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DIE STÄRKUNG UNSERER MITTE
ОглавлениеDer Funktionskreis Milz/Magen (im Chinesischen auch »die Mitte« genannt) ist auch für die Entstehung des bereits genannten Qi verantwortlich. Es steht für die verfügbaren Kräfte, die man zwar nicht messen, aber sehr wohl spüren und empfinden kann. Ein Qi-Mangel des Funktionskreislaufs Milz/Magen führt beispielsweise zu einem Symptom, das sich in einer »klebrigen« Müdigkeit äußern kann. Wir alle kennen diesen Zustand, der uns nach einem zu üppigen Essen befällt, bei dem wir entkräftet im Stuhl hängen und Zeit brauchen, bis das Interesse an der Außenwelt wieder entsteht. Diese »klebrige« Müdigkeit ist auch nicht durch Motivation oder Ablenkung überwindbar. Sie signalisiert, dass unser Organismus mit der Verarbeitung dessen beschäftigt ist, was wir ihm zuletzt zugemutet haben.
Wenn sich dies jedoch häuft und wir über lange Zeiträume die Verfassung der Mitte nicht berücksichtigen, entstehen zwangsläufig Überlastungen in verschiedener Form. Nahrungsmittel, die wir eigentlich deshalb aufnehmen, weil wir unseren Organismus stärken wollen, beschweren ihn stattdessen. Die Palette an Möglichkeiten ist groß: Sie beginnt bei der Unverträglichkeit diverser Anteile (Histamin, Gluten, Laktose etc.), sie steigert sich über Verdauungsstörungen (Blähungen, Völlegefühl sowie Unregelmäßigkeiten im Stuhlgang) zu Ablagerungen, die als Fett und Übergewicht sichtbar werden.
Die Vorstufen davon finden sich relativ unbemerkt im Blutstoffwechsel. Das Blut ist ein globales Ver- und Entsorgungssystem, in dem Nährstoffe verteilt im ganzen Körper zur Verwertung angeboten werden und gleichzeitig Abfallstoffe zur Entsorgung in der Leber mitgenommen werden. Diese Aufgabe ist pikant – als Beispiel stellen wir uns einfach vor, dass die Müllabfuhr auch die Aufgaben der Post übernehmen und im gleichen Auto Abfälle und Versandpakete transportieren müsste.
Die europäische Naturheilkunde hat in den vergangenen Jahrhunderten großen Wert auf Maßnahmen zur sogenannten Blutreinigung gelegt. Fastenkuren waren üblich neben Aderlässen, der Verwendung von Blutegeln oder Heilkräutermischungen. Ärztliche Berichte zeigen, dass auf diese Weise viele Krankheiten erfolgreich behandelt wurden. Die moderne Wissenschaft belächelt diese Berichte, da es sich für sie nicht um kausale Therapieansätze handelt. Ausgeblendet wird dabei jedoch die Tatsache, dass ein intaktes Blutentsorgungssystem die individuellen Heilkräfte des Organismus fördert und daher ein wichtiger Baustein der Gesundheit werden kann. Ist es nicht merkwürdig, dass wir in Zeiten wachsender Umweltbelastung glauben, auf solche Methoden verzichten zu können – während Mönche im tibetischen Bergkloster ein- oder zweimal im Jahr Reinigungsphasen einlegen und in allen Religionskonzepten dieser Erde Fastenzeiten propagiert werden?
Als Arzt fällt mir, Dr. med. Fritz Friedl, auf, dass unsere moderne Medizin hingegen ausgeprägte Konzepte entwickelt hat, wie Menschen mit Stoffwechselerkrankungen noch lange überleben. Sogenannte Disease-Management-Programme liefern Untersuchungs- und Behandlungskonzepte, um die schädlichen Auswirkungen zu reduzieren und die Krankheiten in Grenzen zu halten. Das ist sehr verdienstvoll, es ersetzt aber nicht die Sorgfalt im Bereich der Vorbeugung und der vorausschauenden Lebensführung. Hier flüchtet die moderne Wissenschaft in den Bereich der Statistik, sie versucht kollektive Wahrheiten herauszufinden und bleibt deshalb für den Einzelnen sehr vage. Die Natur hat uns jedoch deutliche Alarmsignale auf dem körpereigenen Armaturenbrett geliefert, das uns individuelle Erkenntnisse darüber bringt, was in unserem Körper gut funktioniert – und was eben nicht. Das eigene Befinden ist der innere Arzt, der den Finger in die Wunde legt und uns deutlich zeigt, wo Korrekturen angebracht sind. Diese Beobachtungen ernst zu nehmen, eine Achtsamkeit für sie zu entwickeln und daraus Konsequenzen für die gesamte Lebensführung zu ziehen – diesen Einklang zwischen Wahrnehmung und Handeln finden wir in kulturellen Konzepten wie im indischen Yoga, im Buddhismus oder in der altgriechischen Askese. Und wir finden sie auch ganz besonders in der TCM, der Traditionellen Chinesischen Medizin.