Читать книгу Kiki süss-sauer - Doris Lilli Wenger - Страница 11

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Sana stocherte in ihrem Essen.

«Geht es dir nicht gut?» Das Flattern im Bauch liess Riris Stimme vibrieren.

Sanas Besteck schepperte auf ihren Teller, sie kullerte dramatisch mit den Augen.

«Mann, alles bestens.» Kopfschüttelnd griff Sana wieder nach der Gabel und theatralisch pikste sie ein Salatblatt auf.

«Das kannst du mir auch höflich sagen. Hast du dich nochmals übergeben müssen?» Seit dem Vorfall war eine Woche vergangen. Riri hatte sich bisher verkniffen, nachzufragen. Ihr aufbrechender Gefühlsstrom hatte jegliche Fürsorge für ihre Tochter verdrängt. Ihre Frage rüttelte nun nicht nur Sana auf. Geräusche hallten unerwartet von Riris einem Ohr zum anderen: Schepperndes Metall, hallende Schritte, flüsternde, unverständliche Worte. Und eine Anwandlung von Muskelkater in der Magengrube.

«Was soll das? Ich habe am Freitag was Schlechtes erwischt. Ich bin ok.» Sana schaute ihre Mutter nicht an.

Erleichterung umhüllte Riri warm. Es wurde leiser in ihrem Ohr. «Dann ist es ja perfekt.» Riri bewegte sich auf vermintem Terrain. Sana war in letzter Zeit kaum ansprechbar. Sie stellte alles in Zweifel, reagierte verstockt und unversöhnlich. Riri beobachtete Jan, wie er unbeirrt und gelassen mit dem Löffel das Essen in sich hineinschaufelte, Reiskörner trollten. Er tat ihr leid. Auch er bekam die Launen seiner Schwester zu spüren. Zum Glück lebte er noch in seiner heilen Welt voller Freunde, Musik und Skateboards.

«Heute komm ich später, gehe ins Juhu.» Die Jugendarbeit in Seuzach boomte. Die Schüler und Schülerinnen nutzten rege das Angebot, um an einem geschützten Ort zu sein. Die jungen Betreuer und Betreuerinnen hatten das Vertrauen der Teenager gewonnen. Wussten sie mehr als die Eltern? Sie könnte vorbeigehen und sich informieren.

Sana krümmte sich über ihren Teller, löffelte plötzlich brav Bohnen und Reis in sich hinein.

Riri bückte sich, um sie anzusehen. Tatsächlich, Sana war rot angelaufen und versuchte ihre Verlegenheit zu kaschieren. «Hör auf!» Unsicher schob sie mit der Hand ihre Mutter von sich. Mit flimmernden Wimpern.

«Was? Was ist los, Sana? Komm schon?» Hatte sie irgendetwas verpasst?

«Nein, nichts. Ich will einfach mit Chiara da hin. Es gibt eine Schnupperstunde für Shuffle Dance, das interessiert mich.»

Ein schiefes Lächeln umspielte ihren Mund, welches das Mädchen nicht zügeln konnte.

«Sana? Da ist doch was im Busch!» Riri spielte Varianten durch: Sana belog sie, wollte unerlaubt schoppen, Mutproben beim Ladendiebstahl, heimliches Rauchen, Trinken.

«Sana ist verliebt!» Jan sang es, während er im Takt wippend mit dem Finger auf Sana zeigte.

Jungs, Küssen, Sex!

In Sekundenschnelle sprang Sana vom Stuhl, ihr Arm sauste nach vorn, packte Jan und schleifte ihn am T-Shirt über den Tisch. Reiskörner klebten sich an seiner Brust fest. Sofort schnappte sie seine schwarzen, dichten Haare und zerrte.

Jan zog den Kopf zurück, grinste. So mühelos liess er sich nicht unterkriegen, zeigte, wie hart er war. «Sana ist verliebt, Sana ist verliebt.» Er duckte sich weg, riss das Gedeck mit, welches Riri mit schneller Reaktion auffing. Mit der Hüfte drückte sie sich zwischen die beiden Streithähne. Dann umschloss sie Sanas Handgelenke.

«Was fällt dir ein, es reicht!» Riri schrie, ihre Wangen glühten.

Der Schmerz war wieder da, wie ein Messer in ihrem Unterleib.

«Hast du einen Freund? Wer ist es?» Auf einmal sah sie sich selbst zu. Wie eine Fliege an der Decke bestaunte sie ihr eigenes Treiben. Sie roch frischgekochtes Gemüse, vermischt mit Schweiss, Adrenalin. Und Angst, deren Geruch sich metallisch-schal in ihren Nasenhärchen verhedderte. Was tat sie da? Schlagartig wurde ihr bewusst, wie sonderbar sie mit ihrer Tochter umging. Beschämt über ihre heftige Reaktion, liess sie los.

Mit einem Ruck befreite sich Sana, drehte sich und rannte die Treppe hoch.

«So nicht, so nicht, Mädchen!» Riris Furcht wollte sich nicht zähmen lassen.

«Soll er … » Sana kümmerte sich nicht, verschwand im Zimmer und warf die Türe zu.

Jan half Riri abzuräumen und sauber zu machen. Er nahm die Situation gelassen. Mimte den Lieblingssohn. Riri nahm seinen Langmut dankbar an.

«Weisst du etwas? Hat Sana einen Freund? Wen denn?» Es war ihr peinlich, ihn auszuhorchen. Grauen kroch ihr über den Rücken. Sie bewegte sich ungelenk und hölzern. Sie musste es wissen.

«Die ist seit ewig in Janic verknallt.» Verächtlich winkte er mit den Händen ab. Riri zog die linke Braue schief. Janic ging seit dem Kindergarten in dieselbe Klasse wie Sana, wohnte einige Häuser weiter. Als Grossmaul hatte er öfters Zoff auf dem Schulhof. Seine Kraft, gepaart mit einem smarten Charme, half ihm jedoch, Jungs und Girls um sich zu scharen, welche imponiert waren von seiner Offenheit und seinem Mut, im Konflikt mit Erwachsenen für sich einzustehen. Sana fand ihn während der Unterstufe doof und wollte den Schulweg nie mit ihm zurücklegen.

«Gestern habe ich die beiden getroffen.» Jan spottete. Riri strich ihm den zerzausten Schopf zurecht. «Chiara war ebenfalls da, Hand in Hand mit Jonas.» Jan formte einen Kussmund. «Die küssten sich.» Seine Zunge schoss hervor und er deutete Brechreiz an. «Abartig!»

Riris Herz setzte einen Schlag aus. Wenn Sanas Kollegin mit einem Jungen zusammen war, dann stand Sana unter Druck, ebenfalls einen Freund zu haben.

Sie musste unbedingt mit ihr reden.

Kiki süss-sauer

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