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Kapitel 8

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Als Ruben erwachte, fühlte er seine Arme kaum noch. Dafür schmerzten aber seine Handgelenke umso mehr. Er stöhnte leise in sich hinein. Sie hatte seine Fesseln also noch immer nicht abgenommen. Er musste unwillkürlich grinsen, wenn er an sie dachte und das geschah seit gestern nicht gerade selten. Er hatte die halbe Nacht wach gelegen und gegrübelt. Sie hatte ihn gebeten, ihr zu erzählen, was damals mit ihm geschehen war. Zuerst hatte er sich vehement allein schon gegen den Gedanken gewehrt, es jemanden überhaupt jemals zu erzählen, aber dann war er zu dem Schluss gekommen, dass er es wenn, dann nur ihr erzählen würde. Schließlich hatte sie ihm ja durch ihre selbstlose Tat sozusagen das Leben gerettet. Immer, wenn er an sie gedacht hatte, war ihr Bild vor seinen Augen erschienen. Selbst als er endlich in den Schlaf gefunden hatte, hatte ihr Antlitz alles andere verdrängt. Diese Nacht war die erste in den letzten zwei Jahren, in der Roxane nicht seine Träume beherrscht hatte und es war eine Wohltat gewesen, nicht erneut gequält und gedemütigt zu erwachen.

Die Sonne stand bereits hoch am Himmel und tauchte den Raum, in dem er sich befand in gleißendes Tageslicht. Weiße, fast durchsichtige Stoffbahnen flatterten, durch die leichte Meeresbrise, in das Zimmer. Draußen kreischten die Möwen und er konnte die salzige Meeresluft riechen. Er atmete tief durch. Saphira! Wann würde sie wieder bei ihm auftauchen. So als hätte er sie allein schon durch seine Gedanken herbeigerufen, betrat sie den Raum. Wieder mit einem Tablett bewaffnet und wieder stellte sie es auf sein Bett.

»Ihr seid wach, das ist gut!«, bemerkte sie nebenbei. »Ich habe Euch etwas zu Essen gebracht.«, sie lächelte ihn an und er musste unwillkürlich zurücklächeln.

»Wird das jetzt zu Eurer Angewohnheit, mich zu füttern?«, wieder lächelte sie.

»Ich kann Euch doch nicht verhungern lassen.«

»Saphira, es stimmt doch, Euer Name lautet Saphira?« Sie nickte. »Es ist ja nicht so, dass Euer Bett unbequem ist, aber dennoch würde ich es gerne kurz verlassen.« Sie sah ihn fragend an. »Ich muss mich erleichtern. Ihr wisst doch, was das bedeutet?« Wieder nickte sie. »Ihr könnt mich danach auch ruhig wieder festbinden, wenn Ihr denn wollt, aber ich wäre Euch wirklich sehr dankbar, wenn Ihr mich kurz ...«

»Daran habe ich gar nicht gedacht", gab sie zögernd zu. »Also gut, aber ich werde Euch begleiten.« Sie beugte sich über ihn, um die Knoten der Fesseln zu lösen, dabei kam sie ihm so nahe, dass er sie förmlich riechen konnte. Sie duftete nach Wind und Meer, so als wäre sie gerade aus dem Wasser gekommen. Er atmete ihren Duft tief ein und schloss seine Augen. Viel zu kurz war sie ihm so nahe. Er spürte, wie sein erster Arm auf das weiche Kissen fiel, dann sein Zweiter. Zu gerne hätte er sie mit seinen nun endlich wieder freien Armen umschlungen, aber das wollte er nicht riskieren, um sie nicht zu verschrecken. »Seid Ihr so weit?«, flüsterte sie ihm zu. »Ich bin fertig.« Ruben öffnete seine Augen. Sie stand jetzt wartend vor seinem Bett. Er bewegte langsam seine Arme und rieb sich die zerschnittenen Handgelenke. Dann richtete er sich auf. Vorsichtig schob er seine Beine aus dem Bett. Doch als er sich darauf stellen wollte, wurde ihm schwindelig. Seine Beine gaben unter ihm nach und er sackte in sich zusammen. Saphira packte ihn sofort bei den Schultern und bremste dadurch seinen Fall. »Ich hätte Euch sagen sollen, dass Ihr nicht so schnell aufstehen dürft. Immerhin habt ihr drei Wochen gelegen. Geht es wieder?« Ruben nickte. »Ich werde Euch stützen. Versucht es mit langsamen Schritten.« Für eine so kleine Person, sie reichte ihm gerade einmal bis zur Brust, war sie erstaunlich kräftig. Er stütze sich schwerfällig auf ihrer Schulter ab, doch sein Gewicht schien ihr überhaupt nichts auszumachen.

