Читать книгу Das verborgene Glück - Dr. med. Günther Montag - Страница 24
Die Weisheit der Spinnen
ОглавлениеSascha, 15, leidet seit zwei Jahren unter einer Spinnenphobie. Er hatte Angst, in sein Zimmer zu gehen, weil dort Spinnen sein könnten. Einmal redete er mit einem Freund darüber. Der bekam eine eigentümliche Eingebung und fragte: „Sind es männliche oder weibliche Spinnen, vor denen Du Angst hast?“ Saschas Antwort: „Weibliche Spinnen.“
Dieses kleine Gespräch brachte Sascha auf eine merkwürdige Idee. Das nächste mal, als er in seinem Zimmer war, stellte er sich vor, es wäre außer den weiblichen Spinnen auch noch eine männliche Spinne da, um ihn zu beschützen. Und auf einmal hatte er keine Angst mehr vor den Spinnen. Einmal hat er sogar eine Spinne in seinem Zimmer gesehen und sie ohne Angst vorsichtig mit einem kleinen Besen auf eine Schaufel befördert und nach draußen getragen. Es war gar nicht schlimm. „Spinnen sind ja auch ganz gewöhnliche Tiere“, emailte er dann seinem Freund. Sascha kann nun in seinem Zimmer gut schlafen.
Natürlich war das Ganze nicht zufällig. Saschas Eltern leben getrennt. Unbewusst klammert sich in solchen Fällen manchmal die Mutter an einen Sohn. Das nimmt manchmal sogar erotische Züge an. Eine Spinnenphobie weist oft auf sexuelle Gefühle und Ängste hin.
Für einen Jungen hilft die geistige Nähe zu seinem Vater, und zu den Männern überhaupt, sozusagen die männliche Kraft, um dem unbewussten weiblichen Klammergriff zu entgehen. Vielleicht hat darum der Gedanke an eine männliche Spinne Sascha geholfen. Er hat bei dem Wort „männlich“ an seinen Vater gedacht – und das hat ihm Sicherheit gegeben. Der Vater darf nun auch da sein.