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Der geheimnisvolle Mechanismus

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Nun kam es, dass Professor Zheng Cui dem Labor aufgrund eines Forschungsurlaubs mehrere Monate lang fernbleiben musste. Als er nach seiner Rückkehr die Experimente mit den resistenten Mäusen wieder aufnahm, erwartete ihn eine herbe Enttäuschung. Zwei Wochen nach der normalen Injektion entwickelten alle Mäuse Bauchwasser und Tumore. Ausnahmslos alle. Was war passiert? Hatten sie während seiner Abwesenheit ihre Resistenz eingebüßt? Tagelang grübelte er über diesen Rückschlag und fragte sich, was er falsch gemacht hatte. Vielleicht war die »Entdeckung« auch einfach zu schön, um wahr zu sein, wie es ihm die meisten Kollegen prophezeit hatten. Er war so enttäuscht, dass er nicht mehr nach den Mäusen sah. Vier Wochen nach den Injektionen lagen sie wahrscheinlich alle im Sterben. Als er schließlich doch ins Labor zurückkehrte und schweren Herzens die Abdeckung eines Käfigs hob, blieb er wie erstarrt stehen: Die Mäuse waren eindeutig am Leben, und der Aszites war verschwunden.

Mehrere Tage lang experimentierten die Wissenschaftler fieberhaft, dann zeichnete sich eine Erklärung ab. Von einem gewissen Alter an (sechs Monate bei Mäusen, was einem Alter von 50 Jahren bei Menschen entspricht) wird der Abwehrmechanismus schwächer. Bei den Labormäusen entwickelten sich zunächst Krebszellen, was den geschwollenen Bauch und die Flüssigkeitsansammlung erklärt. Doch etwa zwei Wochen später (ein oder zwei Jahre nach menschlichem Maßstab) aktivierte der vorhandene Tumor die Abwehrkräfte des Körpers. Der Tumor verkleinerte sich praktisch von einer Minute auf die andere und war nach weniger als 24 Stunden verschwunden (ein bis zwei Monate bei einem Menschen). Die Mäuse waren wieder so aktiv wie zuvor, auch in ihrem Sexualleben. Zum ersten Mal hatte die Wissenschaft ein Versuchsmodell für eine Spontanremission bei Krebs, das beliebig wiederholt werden konnte.8 Allerdings musste man noch die Mechanismen dieser mysteriösen Rückbildung erklären. Schließlich gelang es Mark S. Miller, einem Kollegen Zheng Cuis und Spezialisten für die das Geheimnis zu lüften.

Mark Miller untersuchte unter dem Mikroskop Proben der S-180-Zellen, die aus der Bauchhöhle der Wundermäuse stammten, und entdeckte ein regelrechtes Schlachtfeld. Statt der üblichen Krebszellen – rund, mit haarähnlichen Zellfortsätzen und aggressiv – sah er glatte Zellen, deren Oberfläche eingedellt und voller Löcher war. Sie kämpften mit den weißen Blutkörperchen des Immunsystems, unter anderem auch mit den berühmten natürlichen Killerzellen, den sogenannten NK-Zellen. Mark Miller konnte mit seinem Videomikroskop sogar Aufnahmen davon machen, wie die weißen Blutkörperchen die S-180-Zellen angriffen. Er hatte die Lösung des Rätsels gefunden. Die resistenten Mäuse konnten mit Hilfe ihres Immunsystems eine starke Abwehr mobilisieren, selbst wenn sich der Krebs schon eingenistet hatte.9

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