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Lob und Skepsis

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Manuel Neuer wird nach dem Algerien-Spiel weltweit applaudiert. Aber daheim erscheint es manchmal so, als müsse er sich für seine Spielweise rechtfertigen. Vielleicht ist das Denken der Fußballöffentlichkeit noch zu stark von den Darbietungen eines Oliver Kahn geprägt. Außerdem ist Neuer nicht einfach nur ein mitspielender Torwart. Mit dem Fuß sind mittlerweile viele Keeper ordentlich. Aber kaum jemand interpretiert das Mitspielen so radikal und beherrscht es so gut wie Neuer.

Vor dem Viertelfinale gegen Frankreich sitzt Neuer mit Torwarttrainer Andreas Köpke auf dem Podium der Pressekonferenz. Köpke betrachtet es als seine Aufgabe, ein nervöses Volk und dessen Fachjournalisten zu beruhigen, indem er eine Laudatio auf Neuers Spiel hält: „Er verarbeitet die nicht immer leichten Rückpässe souverän.“ Sein Spiel sei nicht ohne Risiko, aber es zahle sich aus. Der Ertrag sei höher. Neuers Spiel mache ihn nicht nervös. „Ich habe da draußen immer die Ruhe, man wird nicht nervös, weil man immer das Gefühl hat, er weiß, was er tut.“ Neuer sei der beste Libero seit Franz Beckenbauer, was der Gelobte cool mit einem Griff in die deutsche Taktikgeschichte kontert: „Nach Franz Beckenbauer gab es eine Zeit lang keinen Libero, deshalb ist es nicht das beste Kompliment.“

Die Redaktion des „kicker“ diskutiert über Neuer kontrovers: Für Oliver Hartmann hat Neuer gegen Algerien nicht die richtige Balance zwischen Herauslaufen und Verharren gewahrt. „Neuers Auftritt gegen Algerien war diesbezüglich ein Tanz auf der Rasierklinge, und niemand wird bestreiten können, dass er seinen Strafraum in den 90 Minuten auch das ein oder andere Mal zu oft verließ. Wenn Oliver Kahn bei Neuer zu hohe Risikobereitschaft anmahnt, weiß er, wovon er spricht. Bei der WM 2002 wuchs im damaligen Weltklassekeeper mit jedem Galaauftritt das Gefühl der Unbesiegbarkeit – das dann aber mit dem folgenschweren Patzer im Endspiel gegen Brasilien schlagartig in sich zusammenfiel.“ Hartmanns Kollege Karlheinz Wild ist anderer Meinung: „Mit Aktionen, die Neuer immer wieder und immer öfter in seinem Bundesliga-Alltag einflicht, verblüffte er nun im WM-Achtelfinale gegen Algerien die staunende Fußballwelt. (….) Für Neuer bedeutet diese außergewöhnlich offensive Interpretation des Torhüter-spiels eine Selbstverständlichkeit, sie gehört zur Identität des Torwarts Neuer, der sich durchaus des Gefahrenpotenzials dieses Stils bewusst ist: Kommt er zu spät in ein solches Alles-oder-nichts-Duell, sieht er Rot. Dieses Risiko nimmt er in Kauf, weil er mit seinem Stil den Seinen weniger schadet als hilft: als Ausputzer, als Libero, als 11. Feldspieler. Wenn die Nationalelf in Brasilien Großes erreichen will, ist Neuer der Schlüsselspieler: als besonderer Keeper mit Hand und Fuß.“

Karlheinz Wild wird recht behalten. Am 13. Juli 2014 wird Deutschland mit Keeper Manuel Neuer zum vierten Mal Weltmeister.

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