»Bin ich Euch nicht zu schwer?«, wollte er deshalb von ihr wissen.

»Ich glaube, das werden wir sehen, wenn ich Euch fallen lasse.« Sie grinste. Auch Ruben musste grinsen.

»Seid Ihr schon lange auf dieser Insel?«

»Ihr wollt also mehr über mich erfahren?« Ihre großen blauen Augen suchten die seinen. Er hatte sich bisher noch keine Gedanken darüber gemacht. Aber es stimmte, er wollte mehr über sie wissen. Er nickte. »Dann mache ich Euch einen Vorschlag. Ich beantworte Euch Eure Fragen und Ihr mir die meinen. Seid Ihr damit einverstanden?« Wieder nickte er. »Mein Vater brachte mich auf diese Insel, da war ich fünf. Vorher haben wir die Weltmeere umsegelt.«

»Ihr wart die ersten fünf Jahre Eures Lebens auf einem Schiff? Wart ihr da nicht einsam, so als einziges Kind?«

»Eigentlich nicht. Es gab viel zu entdecken und die Matrosen haben oft und gerne mit mir gespielt.«

»Das kann ich mir denken! Und Eure Mutter?«

»Ich habe meine Mutter nie kennengelernt! Ich glaube, sie starb bei meiner Geburt.«

»Das tut mir leid. War es nicht schwierig für Euch, so ganz ohne Mutter?«

»Mein Vater hat versucht, sie zu ersetzen. Aber so einfach ist das nicht. Viel schlimmer war es, dass er kaum über sie redet. Ich weiß nicht viel über sie.« Sie schwieg. Nach einer Weile sagte sie. »Jetzt bin ich aber an der Reihe. Woher kommt ihr?«

»Ich komme aus Baranagua, einem Land weit im Süden.«

»Seid ihr ein Kaufmann, den es in diese Gegend hier verschlagen hat?« Ruben schüttelte seinen Kopf.

»Ich bin der Neffe des Königs. Wir waren über zwei Jahre unterwegs, als der Sturm ausbrach.«

»Warum wart Ihr unterwegs? Wäre es für Euch nicht angemessener gewesen, in Eurem Land zu bleiben, schließlich gehört Ihr ja zur königlichen Familie.«

»So einfach ist das nicht. Vor zwei Jahren sind Dinge geschehen, die mich förmlich dazu trieben, das Land zu verlassen.«

»Habt Ihr etwas angestellt?«

»Nicht im eigentlichen Sinne. Es war nur ...«, er zögerte. »Ich konnte es nicht länger ertragen, dort zu sein.«

»Hatte es etwas mit der Hexe zu tun?«, er nickte. Plötzlich hielt sie an und deutete auf eine Tür. »Da ist es. Denkt Ihr, Ihr schafft es alleine, oder soll ich Euch begleiten?« Ruben lief knallrot an.

»Ich glaube, ich versuche es erst einmal alleine. Wenn ich Eure Hilfe benötigen sollte, dann rufe ich Euch.« Jetzt nickte sie. Sie schob ihn sanft zur Tür und Ruben öffnete sie. Im Gegensatz zu den Aborten, die er schon kennengelernt hatte, war dieser hier geradezu ein Palast. Der Raum war geräumig und besaß sogar ein Fenster. Auf einer Seite direkt an der Wand, stand eine riesige, metallene Badewanne. Ihr gegenüber befand sich eine Kommode mit einer Waschschüssel und einem Krug. Über ihr hing ein großer Spiegel. Er stützte sich auf der Truhe ab und betrachtete sein Spiegelbild. Was er sah, erschreckte ihn zutiefst, denn er erkannte sich kaum selbst. Seine Augen lagen tief in den Höhlen, umrandet von dunklen Schatten. Seine Wangen wirkten eingefallen und ihm war ein recht ordentlicher Bart gewachsen. Das Einzige, was ihn noch irgendwie an sich selbst erinnerte war die Farbe seiner Augen. Er wendete seinen Blick von dem Spiegel und seufzte. Warum hatte sie ihm nicht gesagt, dass er wie eine Vogelscheuche aussah? Weil du sie nicht danach gefragt hast!, beantwortete er sich selbst seine Frage. Als er fertig war, verließ er den Raum. Sie wartete auf dem Flur auf ihn.

