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4. Drittzueignung
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Seit dem 6. StrRG wird auch die Drittzueignungsabsicht von § 242 StGB erfasst.[252] Hierzu muss der Täter dem Dritten die Sache zueignen wollen, wofür ebenfalls Enteignungs- und Aneignungskomponente erforderlich sind.[253] Geht der Täter also z.B. von einem Rückführungswillen des Dritten aus, fehlt es an dem notwendigen Enteignungsvorsatz.[254] Besondere Bedeutung hat bei der Drittzueignungsabsicht die Drittaneignungskomponente. Beim Täter muss die Absicht (dolus directus ersten Grades) vorliegen, dem Dritten wenigstens vorübergehend eine eigentümerähnliche Herrschaftsposition über die Sache durch eigenes Täterhandeln einzuräumen. Irrelevant ist, ob dies dem Täter auch tatsächlich gelingt.[255] Ebenso ist eine etwaige Gut- oder Bösgläubigkeit des Dritten ohne Belang. Tritt der Täter dem gutgläubigen Dritten gegenüber jedoch als Schenker auf, ist fraglich, ob nicht bereits eine Selbstzueignung vorliegt. Vom Täter ist aber kein altruistisches Verhalten zu verlangen, es genügt vielmehr für eine Drittzueignungsabsicht, wenn der Täter durch die Zuwendung mittelbar einen Vermögensvorteil für sich anstrebt.[256]
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Selbst- und Drittzueignung stehen dabei selbstständig nebeneinander, sodass immer nur eine der beiden erfüllt sein kann. Für das Ergebnis ist es aber freilich in vielen Fällen unerheblich, ob Selbst- oder Drittzueignungsabsicht vorliegt. Die Problematik der Abgrenzung ergibt sich daher, dass bereits vor Einführung der Drittzueignungsabsicht Fallgruppen gebildet wurden, bei denen eine Selbstzueignungsabsicht bejaht wurde, obwohl eine Weitergabe an einen Dritten erfolgte.[257] So verlangte die Rechtsprechung zur Bejahung der Selbstzueignungsabsicht, dass der Täter durch die Weitergabe der Sache wenigstens einen mittelbaren Vorteil für sich selbst erstrebte.[258] Vertritt man den Standpunkt, dass die Einbeziehung der Drittzueignungsabsicht eine reine Erweiterung des Anwendungsbereichs darstellt, so bleiben die in der Vergangenheit als Selbstzueignung anerkannten Verhaltensweisen weiterhin erhalten.[259]
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Es liegt demnach trotz Weitergabe an einen Dritten Selbstzueignungsabsicht vor, wenn der Täter hierdurch (wenigstens mittelbar) einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil anstrebt, wobei die Verfolgung immaterieller Vorteile für die Selbstzueignung nicht ausreicht.[260] Eine Bejahung der Selbstzueignung würde daher erfolgen, wenn der Täter eine bereits verkaufte Sache dem Verkäufer wegnimmt, diese dem Käufer gegen Zahlung des Kaufpreises übergibt und sich hierbei als Bote des Verkäufers ausgibt.[261]
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Typische Fälle von Drittzueignungsabsicht sind hingegen Mehrpersonenverhältnisse, in denen der in Drittzueignungsabsicht handelnde Täter zwar fremden Gewahrsam bricht, dies aber nur tut, weil ein anderer hieran Eigenbesitz begründen soll. Darüber hinaus sind meist die allgemeinen Teilnahmeregelungen in derartigen Fallkonstellationen anzuwenden, da häufig an der Tat auch noch weitere Personen, insbesondere der Dritte, beteiligt sind. Die Drittzueignungsabsicht ist z.B. zu bejahen, wenn der Täter den gutgläubigen Dritten durch mittelbare Täterschaft dazu veranlasst, die Sache unmittelbar an sich zu nehmen, und dabei das Ziel verfolgt wird, dem vorsatzlosen Dritten dauerhaft Eigenbesitz einzuräumen. Genauso liegt ein Fall von ausschließlicher Drittzueignungsabsicht vor, wenn der Beteiligte die Wegnahme nur vollzieht, um seinem Mittäter dabei zu helfen, die Sachen in dessen Herrschaftsmacht zu bringen.[262]
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Die Rechtswidrigkeit entfällt nach der h.M. in der Literatur im Falle der Drittzueignung auch, wenn lediglich der Dritte einen einredefreien fälligen Anspruch auf die Sache hat.[263] Die Gegenansicht verneint dagegen auch hier die Rechtswidrigkeit nur, wenn der Täter selbst gerechtfertigt ist bzw. sonst berechtigt ist, den Drittanspruch geltend zu machen.[264] Da der Gesetzgeber die Drittzueignungsabsicht gleichwertig neben die Selbstzueignung gestellt hat, muss man es konsequenterweise aber mit der h.M. auch hier ausreichen lassen, wenn der rechtfertigende Anspruch nur dem Dritten zusteht. Dass die Selbstzueignung des Täters rechtswidrig wäre, ändert also an der Straffreiheit nichts, sofern der Täter in der Absicht handelt, einem Dritten die Sache rechtmäßig zuzueignen. In diesen Fällen ist es auch denkbar, die Rechtfertigung über die Rechtsfigur der Geschäftsführung ohne Auftrag nach den §§ 677 ff. BGB zu begründen.[265] Im Umkehrschluss ist die Zueignung aber auch dann als rechtmäßig zu erachten, wenn zwar die Selbstzueignung gerechtfertigt ist, die Drittzueignung als solche aber nicht.[266] Im Fall, in dem lediglich die Dritt-, nicht aber die Selbstzueignung rechtmäßig ist, erfüllt der in Selbstzueignungsabsicht handelnde Täter den subjektiven Tatbestand, so dass hier die o.g. Abgrenzungsproblematik einmal von Bedeutung sein kann.