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prolog

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Die Fotografie in meiner Hand zitterte wie ein Ahornblatt im Wind.

Was hatte Kiki sich dabei gedacht? Die Aufnahme zeigte uns beide vor dem Haus. Wir waren vielleicht sechs oder sieben Jahre alt. Verkleidet als Clowns, mit übergrossen Kitteln, selbstgebastelten Papierhüten und Wasserfarbe auf den Wangen. Kiki lachte und kokettierte mit der Kamera, während ich selbst mir ein Handtuch an die Stirne gedrückt hielt. Bemüht meinen Schmerz wegzulächeln.

Diesmal hatte ich mir den Kopf gestossen. An diesem doofen, eckigen, metallenen Briefkasten, unter welchem wir uns oft zum Plaudern hingesetzt hatten. Zerstossenes Eis, eingewickelt in ein Handtuch, direkt auf die Wunde gedrückt half, eine künftige Beule zu lindern. Auch wenn das tierisch wehtat.

Kiki hatte sich nie dazu überwinden können. Schon als Kind hatte sie sich beschwerlichen Notwendigkeiten gegenüber verschlossen, hatte nie die Zähne zusammengebissen oder etwas ausgehalten. Das ging mir so auf den Geist. Kiki war weich und sanft. Ich konnte das nicht ausstehen. Noch heute nicht.

Das war so anstrengend. Ich wollte raus aus meinem Käfig, raus aus meiner Anpassung, aus meinem Dank und dieser trügerischen Loyalität. Warum konnte ich mir nie den einfachen Weg erlauben? Wäre mir etwas erspart geblieben?

Die Aufnahme wirkte stumpf. Es hatte geschneit und Kufen hatten dunkle Schatten in den ausgetretenen Schnee gezeichnet. Wir beide liebten den Winter und der Schlitten stand jeweils ab November bereit. Die Steigung hinter Nachbars Bauernhof rutschten wir beim kleinsten weissen Flaum hinunter. Dutzendmal, bis aller Schnee abgetragen war und wir im grünbraunen Matsch nach wenigen Metern stecken blieben.

Dann sahen wir uns an, kicherten und rollten den Hang hinunter. Grübelte Kiki auch über solchen Dingen? Oder darüber, wie unbarmherzig das anschliessend zu Hause werden konnte?

Auf dem Bild hielten wir uns an der Hand, klammerten uns gegenseitig fest. Die Geste trug etwas Inniges, Zärtliches in sich. Das zu sehen, besänftigte mich, weil es mich daran erinnerte, wie viel wir zu zweit unternommen hatten, wie oft wir gelacht oder uns gegenseitig getröstet hatten, wenn es wieder einmal kalt und stumm in unserem Zuhause geworden war. Wir fanden Halt aneinander.

Es ist mein Fehler, der uns auseinandergebracht hat

Wir sind unsere Familie. Kiki ist die Einzige, die ich noch habe. Und es gibt keinen anderen Menschen, der weiss, wie ich früher einmal war.

Auch wenn wir verschieden sind, so sind wir doch beste Freundinnen.

Dieses Foto werde ich ihr heute zur Beerdigung bringen

Kiki süss-sauer

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