»Soll ich Euch wieder stützen?«, wollte sie von ihm wissen.

»Ich glaube, ich versuche es erst einmal alleine. Aber bleibt in meiner Nähe.« Sie schwiegen. Langsam wurden seine Schritte sicherer, obwohl ihm noch immer schwindelig war und er sich kaum auf den Beinen halten konnte. Als sie sein Zimmer erreichten, ergriff er erneut das Wort. »Ich habe eine Bitte!«

»Und die wäre?«

»Könntet Ihr mir vielleicht etwas Seife und ein Messer bringen? Ich würde mich gerne rasieren und waschen.«

»Warum habt ihr das nicht gleich gesagt? Lasst uns umkehren! Ihr könnt in dem Raum warten, aus dem Ihr gerade gekommen seid. Ich lasse Euch ein Bad herrichten. Schafft ihr es alleine bis dort?« Ruben nickte. »Gut, dann werde ich alles nötige veranlassen.«

Nachdem er sich gebadet und rasiert hatte, fühlte er sich schon wesentlich besser. Auch sein Spiegelbild sah ihm schon bedeutend ähnlicher. Einzig und allein die dunklen Ränder um seine Augen und seine eingefallenen Wangen, ließen noch erkennen, was er in der vergangenen Zeit alles durchgemacht hatte. Sie wartete wieder vor der Tür auf ihn. Ruben lächelte sie an. »Danke!« Sie nickte. »Wie kommt es, dass ich Euch immer alleine antreffe?«, fragte er, als sie den Gang zu seinem Zimmer hinab liefen.

»Mein Vater hat viel zu tun und unser Personal lässt mich zufrieden.«

»Das ist ungewöhnlich. Habt Ihr niemanden sonst, mit dem Ihr reden könnt?« Sie schüttelte ihren Kopf. »Jetzt habe ich ja Euch!«, erwiderte sie mit einem Grinsen. »Ihr solltet Euch noch etwas hinlegen.«

»Damit ihr mich wieder an Euer Bett fesseln könnt?« Ruben sah sie an. Zunächst wirkte sie wie erstarrt, dann aber brach sie in schallendes Gelächter aus. »Das war ein wenig töricht, muss ich zugeben. Aber ich wusste mir wirklich keinen anderen Rat.«

Eine weitere Woche verging. Ruben schlief viel. Da ihn keine Albträume mehr quälten, war sein Schlaf so erholsam, wie schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr. Er wurde jeden Tag kräftiger, Dank ihrer Anwesenheit und der Unmengen von Nahrung, die sie ihm täglich brachte. Jedes Mal wenn er aus seinem tiefen, traumlosen Schlaf erwachte, war sie schon da. Sie redeten viel. Sie wollte alles über seine Familie wissen und zeigte Interesse an seinem Heimatland, seinen Reisen, überhaupt an seinem Leben. Er hatte ihr bereitwillig Auskunft gegeben. Im Gegenzug hatte sie ihm genauso viel über sich selbst erzählt. Sie war schon ein viertel Jahrhundert alt. Ungewöhnlich, dass sie in diesem Alter noch nicht verheiratet war und Kinder hatte. Ihre Mutter hatte sie nicht gekannt und sie wusste auch nicht viel von ihr. Ihr Vater hatte sie all die Jahre förmlich von der Welt abgeschottet. Wie einsam musste sie gewesen sein? Doch sie hatte ihm versichert, ihr Vater hätte es nur zu ihrem Schutz getan. Doch wovor wollte er sie beschützen? War er einer dieser Männer, die es nicht ertrugen, wenn ihre Töchter erwachsen wurden? Konnte auch er die Vorstellung nicht ertragen, seine einzige Tochter an einen anderen Mann zu verlieren? Ruben war sich da nicht so sicher. Er hatte ihren Vater noch nicht kennengelernt und so konnte er sich auch keine vernünftige Meinung über ihn bilden. Dennoch, Saphira tat ihm leid. Ein ganzes Leben auf einer einsamen, abgelegenen, kleinen Insel ohne gleichaltrige Freunde musste die Hölle für sie gewesen sein. Nur, dass sie es selbst nicht wusste, weil sie es nicht anders kannte.

