafverfolgenden (repressiven) polizeilichen Tätigkeit haben, wo die gefahrenabwehrrechtlichen Standardermächtigungen jedoch keine Anwendung finden.[29]
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Die Standardermächtigungen bilden die gesetzliche Grundlage für die Vornahme von sog. Standardmaßnahmen. Polizei- und ordnungsrechtliche Standardmaßnahmen stellen typische, immer wiederkehrende grundrechtsrelevante Gefahrenabwehrmaßnahmen dar, die für immer wiederkehrende Situationen bei der Gefahrenabwehr normiert wurden mit dem Ziel, solchen Situationen durch standarisierte Maßnahmen, die den Vorgaben des betroffenen Grundrechts angepasst sind, begegnen zu können.[30] Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist die Gefahrenabwehr bei dieser Vorgehensweise effektiver als bei einem Rückgriff auf die polizei- und ordnungsrechtliche Generalklausel.
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Maßnahmen, die die Polizei- und die Ordnungsverwaltung auf der Grundlage von Standardermächtigungen durchführen, bedeuten häufig einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte des Adressaten der Gefahrenabwehrverfügung. So greift z.B. das Betreten einer Wohnung und deren Durchsuchung auf der Grundlage des § 41 PolG NRW in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG, die Datenerhebung und Datenverarbeitung auf der Grundlage der §§ 9 ff. PolG NRW u.a. in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, eine Durchsuchung von Personen auf der Grundlage des § 39 PolG NRW in deren Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, ein Gewahrsam auf der Grundlage des § 35 PolG NRW in das Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG, eine Platzverweisung auf der Grundlage des § 34 PolG NRW in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie eine Sicherstellung, Verwahrung, Verwertung und Vernichtung von Sachen auf der Grundlagen der §§ 43 ff. PolG NRW in das Grundrecht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG ein. Mit Rücksicht auf den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz bedurfte es auch deshalb besonderer Ermächtigungsgrundlagen für die Standardmaßnahmen, die sowohl die Voraussetzungen für als auch die Rechtsfolgen der Standardmaßnahmen exakt festlegen.
JURIQ-Klausurtipp
Wenn Sie sich die Vorschriften über die Standardmaßnahmen durchlesen, werden Sie feststellen, dass im Detail festgelegt wird, unter welchen Voraussetzungen eine Standardmaßnahme vorgenommen werden kann. Der abschließende Charakter der Standardermächtigung bedeutet für Sie in der Fallbearbeitung, dass eine in einer Standardermächtigung vorgesehene Rechtsfolge zwingend unterbleiben muss, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Standardermächtigung nicht vorliegen, auch wenn die Maßnahme zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich sein mag. Ein Rückgriff auf die Generalklausel ist ausgeschlossen, weil die Generalklausel insoweit zu unbestimmt ist.[31]