Читать книгу Shinobi - Die Auslöschung - Danny Seel - Страница 10
Оглавление4. Der Sturmangriff
Yujiro beobachtete, wie die unzähligen Oda-Soldaten in der Ferne auf ihn und seine Kriegskameraden zurannten. Schnell stieß er seinen Yari wieder in die Erde, als er eine Bewegung aus seinen Augenwinkeln auffing und ihr dann mit dem Blick folgte. Zu seiner Rechten sah er Tanba, der die gleiche Ausrüstung wie seine Männer trug und der nun vor seine Truppen trat. Etwas hinter ihm waren weitere Jōnin von einigen der anderen Clans von Iga. Entschlossen schaute Momochi geradeaus und visierte die rasenden Oda-Soldaten mit seinem ernsten Blick an.
„Ich brauche einen Bogen“, sagte er emotionslos und streckte die Hand zur Seite aus, ohne seine Augen abzuwenden.
Unverzüglich kam ein Samurai herbei und überreichte Tanba einen Bogen sowie einen Köcher voller Pfeile. Immer noch auf die laufenden Angreifer starrend, nahm der Jōnin den Bogen sowie einen Pfeil. Währenddessen legte ihm der Bushi, der Samurai, den Köcher vor die Füße und entfernte sich mit einer unbeachteten Verbeugung. Ausdruckslos spannte Momochi seinen Bogen und zielte. Yujiro wusste, dass Tanba die Reichweite ihrer Bogen testen würde.
Auf einmal ließ der Jōnin die Sehne los und ein Zischen ertönte, als der Pfeil nach vorne raste. Im hohen Bogen durch die Luft fliegend, dauerte es einige Sekunden lang, bis das Projektil sich in die Erde bohrte, in einen kleinen Pfad, der sich zwischen den Reisfeldern vor ihnen hindurchschlängelte. Die rennenden Oda-Krieger befanden sich mehrere Dutzend Meter hinter dem Pfeil, wobei sich die Entfernung zwischen ihnen und dem Projektil jeden Moment verringerte.
Momochi wusste, dass er nur noch wenig Zeit hatte, bevor ihre Feinde in Reichweite ihrer Bogen waren. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sich alle anderen Jōnin an die Spitze ihrer Krieger stellten und ihnen Befehle erteilten. Mit leicht zusammengekniffenen Augen drehte sich Tanba zu seinen Truppen, als genau in diesem Augenblick eine Explosion die Erde erschütterte und aus manchen der Kriegsrufe Schmerzensschreie wurden. Seine Miene erhellte sich ein wenig, sobald ihm klar wurde, dass es eine der Umebi-Minen war, die vor ein oder zwei Tagen in den Feldern eingegraben worden waren.
„Männer!“, rief er laut und deutlich, nachdem eine weitere Explosion ertönt war. „Hier und jetzt wird sich unser Schicksal entscheiden. Verlieren wir, so werden wir uns zu unserem letzten Stützpunkt zurückziehen müssen, von wo aus wir unser letztes Gefecht führen werden. Gewinnen wir, so können wir die Oda noch in die Flucht schlagen. Heute werden viele Menschen ihr Leben lassen und viel Blut wird vergossen werden. Jedoch unabhängig davon wie es ausgeht, merkt euch eines …“
Plötzlich stieß er seinen Bogen nach oben, bevor er so laut schrie, dass sein Gesicht sich rot verfärbte: „ES LEBE IGA!“
Alle Iga-Krieger streckten ihre Waffen in die Luft und antworteten ihm im Einklang: „ES LEBE IGA!“
Sobald die Schreie schließlich abnahmen, befahl Momochi: „Zielt!“
All seine Männer, die einen Bogen besaßen, befolgten sofort den Befehl und nahmen feindliche Krieger ins Visier, die eilig auf den Pfaden liefen. Der Jōnin hob die Hand leicht vor sich, wobei er entschlossen seine Angreifer fixierte. Einen Augenblick lang wurde es beinahe still, als die Iga verstummten und nur noch das Kriegsgeschrei, das ständige Echo der dröhnenden Kriegstrommeln sowie die gelegentlichen Explosionen weiter entfernt hörbar waren.
„Schießt!“, brüllte Tanba auf einmal.
Plötzlich erfüllte ein lautes Zischen die Luft, als Hunderte von Pfeilen abgeschossen wurden. Wie ein Regen des Todes prasselten die Projektile auf die Oda-Krieger nieder, von denen nicht wenige ihr Ziel trafen. Die Oda-Soldaten rannten einer hinter dem anderen auf den kleinen, schmalen Pfaden, die zwischen den überfluteten Feldern verliefen, und kamen deshalb nur langsam vorwärts.
„Beeilt euch!“, rief Yujiro seiner Truppe zu, während er seinen Bogen erneut spannte.
