Читать книгу Die Philosophie von Thomas von Aquin - Dr. Eugen Rolfes - Страница 15

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§ 2. Die Zielstrebigkeit der Natur.

Nachdem der Philosoph gesagt hat, dass der Physiker (Naturphilosoph) aus allen Ursachen beweist (aus Materie und Form, wirkender Ursache und Zweck), erklärt er eine Voraussetzung, die er gemacht hatte, dass nämlich die Natur zwecktätig ist. Demgemäß bemerkt er, es müsse dargetan werden, dass die Natur zu den zielstrebigen Ursachen gehört, ein Nachweis, der für die Frage von der Vorsehung wichtig ist. Denn die Dinge, die keinen Zweck erkennen, verfolgen ihn nur als Agenden, die von einem Erkennenden die Richtung empfangen, wie der Pfeil von dem Schützen: wenn daher die Natur zwecktätig sein soll, muss sie von einem denkkräftigen Prinzip geordnet werden, was Sache der Vorsehung ist.

Indem er zur Ausführung seines Vorhabens schreitet, gedenkt er zuerst der gegenteiligen Meinung, nach der die Natur nicht um eines Zweckes willen wirkt, und nennt den Grund, den die Vertreter dieser Auffassung für sich anführten, um ihn darauf zu widerlegen.

Man muss also wissen, dass diejenigen, die die Natur nicht für Zwecke wirken ließen, ihre Meinung dadurch zu erhärten suchen, dass sie aus der Natur dasjenige entfernten, weshalb sie vornehmlich in ihrem Wirken Zwecke zu verfolgen scheint. Wir wollen sagen, dass man die Zwecktätigkeit der Natur vorzüglich damit beweist, dass man sie immer etwas so gut und passend herstellen sieht, als es nur sein kann. So ist z. B. der Fuß von der Natur so gemacht, wie er zum Gehen tauglich ist, und wenn er darum von seiner natürlichen Anlage abweicht, ist er zu dieser Verrichtung nicht passend, und gleiches gilt von den übrigen Naturerzeugnissen. Und weil man besonders hiergegen Einspruch zu erheben suchte, sagt Aristoteles, die Gegner könnten einwenden, es stehe nichts im Wege, dass die Natur nicht für bestimmte Zwecke wirke und nicht immer tue, was besser ist.

Sehen wir doch wohl auch, dass aus der Wirksamkeit der Natur ein bestimmter Nutzen entspringt, der gleichwohl nicht das Ziel jener Wirksamkeit ist, sondern sich zufällig ergibt. So, wenn wir sagen, dass Jupiter, d. i. Gott oder die allgemeine Naturkraft, regnet, nicht zu dem Ende, dass das Getreide wächst, sondern der Regen stellt sich notwendig ein, weil die Materie es so fordert. Denn wenn die tieferen Schichten infolge der Sonnennähe erhitzt sind, müssen sich aus den Gewässern Dünste entwickeln, die wegen der Wärme in die Höhe steigen, und wenn sie in den Raum gelangen, wo die Wärme wegen des Abstandes von dem Orte, wo die Sonnenstrahlen zurückgeworfen werden, aufhört oder nachlässt, so muss daselbst das in Dunstform aufsteigende Wasser notwendig erkalten. Nach der Erkaltung müssen sich aber die Dünste in Wasser verwandeln, und wenn das Wasser entstanden ist, muss es wegen seiner Schwere nach unten fallen; geschieht das nun, so stellt sich mitfolgend und zufällig das Ergebnis ein, dass das Getreide wächst, aber es regnet nicht zu dem Ende, damit es wächst. Denn wie das Getreide an einer bestimmten Stelle durch den Regen verdorben wird, wenn es z. B. auf der Tenne lagert, und es gleichwohl nicht darum regnet, damit es verdirbt, dieses Ergebnis vielmehr bei Regenwetter zufällig sich einstellt, ebenso scheint es auch ein zufälliges Ergebnis zu sein, dass das Getreide bei Eintritt des Regens wächst.

Daher hindert auch anscheinend nichts, dass es sich mit den Teilen der Tiere, die, so wie sie sind, auf einen bestimmten Zweck angelegt scheinen, ebenso verhält. So könnte man vielleicht sagen, es sei wegen der im Stoffe liegenden Notwendigkeit, dass die Vorderzähne scharf und zum Zerteilen, und die Backenzähne platt und zum Zermahlen der Nahrung geeignet sind. Dieses Verhältnis sei jedoch nicht so zu beurteilen, als ob die Natur die Zähne wegen dieser Verrichtungen so gebildet habe, sondern so, dass die Zahne diese Form zufällig gewannen, indem die Natur sie wegen der Notwendigkeit des Stoffes, der solchen Bewegungs- und Bildungsgesetzen untersteht, so gemacht hat, und wo nun eine solche Form einmal ist, da muss eine solche Zweckmäßigkeit die Folge sein. Und gleiches lässt sich von allen anderen Teilen sagen, die ihre bestimmte Form aus Rücksicht auf einen Zweck zu haben scheinen.

