Читать книгу Die Therapie entdeckt die Familie - Dr. med. Günther Montag - Страница 62
Die non-direktive Aufstellung mit Figuren
ОглавлениеManchmal wird bereits in der ersten Sitzung das Gespräch durch die kleinen Spielfiguren aufgelockert, die auf dem Tisch herumliegen, und wir kommen in eine tiefere, bildhafte Ebene. Allein schon zur Psychoedukation, d. h. Erklären von Mustern und ihren Folgen, helfen die Figuren. Bildhaft kann ich mit ihnen Grundordnungen der Liebe zeigen. Das Figurenaufstellen ist Teil der Verhaltens-Analyse, denn das Verhalten in Beziehungen beruht auf Haltungen, und unsere Grundhaltungen haben wir in der Familie gelernt. So verstehen die Klienten, warum ein Verhaltenstherapeut Aufstellungen macht. Manchmal lasse ich Klienten auch auf Papier ihre Familie als Strichmännchen in verschiedenen Farben und Größen malen.
Die meisten Klienten sind nicht abgeneigt, ihre Familien so „aufzustellen“. Je Problemlage fangen wir mit der Gegenwartsfamilie oder der Ursprungsfamilie an, und machen im Regelfall nur eine Aufstellung pro Sitzung, damit die Wirkung nicht durch zu viele Bilder abgeschwächt wird.
Klienten, bei denen ich eine schwere Störung oder Belastung vermute, stellen die Figuren oft eindimensional, in einer Zeile auf. Ist das ein Hinweis auf etwas wie figürliche Legasthenie, eine Unfähigkeit, das Beziehungsgeflecht räumlich oder flächenhaft wahrzunehmen? Oder ist es Ausdruck einer schweren Verstrickung der ganzen Familie, so dass alle Personen in einer Reihe auf etwas Fehlendes schauen vor dem sie alle gleich sind?
Überangepasste Klienten mit starker Tendenz zur Leugnung stellen gern Ideal-Aufstellungen auf, um eine „heile Familie“ zu demonstrieren. Was hier auffällt ist, dass diese Figuren übertrieben eng zusammenstehen. Das wirkt wie eine „Beteuerung“, es ist ein Hinweis auf das Gegenteil.
Selten machen die harmlosen Figuren jemandem Angst. Starke negative Emotionen und innere Bilder können sich sogar schon hier bemerkbar machen. Beispiele: Eine vermutlich traumatisierte und verbitterte Frau bewegte ihren Kopf mit Abscheu von den Figuren weg, die ich auf den Tisch legte, wollte sie nicht berühren. Eine andere Klientin, die unter einem Vergiftungswahn litt, fragte als Reaktion auf den Anblick der kindlich-lieblichen Spielfiguren: „Sind die bös?“
Oft bekommt der Klient eine Idee, wie er die Figuren im Sinn einer guten Lösung umstellt.
Manchmal ist es, als würden die Figuren lebendig. Mancher ist so beeindruckt von der Sprache der Figuren, dass meine Andeutung auf fruchtbaren Boden fällt: „Wenn schon die kleinen Figuren uns so viel sagen können - wie viel mehr zeigt dann eine Aufstellung mit echten Menschen. Die können uns sagen wie es ihnen geht, und die können sich bewegen.“