„Schießt!“, befahl er und ließ seine angespannte Bogensehne los.
Dem Abschuss seines Projektils folgten viele andere. Hunderte von Schmerzensschreien ertönten, als ein zweiter Pfeilhagel auf die Oda niederregnete. Manche der feindlichen Krieger taumelten mit einem Pfeil im Körper ins Wasser und tauchten in einem überfluteten Reisfeld unter.
Weitere Pfeilsalven wurden abgegeben und viele der Oda-Soldaten wurden getroffen. Doch nach vier oder fünf konsekutiven Abschüssen gelang es den Oda, weiter vorzudringen, bis sie beinahe das Ende der Reisfelder erreichten.
„Schneller, schneller, schneller!“, konnte Kiyonori einen der Chūnin schreien hören.
Nach genauem Zielen feuerte auch Yujiro ab. In nur ein oder zwei Sekunden hatte sein Pfeil bereits die Entfernung zwischen ihm und seinem Ziel überwunden. Geschwind streifte er den konischen Helm eines rennenden Ashigaru, eines Fußsoldaten, der aus lackiertem und gehärtetem Leder bestand und bohrte sich ihm ins Gesicht. Der Ashigaru schwankte einige Schritte vorwärts, bevor er von einem seiner Kriegskameraden vom Pfad geschubst wurde und ins Wasser taumelte.
„Stopp! Nicht mehr schießen!“, befahl Momochi laut schreiend, als er sah, wie nahe die Oda an sie herangekommen waren. Nicht wenige von ihnen befanden sich nun zwischen den Reisfeldern und dem Dorfrand und konnten viel leichter ausschwärmen.
„Die Schleudern!“, brüllte Tanba.
In wenigen Sekunden hatten viele seiner Männer eine Schleuder in der Hand und nahmen eine Granate aus ihren kleinen Beuteln an ihren Gürteln, die sie als Munition benutzten. Hastig begannen sie die Schleudern über ihren Köpfen zu kreisen und zielten.
Sobald sie genügend Schwung hatten, warfen sie die Bomben auf die rennenden Oda-Horden. Unzählige ohrenbetäubende Knalle erfüllten die Luft, sodass Yujiro meinte, davon taub zu werden. Doch den Schaden, den ihre Granaten dem Feind zufügten, lohnte sich sehr, als er sah, wie Hunderte von Oda-Soldaten umhergewirbelt wurden und auseinanderflogen, nachdem die Bomben detoniert hatten.
Mit Genugtuung beobachtete er, wie viele der Krieger unter lauten Schreien starben und wie manche Arme, Beine oder gar den Kopf bei der Explosion verloren. Es war eine grauenhafte Darbietung: Blut spritzte in alle Richtungen und viele Menschen, die in ihren letzten Atemzügen lagen, brüllten laut vor Schmerzen.
Obwohl nur wenige der feindliche Soldaten der ersten Welle überlebten, dauerte es nicht lange, bis die Toten und Sterbenden durch andere Krieger ersetzt wurden, die rasend vor Wut auf die Iga zurannten. Tanba wusste, dass sie keine Zeit hätten, um weitere Granaten zu schleudern, und wandte sich deshalb an seine Soldaten.
„Meine Kriegskameraden!“, rief er, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Greift zu euren Waffen! Zeigt ihnen, mit wem sie es hier zu tun haben! Zeigt ihnen, dass wir nicht so leicht untergehen! Zeigt diesen Feiglingen, dass die Iga ihre Heimat bis zum letzten Atemzug verteidigen werden! Los, Männer! Kämpft für unsere Familien! Kämpft für die Freiheit! FÜR IGA!”
Mit diesen Worten ergriff der Jōnin seinen Speer und stürmte laut brüllend direkt auf die rennenden Oda-Soldaten zu. Sich die Lungen aus dem Hals schreiend, rannten ihm seine Krieger entschlossen hinterher.
„Vorwärts!“, rief Yujiro seiner Truppe zu, der seinen Yari hob, während ihm seine Männer folgten.
Ins furchteinflößende Kriegsgeschrei einstimmend, das sogar das Dröhnen der Kriegstrommeln zu übertönen schien, raste er den flachen Hügel hinab. Im Himmel hoch über sich bemerkte er einen feindlichen Pfeilhagel, der direkt auf ihn und seine Männer zuflog. Ein Pfeil sauste knapp an ihm vorbei, sodass ihn eine Sekunde lang die Furcht ergriff. Doch nicht jeder hatte solches Glück. Als er sah, wie nicht wenige seiner Kriegskameraden mit Schmerzensschreien niedergestreckt wurden und als er die enorme Oda-Armee vor sich erblickte, überkamen ihn Zweifel.
Der Junge hatte Recht, dachte er, sich an Hakus Worte erinnernd. Dies ist Selbstmord.