Das Thema Hexe hatten sie die ganze Woche außer Acht gelassen. Dass sie ihn aber irgendwann wieder danach fragen würde, war sicher. Er war immer noch hin und her gerissen, wie er reagieren sollte, wenn sie ihn darauf ansprach, aber sein Entschluss stand im Grunde genommen fest. Sie würde erfahren, was damals mit ihm geschehen war. Sie hatte ein Recht darauf.

Saphira kam in den Raum.

»Fühlt Ihr Euch stark genug für einen kleinen Spaziergang?« Er nickte. Sie führte ihn durch einige Gänge hinaus ins Freie. Die Sonne stand hoch am Himmel und brannte auf seiner Haut. Der Strand reflektierte ihre Strahlen gleißend hell und der Sand war so warm, dass er kaum darauf gehen konnte. Der spiegelglatte Ozean, der sich bis hinter den Horizont erstreckte, lag direkt vor ihnen. Vereinzelte seichte Wellen schlugen an den Strand und zogen eine feuchte Spur in den Sand. Es war ein Bild des Friedens und es hatte eine ungemein beruhigende Wirkung auf ihn. Er sah sich um. Das Haus, in dem er Wochen verbracht hatte, glich eher einem Palast, als einem normalen Haus. Seine weiße Silhouette hob sich deutlich von dem dichten Grün des ihn umgebenden Palmenwaldes ab. Papageien kreischten von den Wipfeln der Palmen und Möwen schrien, während sie gemächlich über ihren Köpfen kreisten. Im Wasser konnte er einige Delfine sehen, die hin und wieder aus dem Meer sprangen und leise schnatternde Geräusche abgaben. Die ganze Umgebung war ein Paradies. Es war einfach unglaublich schön, genau wie seine Königin, die hier direkt neben ihm stand. »Ich dachte, Ihr würdet vielleicht gerne etwas von der Insel sehen. Ihr wart viel zu lange im Haus und die frische Luft wird Euch gut tun.«

»Ihr habt mir nicht gesagt, dass ich im Paradies gelandet bin. Hätte ich es gewusst, ich wäre schon viel früher mit Euch vor die Tür gegangen.«

»Dafür wart Ihr noch viel zu schwach. Aber jetzt kommt, ich möchte Euch etwas zeigen.« Er folgte ihr schweigend, während sie nun tiefer in das Dickicht des Waldes eindrangen. Die Vegetation war üppig. Überall wuchsen die verschiedensten Orchideen in den unterschiedlichsten Farben. Affen kreischten aus den immer dichter werdenden Baumwipfeln und unzählige kleine Echsen huschten an ihren Füßen vorbei. Ruben konnte nicht um hin, sie ein wenig zu beneiden. Sie erreichten eine Lichtung und dort verschlug es ihm förmlich die Sprache. Vor seinen Augen erhob sich eine riesige, zerklüftete grünbewachsene Wand, von der ein Wasserfall hinunterfiel. Sein Wasser staute sich in einem glasklaren kleinen See, der nur zum Baden einlud. Es war einfach überwältigend. »Das hier ist mein Lieblingsplatz. Wie findet Ihr ihn? Wollt Ihr baden?«

»Wenn es Euch nicht stört?«

»Ich hätte Euch nicht hierher geführt, wenn es mich stören würde. Stört es Euch, wenn ich Euch begleite?« Noch bevor er ihr antworten konnte, hatte sie auch schon ihr Gewand abgestreift und war ins eiskalte Wasser gesprungen. Nach wenigen Augenblicken, die ihm wie eine Ewigkeit erschienen, tauchte sie wieder auf. Sie stand nur noch bis zu den Hüften im Wasser. Einzelne Wassertropfen schimmerten wie Perlen auf ihrer nackten, sonnengebräunten, makellosen Haut. Ruben hielt den Atem an. Besaß sie denn gar keine Scham? Bei ihm zu Hause zeigten nur Kurtisanen ihren Körper auf diese Weise. Sie war aber keine Kurtisane. Sie war einfach nur zu ahnungslos, um sich etwas dabei zu denken. Wusste sie denn nicht, was sie ihm gerade antat? »Was ist?«, fragte sie ihn unbedarft. »Wollt ihr nicht auch ins Wasser kommen?« Ruben zögerte. Dann aber entledigte er sich ebenfalls seiner Kleidung und sprang zu ihr in das Becken.

