Читать книгу Mengele - David Marwell - Страница 14
Mengeles Eintritt in die NSDAP
ОглавлениеNachdem die NSDAP im Januar 1933 an die Macht gekommen war, diese Macht nach den Wahlen im März gefestigt hatte und durch das Ermächtigungsgesetz diktatorische Vollmachen besaß, wollten viele rasch in die Partei eintreten, die sich davon Vorteile versprachen. Die neuen opportunistischen Bekenntnisse zum Nationalsozialismus galten aber als Bedrohung der ideologischen Reinheit der Partei und als Affront gegenüber den „Alten Kämpfern“, die aus Überzeugung beigetreten waren. Um dieses Phänomen zu bekämpfen und sich gegen Nachzügler abzugrenzen, verhängte die Partei im April 1933 ab dem 1. Mai einen Aufnahmestopp auf unbestimmte Zeit, ausgenommen HJ-Mitglieder, die nach 1933 volljährig wurden, und eine kleine Zahl anderer. Die Partei hielt die Aufnahmesperre so strikt durch, dass es nach ihrer Lockerung 1937, als all jene eintreten durften, die seit 1933 anderen NS-Organisationen angehört hatten, einen Ansturm von Neumitgliedern gab und die Partei stark anwuchs.
Einer dieser Antragsteller von 1937 war Josef Mengele. Nach dem Machtantritt der Nazis war der Stahlhelm, dem er 1931 beigetreten war, in die SA überführt worden, und obwohl Mengele 1934 wegen seiner Nierenprobleme austrat, gab seine Mitgliedschaft ihm das Recht, den Parteieintritt zu beantragen. Im Mai 1938 wurde er aufgenommen. Etwa zur selben Zeit trat Mengele auch der SS bei.
Die Jahre, in denen Mengele studierte, veränderten ihn ebenso stark wie das ganze Land und auch den Status der Wissenschaft, die zu seiner tiefen Leidenschaft geworden war. Er hatte das Studium in einer Zeit politischer Unsicherheit begonnen; die Wirkung der Weltwirtschaftskrise war noch nicht voll auf Deutschland durchgeschlagen. Acht Jahre später gehörte er der Vorhut einer neuen Wissenschaft an, besaß eine neue politische Vision, und beides versprach Deutschland und die Welt zu verändern. Die Kombination aus Medizin und Anthropologie gab Mengele die perfekte wissenschaftliche Ergänzung zur NS-Politik. Tatsächlich hatte Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß den Nationalsozialismus „angewandte Biologie“ genannt. Durch die Medizin mit ihrer Konzentration auf den menschlichen Körper und der Betonung der genetischen Pathologie sowie durch die Anthropologie mit dem Schwerpunkt auf dem Volkskörper und der Betonung qualitativer Unterschiede zwischen den Rassen stand Mengele in vorderster Front in dem Kampf, der das Zentrum der NS-Ideologie ausmachte und ihre Politik definierte.
Als Zeichen seines wachsenden Status als junger Wissenschaftler mit aussichtsreicher Zukunft nahm er im September 1937 an der 9. Tagung der Deutschen Gesellschaft für physische Anthropologie in Tübingen teil. Auf dieser Tagung wurde der Name in Deutsche Gesellschaft für Rassenkunde geändert, eine klare Aussage über den zukünftigen Kurs dieser Disziplin. Mengele veröffentlichte einen kurzen Tagungsbericht in Der Erbarzt.101 Ein Foto der versammelten Teilnehmer zeigt ihn am Rand einer großen Gruppe auf den Stufen eines Universitätsgebäudes. Im Zentrum stehen die Giganten der neuen Wissenschaft und Mentoren Mengeles: Eugen Fischer, Otmar von Verschuer, Alfred Ploetz und Theodor Mollison.102