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1.1 Erkenntnisinteresse und Relevanz des Forschungsvorhabens

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Laut einer Definition der Europäischen Kommission (2013) sind der Gruppe der Lehrerbildner*innen all die Personen zuzurechnen, die formelle oder informelle Lerngelegenheiten für angehende Lehrkräfte bzw. Lehrerinnen und Lehrer in Ausbildung schaffen (vgl. auch Snoek/Swennen/van der Klink 2011). Ein Ausbilder, der Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrer1 im Vorbereitungsdienst, der zweiten Phase in der deutschen Lehrerbildung, über 21 Monate begleitet und betreut, sagt im Interview mit mir zu seinem Aufgabenbereich und seinen Referendar*innen:

Also, es/ es/ es GIBT manchmal Referendare, wo man, al/, nicht oft, aber manchmal habe ich welche gehabt, wo ich dann gesagt habe, hier (..) möchte ich eigentlich meinen Sohn nicht als Schüler drin sitzen sehen. Ähm. In der Regel, weil FACHLICH, aber was noch viel schlimmer ist, wenn/ wenn ähm, wenn die menschliche Seite nicht stimmt. Wenn die Beziehungsebene nicht da ist. Aber das ist durchaus eher SELTEN. [Bastian Schmidt, Zeilen 291-297]

Dieses – zugegebenermaßen nicht unproblematische – Beispiel, zeigt, worum es in dieser Arbeit gehen soll. Ausbildungskräfte im Vorbereitungsdienst beurteilen ihre angehenden Lehrkräfte hinsichtlich bestimmter Kompetenzen oder Wissensbestände, durchaus jedoch ebenfalls auf Ebenen von Persönlichkeits- und Beziehungsstrukturen. Ungewiss ist, an welchen Stellen diese Beurteilungsmaßstäbe und Orientierungen wirksam werden – ein Sachverhalt, der vielen Referendarinnen und Referendaren große Schwierigkeiten im Zuge ihres Vorbereitungsdienstes bereitet (s. Kapitel 4). Interessant ist daher, wie Ausbilderinnen und Ausbilder ihre Tätigkeit wahrnehmen, intervenieren, in bestimmte Richtungen beraten – und zwar als vom System bestellte Ausbilderinnen und Ausbilder für Fremdsprachen, um die es hier gehen soll, die möglicherweise kaum dazu kommen, fremdsprachendidaktische Akzente zu setzen, da andere Schwerpunkte seitens der Referendarinnen und Referendare relevant gesetzt werden. Indem wir mehr über das Handeln der Ausbildungskräfte erfahren, besteht die Chance, einen Einblick in Strukturen und Inhalte des Vorbereitungsdienstes aus einer anderen Perspektive zu gewinnen. Wo sich Forschung zu Referendarinnen und Referendaren primär auf Belastungsfaktoren, zuletzt verstärkt ebenso auf Kompetenzentwicklung und Professionalisierung bezieht (s. Kapitel 4), steht die Vermutung im Raum, dass Ausbilderinnen und Ausbilder sowohl für die Belastung wie auch die Professionalisierung der LiV verantwortlich sein könnten. Und obwohl man mit solchen Kausalzusammenhängen natürlich vorsichtig sein muss, sollte man dieser These zumindest näherungsweise nachgehen und überhaupt mehr darüber erfahren wollen zur Frage – und das soll das hier schlicht zusammengefasste Erkenntnisinteresse dieser Arbeit sein:

Was machen Lehrerbildnerinnen und Lehrerbildner im Vorbereitungsdienst angehender Fremdsprachenlehrkräfte?

Die fachliche Eingrenzung ist dabei nicht irrelevant: Die Andeutung oben, dass mittlerweile zahlreiche Fächer unter einem gewissen Druck stehen, professionstheoretische Erkenntnisse zu liefern, hat sich aufgrund größerer empirischer Untersuchungen zunächst in der deutschen Mathematikdidaktik (vgl. Kunter et al. 2011) sowie in Deutsch und Englisch (vgl. Blömeke et al. 2011) prominent niedergeschlagen. Weitere fachspezifische Konzeptualisierungen, insbesondere von fachdidaktischem Professionswissen (vgl. Krauss et al. 2017) folgten. Auch in der Fremdsprachendidaktik lässt sich in den vergangenen 15 Jahren ein starkes Anwachsen an theoretischer wie empirischer Forschung beobachten, die Fremdsprachenlehrerprofessionalität und -professionalisierung beschreib- respektive förderbar machen möchte (vgl. Kapitel 3). Dies ist damit von besonderer Bedeutung für diese Arbeit, denn zum einen interessiert mich – in einer zunächst theoretischen Perspektive – die komparative und in sich ergänzende, sich manchmal nur auf den ersten Blick ausschließende, Betrachtung dominierender Strömungen professionstheoretischer Ansätze in der Schulpädagogik im Vergleich zu Ansätzen fachdidaktischer Professionsforschung in der Fremdsprachendidaktik. Dies macht es daher nötig, die einschlägigsten Strömungen, Konzepte und Ansätze in den nächsten Kapiteln darzustellen und damit potentiell vergleichbar zu machen, selbst wenn sie im späteren Verlauf gegenstandsbezogen und methodisch-methodologisch für das Forschungsvorhaben möglicherweise eher in den Hintergrund treten.2

Wenn in der vorliegenden Studie explorativ auf das Handeln von Ausbildungskräften im fremdsprachendidaktischen Vorbereitungsdienst fokussiert wird, ist dies demnach immer vor der theoretischen Folie von schulpädagogischer wie auch fremdsprachendidaktischer Professionsforschung zu sehen. Die vorzustellenden Erkenntnisse sollen in empirischer wie theoretischer Hinsicht Anregungen zur Weiterentwicklung in beiden Feldern bieten. Schließlich können die beforschten Untersuchungssubjekte als Gestaltende von Fremdsprachenlehrerbildung gesehen werden in einer Phase, zu der sowohl in schulpädagogischer wie fremdsprachendidaktischer Hinsicht noch kaum Erkenntnisse vorliegen.

Zur Professionalität der Professionalisierenden

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