»Bei mir zu Hause, gibt es auch einen See«, erzählte er ihr, als er auftauchte. »Als Kind war ich oft dort mit meinen Brüdern.«

»Gab es dort auch einen Wasserfall?« Ruben schüttelte seinen Kopf.

»Nein, aber Schilf und Schwäne. In seiner Mitte liegt eine Insel, zu der wir immer geschwommen sind. Aber ...«

»Was aber?«

»Ich war lange nicht dort! Mein einer Bruder starb am See und ...«

»Ich weiß, auch Euer anderer Bruder starb.«

»Ich war Jahre nicht auf unserem Gut. Und bei meinem letzten Besuch hatte ich weder die Lust noch die Zeit schwimmen zu gehen. Außerdem war es noch viel zu kalt.« Sie nickte. Sie ließ sich erneut tief in das Wasser gleiten und schwamm in Richtung Wasserfall. Er folgte ihr. Sie kletterte aus dem Wasser und stellte sich unter die reißenden Fluten. Ruben schluckte. Sie stand vor ihm, wie Gott sie geschaffen hatte. Das Wasser rann über ihren wunderschönen Körper, während sie ihn mit ihren riesigen blauen Augen ansah. In diesem Moment begriff Ruben, dass er verloren war. Sie hatte sich in sein Leben geschlichen und ihn in ihren Bann gezogen, ohne es jemals darauf anzulegen. Er wusste, dass er keinen weiteren Tag ohne ihren Anblick ertragen könnte. Sie gehörte ihm. Ihm ganz allein. Wie in Trance kletterte auch er aus dem Wasser, dabei folgte sie jeder seiner Bewegungen mit ihren Augen. Rubens Herz klopfte, als wäre es kurz davor zu zerspringen. Noch war er sich vollkommen unsicher, was er eigentlich genau mit ihr machen wollte. Er stand ihr schweigend gegenüber und sah ihr dabei in die Augen. Es kostete ihn Unmengen an Selbstbeherrschung, sie nicht sofort in seine Arme zu ziehen und an sich zu drücken. Denn, in diesem einen Punkt war er sich vollkommen sicher, er wollte sie auf keinen Fall verschrecken. Als sie ihn letztendlich aber auch noch anlächelte, war es endgültig um ihn geschehen. Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie. Zunächst zögerte sie, dann aber schlang sie ihre Arme um seinen Hals und erwiderte seinen Kuss. Ruben spürte nicht mehr, dass das kalte Wasser des Wasserfalls in tosenden Strömen über seinen Körper rann. Er fühlte nur noch ihre Nähe und den beständigen Rhythmus ihrer Herzen, die langsam in demselben Takt schlugen.

Atticus stand im Schatten eins Baumes und beobachtete die beiden aus der Ferne. Er war nahe daran, sich selbst zu ohrfeigen. Wieso nur hatte er es zugelassen, dass Saphira so viel Zeit mit dem Fremden verbrachte? Wieso hatte er sie nicht daran gehindert, denn dass dies geschehen musste, was dort auf der Lichtung unter dem Wasserfall gerade geschah, darin war er sich sicher gewesen? Seine Tochter war wie eine frische, reine Gebirgsquelle. Sie sprudelte nur so vor Energie und Lebensfreude. Ihr graziles Auftreten und ihre Schönheit, sowie ihre Natürlichkeit taten ihr übriges. Kein Mann, der nicht schon tot und begraben war, konnte ihr widerstehen. Das war ihm schon klar geworden, bevor sie zu einer Frau herangereift war. Wieso hatte er sie dann so schmählich im Stich gelassen, zumal der junge Fremde ebenfalls nicht gerade reizlos war? Weil du endlich willst, dass sie ihrer Bestimmung folgt, beantwortete er seine Frage. Doch, wie zum Teufel sollte sie ihrer Bestimmung folgen, wenn sie selbst noch nicht einmal ahnte, dass sie eine hatte und er mit seinen Nachforschungen auch nicht weiter gekommen war? Vielleicht konnte der junge Mann, wie hieß er noch gleich? Ruben. Ruben also, ihn ja bei seiner Suche unterstützen, wenn er ihm den nötigen Anreiz dafür verschaffte. Er würde ihm den nötigen Anreiz verschaffen und was für einen. Der Junge würde sich noch umgucken, wie weit er bereit war zu gehen.

Die Chroniken Aranadias II - Die Herrin der Seelen

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