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b) Einzelfragen zur Reichweite des Gewahrsams

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aa) Die Reichweite des Gewahrsams ist im Einzelfall schwierig zu bestimmen.[117] So hängt etwa beim Verlust einer Sache das Fortbestehen des Gewahrsams davon ab, ob die Sache außer- oder innerhalb der generellen Herrschaftssphäre abhandengekommen ist.[118] Ist die Sache noch im Herrschaftsbereich des Gewahrsamsinhabers, wie beispielsweise bei innerhalb der eigenen Wohnung verlegten oder versteckten Sachen, so besteht weiterhin Gewahrsam.[119] Erfolgt hingegen der Verlust der Sache außerhalb des räumlich begrenzten Herrschaftsbereichs, etwa auf der Straße oder im Wald, so ist grundsätzlich von einem aufgehobenen Gewahrsam auszugehen. Bei lediglich vergessenen Sachen besteht hingegen der Gewahrsam fort, wenn der Gewahrsamsinhaber noch weiß, wo er die Sache vergessen hat.[120] Maßgebliches Kriterium für den Fortbestand des Gewahrsams ist also grundsätzlich die Kenntnis über den Aufenthaltsort der Sache.[121] Eine Gewahrsamsbegründung darüber hinaus kann erfolgen, wenn die Sache in einem fremden Herrschaftsbereich vergessen oder verloren wurde, wie z.B. an Bahnsteigen, in Gaststätten, im Kino oder Museen. Hier erlangt der jeweilige Inhaber der Räume aufgrund seines generellen Gewahrsamswillens hinsichtlich aller in seiner Herrschaftssphäre befindlichen Gegenstände Gewahrsam.[122]

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bb) Haben mehrere Personen Mitgewahrsam, so ist zwischen gleichrangigem Mitgewahrsam und einem gestuften Über-, Unterordnungsverhältnis zu unterscheiden. Bei gleichrangigem Mitgewahrsam an einer Sache wird jeder Gewahrsamsinhaber gegenüber den übrigen Mitgewahrsamsinhabern geschützt.[123] Daher ist ein Gewahrsamsbruch auch unter den Mitgewahrsamsinhabern untereinander möglich.[124] Gleichrangiger Mitgewahrsam liegt dann vor, wenn mehrere Personen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gemeinsam über eine Sache verfügen können bzw. nur die gemeinsame Verfügung zulässig ist.[125] Typischer Fall sind Ehegatten hinsichtlich den Sachen in der gemeinsamen Wohnung, sofern keine gesonderten Vereinbarungen bestehen. Auch bei einer gemeinschaftlichen Geschäftsführung innerhalb einer Gesamthands- oder Bruchteilsgemeinschaft entsteht Mitgewahrsam.[126] Ein Alleingewahrsam der Kassenperson liegt hingegen vor, wenn diese allein hierfür verantwortlich ist und auch für Fehlbeträge aufkommen muss bzw. die einzige Person ist, die Zugang zur Kasse hat unabhängig von einem Kontroll- und Weisungsrecht des Dienstherrn. Dieses begründet noch keinen Mitgewahrsam.[127] Auch der Mieter hat grundsätzlich Alleingewahrsam an den in der Wohnung befindlichen Sachen.[128]

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Bei gestuftem (Mit-)Gewahrsam gibt es keinen Gewahrsamsbruch durch den Gewahrsamsinhaber mit den stärkeren Rechten gegenüber dem untergeordneten Gewahrsamsinhaber. Umgekehrt aber schon.[129] Ein Fall derartiger Über-/Unterordnungsverhältnisse ist etwa im Rahmen sozialer Abhängigkeitsverhältnisse gegeben. Hierunter fällt z.B. das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Haus- oder Ladenangestellten bzw. zugunsten des Ladeninhabers gegenüber seinen Angestellten jedenfalls dann, wenn er mehrmals in der Woche in seinem Ladengeschäft erscheint und auch zur Kasse Zugang hat.[130] Zwar wird dem Arbeitnehmer unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache während der Arbeitszeit eingeräumt, es handelt sich aber hierbei nur um einen dem Arbeitgeber gegenüber nachrangigen (Mit-)Gewahrsam.[131] Im Gegensatz hierzu haben Kunden im Rahmen der Anprobe von Kleidung oder Schmuck in einem Geschäft nach h.M. noch keinen Gewahrsam.[132] Sofern ein Verwahrungsvertrag besteht oder etwa Unterlagen an einen Steuerberater oder Anwalt abgegeben werden, haben diese grundsätzlich Alleingewahrsam.[133] Auch die teilweise Verneinung der Figur eines gestuften Mitgewahrsams und damit verbundene Annahme eines Alleingewahrsams beim übergeordneten Gewahrsamsinhaber,[134] führt für die hier diskutierten Fälle zu keinen anderen Ergebnissen.

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cc) Besondere Probleme bringt die Abgrenzung zwischen Allein- und Mitgewahrsam bei verschlossenen Behältnissen und Transporten mit sich. Bei verschlossenen Behältnissen wird man hinsichtlich des Schlüsselinhabers nur dann alleinigen Gewahrsam am Inhalt annehmen können, wenn er nicht nur mit Zustimmung des Verwahrers des Behältnisses auf dieses zugreifen kann (und darf) und der Verwahrer das Behältnis nicht fortschaffen kann. Andernfalls liegt Mitgewahrsam zwischen Schlüsselinhaber und Inhaber des Behältnisses vor.[135] Maßgeblich für den Gewahrsam beim Transport von Gütern ist das Verhältnis des Geschäftsherrn zum Fahrer, genauer ob der Geschäftsherr nach den Umständen des Einzelfalls weiterhin eine Einwirkungsmöglichkeit auf die transportierte Sache hat.[136] Bei Fernfahrten ist daher regelmäßig der Fahrer Alleingewahrsamsinhaber,[137] bei kurzen Fahrten innerhalb desselben Ortes ist dies bereits diskutabel.[138]

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