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Wer zum Wein geht, geht zur Mutter

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Sonja geht wegen Panikattacken mit Herzrasen und Krankheits­ängsten oft zum Arzt. Außerdem geht sie oft in eine religiöse Gemeinschaft, liest theologische Schriften, hat schöne Erlebnisse mit der Nähe Gottes und möchte allen Menschen davon erzählen. Ein bisschen übertreibt sie das, meint ihr Mann, mit dem sie vier Kinder hat. Und heimlich trinkt sie manchmal etwas zu viel Wein. Wohin zieht es Sonja wirklich?

Sonja hat mit elf Jahren ihre Mutter verloren, die drogensüchtig war. Sie sah oft die Mutter benebelt am Boden liegend, wollte helfen und konnte es nicht.

Einmal standen in meiner Praxis kleine Figuren auf dem Tisch herum. Ich stellte sie wie als Spielfiguren hin: Sonja in der Mitte, rechts näher an ihrer Seite den Vater, links weiter weg die Mutter. Mir kam die Frage: „Wen möchtest Du am liebsten umarmen?“ Plötzlich fing Sonja zu weinen an, sagte „die Mama“, und ging einen in merkwürdigen Zustand, wie eine Trance. Ich wusste gar nicht ob sie mich noch hören konnte, und sagte so etwas wie „liebe Mama, jetzt seh ich Dich. Ich bin Dein Kind. Du bist meine Mama. Ich hab Dich lieb“.

Später sagte Sonja, sie sei durch Schmerz, Angst, Wut und Liebe und tiefe Erinnerungen gegangen und wäre ein Stück näher zu ihrer Mutter gekommen.

Im Lauf der Therapie gab es noch ähnliche Phasen. Nach und nach verdaute dabei Sonja das Schmerzliche das sie mit ihrer Mutter erlebt hatte, und entwickelte Verständnis für sie und ihre Familie, da waren noch einige drogensüchtig, und es schien, die Mutter wurde einfach mitgerissen. Sonja holte die Trauer nach, die ihr als Kind nicht möglich war.

Im Lauf der Monate erkannte Sonja ihr eigenes heimliches Alkoholproblem und hatte immer öfter und längere trockene Phasen. Die Krankheitsangst nahm ab. Sonja schraubte die Aktivität für die Religion auf ein „normales“ Maß zurück, wurde viel ruhiger, brauchte weniger Angstmedikamente, später keine mehr, und wandte sich mehr ihrem Mann zu.

Ich sehe Sonjas anfängliche Angst als Abwehr der aus der Tiefe hochkommenden Gefühle von Wut, Schmerz, Trauer und Liebe zur Mutter. Ihre Frömmigkeit wie auch die Sucht deute ich als unbewusste Suche nach der Mutter. Ich freue mich mit ihr und ihrer Familie über die gute Entwicklung.

Das verborgene Glück

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