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Ein Kader mit Problemen
ОглавлениеBundestrainer Jogi Löw war mit einem Kader nach Brasilien gereist, in dem einige Spieler angeschlagen sind und erst im Laufe des Turniers voll einsatzfähig werden. Der Bundestrainer muss deshalb in den ersten vier Turnierspielen improvisieren. Auch Keeper Manuel Neuer hatte es erwischt – ausgerechnet beim letzten Pflichtspiel der Saison. Im DFB-Pokalfinale gegen Borussia Dortmund hatte sich der Keeper des Double-Siegers Bayern München eine Schulterverletzung zugezogen. Hinter dem Einsatz von Deutschlands Nr. 1 stand einige Wochen ein Fragezeichen. In Brasilien kann Neuer zunächst nur eingeschränkt trainieren. Er steht dann zwar beim Turnierstart im Tor, kann aber erst gegen Algerien, also beim vierten Auftritt des DFB-Teams, „endlich wieder richtig abwerfen“, wie er später erzählt.
Den DFB-Kader plagt ein weiteres Problem. Abgesehen von Kapitän Philipp Lahm gibt es keinen Außenverteidiger von internationaler Klasse. Aber Lahm wird zunächst im defensiven Mittelfeld benötigt. Die hier gesetzten Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger sind in der ersten Turnierphase noch nicht wirklich fit, weshalb Löw das Risiko scheut, beide gleichzeitig auflaufen zu lassen.
Gegen Algerien muss Löw auch noch auf Innenverteidiger Mats Hummels verzichten, den eine Grippe flachlegt. Für ihn rückt Boateng von der Außenposition in die Abwehrzentrale neben Mertesacker. Für Boateng verteidigt nun der 22-jährige Shkodran Mustafi auf der rechten Seite, der erst nachträglich in den WM-Kader gerutscht ist, nachdem sich Marco Reus im letzten Testspiel vor der WM schwer verletzt hatte und für die Reise nach Brasilien ausfiel. Mustafis Heimat ist normalerweise die Innenverteidigung oder das defensive zentrale Mittelfeld. Beim Anpfiff des Achtelfinals hat Mustafi erst 107 Länderspielminuten vorzuweisen. Links verteidigt Benedikt Höwedes, auch er ein gelernter Innenverteidiger. So besteht Jogi Löws Viererkette aus vier Innenverteidigern.
In Porto Alegre bietet die deutsche Elf bei ungewohnt kühlem Regen in den ersten 45 Minuten eine konfuse Vorstellung. Die Algerier stehen tief, spielen aber nach deutschen Ballverlusten schnell und forsch nach vorne. Das DFB-Team ist irritiert. Alles, wofür die Deutschen bis dahin gelobt wurden, ist dahin: Die passsicherste Elf des Turniers produziert eine Unmenge von Fehlpässen und damit unnötige Ballverluste. In der Viererkette können die „Pseudo-Außenverteidiger“ Mustafi und Höwedes nicht zum Spielaufbau beitragen. Beide schaffen es nicht, bei Ballbesitz die Räume auf den Außenbahnen zu nutzen. Die Deutschen spielen mit einer „stehenden“ Kette, die aber häufig nicht richtig steht. Die (ungewollte) Folge ist ein „Spielsystem“, in dem der Torwart zum Libero wird.