Und weil man sagen könnte, solche Zweckmäßigkeiten folgten dem Naturwirken immer oder meistenteils, und was immer oder doch in der Mehrzahl der Fälle stattfinde, müsse doch wohl von Natur sein, so sagen die Gegner, um diese Einrede abzuschneiden, zu Beginn der Weltentstehung seien die vier Elemente zusammengetreten, um die Naturdinge ins Dasein zu rufen, und es seien viele und mannigfaltige Bildungen von Naturdingen entstanden. Bei einigen von diesen Dingen sei nun alles so zweckmäßig zusammengetroffen, als ob sie für den Zweck gemacht worden wären, und nur diese Bildungen hätten sich erhalten, weil sie eine zur Erhaltung geeignete Beschaffenheit hatten, nicht von Seiten eines zwecksetzenden oder zielstrebigen Agens., sondern von ungefähr, d. i. durch Zufall. Alles aber, was keine solche Beschaffenheit aufwies, ging und geht noch immerfort zugrunde, also etwa Erzeugnisse von der Art, wie sie Empedokles nennt, nach dem anfangs Individuen entstanden sind, die Zwitterbildungen waren, hinten Ochsen und vorn Menschen.

Dieses also und dem Ähnliches ist der Grund, aus dem man die Teleologie in der Natur bezweifelt hat.

Man muss aber bei solcher Begründung beachten, dass sie ein unpassendes Beispiel verwendet.

Der Regen hat zwar an der Materie eine notwendige Ursache, aber er ist gleichwohl auf ein bestimmtes Ziel hingeordnet, nämlich auf die Erhaltung der dem Werden und Vergehen unterworfenen Dinge. Denn darum ist in unserer niederen, sublunarischen Sphäre das Werden und Vergehen, damit das immerwährende Sein in ihnen erhalten bleibt: und daher wird das Wachstum des Getreides unpassend als Beispiel verwandt; denn da wird eine allgemeine Ursache mit einer partikulären Wirkung in Vergleich gebracht. 18

Man muss aber auch das beachten, dass das Wachstum und die Erhaltung der Erdgewächse durch den Regen in der Mehrheit der Fälle eintritt, dagegen ihr Verderbnis in der Minderheit der Fälle, und wenn also deshalb der Regen nicht um des Verderbnisses willen da ist, so folgt doch daraus nicht, dass er nicht um der Erhaltung und des Wachstums willen da ist. Kommentar zur Physik des Aristoteles 2, 8. 198 b 10—32, lect. 12. Man vergleiche auch die folgenden Lektionen bis zum Schlüsse des zweiten Buches der Physik.

Einige alte Philosophen haben behauptet, die in der Natur auftretenden Wirkungen erfolgten auf Grund der mit den vorausgehenden Ursachen gegebenen Notwendigkeit, nicht so, als ob die natürlichen Ursachen wegen der Angemessenheit derartiger Wirkungen so angelegt wären, und dieses widerlegt der Philosoph im zweiten Buche der Physik gegen Schluss damit, dass danach solche Zweckmäßigkeiten, wenn sie nicht auf irgendeine Weise beabsichtigt wären, zufällig zustande kommen und so nicht in der Mehrheit sondern in der Minderheit der Fälle auftreten würden, wie auch anderes, wovon man sagt, dass es zufällig geschieht; und daher muss man sagen, dass alle Naturdinge auf ihre zweckmäßigen Wirkungen hin geordnet und angelegt sind.

Es kann etwas aber in zweifacher Weise auf ein anderes als Ziel geordnet und gerichtet sein: einmal durch sich selbst, wie wenn ein Mensch sich selbst nach einem Orte kehrte, wohin er will, und sodann durch ein anderes, wie wenn der Pfeil von dem Schützen auf einen bestimmten Punkt gerichtet wird. Durch sich selbst nun kann nur das zum Ziele gerichtet werden, was das Ziel erkennt; denn der Richtende muss von dem, worauf er die Richtung gibt, Kenntnis haben; aber durch ein anderes kann zum Ziele gerichtet werden, was das Ziel nicht erkennt. Dieses aber kann auf zweifache Weise geschehen.

Das eine Mal erhält das zum Ziele Gerichtete von dem Richtenden lediglich den Impuls, ohne von ihm eine Form zu empfangen, derentwegen ihm eine solche Richtung oder Neigung zukäme, und eine solche Neigung ist gewaltsam, wie z. B. der Pfeil von dem Schützen auf ein bestimmtes Zeichen gelenkt wird. Ein anderes Mal aber erhält das, was zum Ziele gerichtet oder geneigt wird, von dem Richtenden oder Bewegenden eine bestimmte Form, durch die ihm eine solche Neigung zukommt, und daher wird auch eine solche Neigung natürlich sein, sofern sie ein natürliches Prinzip hat wie z. B. der, der dem Stein die Schwere gegeben, ihm die Neigung verliehen hat, von Natur nach unten bewegt zu werden, und auf diese Weise ist nach dem Philosophen im 8. Buche der Physik (K. 4, Ende) der Erzeugende der Beweger bei dem Schweren und Leichten. Auf diese Weise nun wird alles Natürliche (auch die Organismen, die Pflanzen und die sinnlichen Wesen) zu dem ihm Angemessenen hingeneigt, indem es in sich selbst ein Prinzip der Neigung hört, in Rücksicht auf das seine Neigung natürlich ist, so dass es zu den ihm gebührenden Zielen gewissermaßen selbst schreitet, und nicht nur geführt wird. 18a Quaestiones disp. d. veritate 17, 1.

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