Читать книгу Die Therapie entdeckt die Familie - Dr. med. Günther Montag - Страница 59
Absichtslosigkeit, Erlösung des Helfers
ОглавлениеIn der VT haben sowohl Klient als auch Helfer die Absicht, Verhalten zu verändern. Wenn das gelingt, ist es „gut“, denn zum Therapie- Verlängerungsanträgen an die Krankenkassen gehört der Nachweis, welche Schritte der Klient gemeistert hat. Der Gutachter prüft ob die Fortschritte eine Verlängerung rechtfertigen. Sind die „Defizite im adäquaten Verhalten“ geringer geworden? Das Denken in Kategorien des Mangels, an das „Fehlende“ oder „Defizit“, ist ein Werten, es folgt einem Gewissen, es unterscheidet zwischen richtig oder falsch. Der Helfer sieht die Notwendigkeit für den Klienten, etwas neues zu lernen. Wenn er die VT ernst nimmt, gibt er sich Mühe. Wenn er sehr engagiert ist, opfert er sich, so wie er sich als Kind vielleicht für seine kranke Mutter opfern wollte. Wenn er es lockerer nimmt und die VT als formalen Rahmen sieht für andere Verfahren, z,.B, das non-direktive und das provokative Vorgehen, hat er es schon leichter.
Es ist für den Helfer eine geistige Anstrengung, aus der Absicht herauszukommen. Die systemische Sicht ist, hinter dem Klienten seine Eltern zu sehen, die für ihn richtig sind, sein Schicksal, das richtig ist. Denn er hat in sich die Kraft, auch an dem Schweren zu wachsen, sogar besonders daran. Diese Absichtslosigkeit ist der größte Unterschied des Systemischen gegenüber der VT und anderen Arten des Helfens. Sie macht dem Helfer in seiner Entwicklung die größten Schwierigkeiten, besonders dem in einer der klassischen Therapieformen ausgebildeten Helfer.
Beim Erstkontakt mit einem Klienten sieht und konfrontiert ein guter systemischen Therapeut zwar die „Abwehr“, aber er bricht bei Abwehr ab, ohne Absicht, sie zu durchbrechen. In Aufstellungen wechseln wir manchmal Stellvertreter aus wenn diese „eine Absicht“ haben. Die Absichtslosigkeit gehört zur Achtung. Ohne Absicht bleibt der Helfer frei vom Klienten, er lädt nichts von ihm auf sich. Er greift ihm nicht unter die Arme, so dass der Klient seine Arme frei bewegen kann zum eigenen Tun. Und so bleibt der Klient vom Helfer frei.