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Was unseren Darm stresst


Wenn es uns nicht gut geht, macht sich der Bauch häufig bemerkbar. Uns schlägt etwas sprichwörtlich auf den Magen, wir haben bestimmte Dinge noch nicht richtig verdaut oder etwas in den „falschen Hals“ gekriegt. Ernährungs-Doc Jörn Klasen erklärt, wie Kopf und Bauch zusammenhängen.

Wenn unangenehme Dinge bevorstehen, grummelt es bei vielen Menschen im Magen. Wie kommt das?

Es gibt einen Zusammenhang zwischen unserem Gehirn und dem Magen-Darm-Trakt. In den Verdauungsorganen sitzen hundert Millionen von Nervenzellen, die nicht nur vom Kopf gesteuert, sondern von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden. Geraten wir zum Beispiel in eine Situation, die uns stresst, reagiert der Bauch darauf mit Beschwerden.

Was passiert dabei im Körper?

Die Natur hat den Menschen so angelegt, dass er in der Steinzeit überleben konnte. Drohte Gefahr durch wilde Tiere, musste er sich blitzartig zwischen Flucht und Angriff entscheiden. Beides erfordert Energie, die durch die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol bereitgestellt wird. Dadurch wird die Atmung beschleunigt, die Muskeln werden besser durchblutet und der Pulsschlag erhöht sich. Die nötige Energie muss da abgezogen werden, wo sie nicht dringend gebraucht wird – zum Beispiel im Verdauungstrakt.

Welche Folgen hat das?

Die Verdauung gerät ins Stocken. Unwohlsein, Bauchgrummeln, Verstopfung oder Durchfall sind die Folgen. Stress im Job, eine Prüfung, Familienkonflikte oder eine aufregende Reise sorgen für Adrenalinausschüttungen. Auch Darmbakterien reagieren sensibel auf Ärger. In Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich die Darmflora unter seelischem Druck verändert. Krank machende Bakterien treten häufiger auf, gute verschwinden. Auf die Dauer kann Stress das Reizdarmsyndrom auslösen. Die sogenannten CED-Krankheiten, also chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, entstehen zwar nicht primär durch seelische Konflikte. Diese können den Verlauf aber beeinflussen. Denn die Beschwerden wirken auf die Psyche und können belastend sein.

Was kann man dagegen tun?

Man sollte versuchen, den Stress zu reduzieren und ihn auf gesunde Weise abzubauen. Am besten sind viel Bewegung, regelmäßige Entspannung und eine ausgewogene Ernährung, die individuell passt. Kommt man allein nicht aus dem Dauerstress heraus, kann auch eine psychotherapeutische Begleitung hilfreich sein.

Welche Bedeutung hat das Gehirn für den Stoffwechsel?

Früher ging man davon aus, dass der Mensch fast ausschließlich vom Gehirn gesteuert wird. Das sollten wir nun hinterfragen. Denn die moderne Forschung zeigt, dass wir zwei Systeme haben: das Nerven-Sinnes-System mit dem Gehirn als Zentrum und das Stoffwechsel-Bewegungs-System mit dem Darm als Zentrum. Unser Bauch beherbergt gleich nach dem Gehirn die meisten Nervenzellen und steht über den Nervus vagus in regem Austausch mit dem Gehirn.

Wie merken wir das?

Der Nervus vagus ist ein Teil unseres vegetativen Nervensystems, das alle Dinge kontrolliert, für die unser Gehirn zu „dumm“ ist – nämlich die vielen sehr kom- plizierten Stoffwechselvorgänge. Ein wesentliches Zentrum dieses Nervensystems ist das Sonnengeflecht (Solarplexus), das hinter dem Magen liegt. Schon bei Säuglingen können wir erkennen, wie Darm und Hirn zusammenarbeiten. Das seelische Wohlbefinden ist stark vom Stoffwechsel abhängig. Auch im späteren Leben merken wir diesen Zusammenhang noch, wenn wir beispielsweise einmal „die Hosen voll“ oder „Schmetterlinge im Bauch“ haben.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Die Forschung der letzten fünf Jahre hat gezeigt, dass die Zusammensetzung unserer Darmflora mit ihren mehr als 150 verschiedenen Bakterienarten einen erheblichen Einfluss auf bestimmte Hirnareale nimmt. Diese Regionen haben viel mit unseren Stimmungen und dem Umgang mit Stress zu tun. 2015 konnte die Situation von depressiven Patienten durch eine Kombination von zwei Bakterien (Bifidobacterium bifidum und Lactobacillus acidophilus) verbessert werden. Das könnte bedeuten, dass Depressive künftig ganz anders therapiert werden als heute.

Was den Darm sonst noch belastet

+Nicht nur die Seele stresst den Darm. Auch Zusatz-, Farbstoffe, Emulgatoren, Verdickungs- und Füllmittel können belasten. Meiden Sie deshalb verarbeitete Lebensmittel – insbesondere solche mit E 433 oder E 466, weil diese Zusatzstoffe chronische Darmentzündungen auslösen können. Welche E-Nummern wo enthalten sind, ist nicht ohne Weiteres zu erkennen. Wer sichergehen will, sollte Bio-Produkte verwenden. Darin sind Farb- und Süßstoffe sowie Stabilisatoren und Geschmacksverstär- ker nicht erlaubt.

+Unangenehm kann es für den Darm auch werden, wenn man abends gänzlich auf Kohlenhydrate verzichtet, um abzunehmen. Das führt dazu, dass jemand vor dem Schlafengehen nur noch Salat isst oder Rohkost knabbert. Besser: die Kohlenhydrate insgesamt reduzieren und in kleinen Mengen flexibel je nach Bewegung über den ganzen Tag verteilen. Denn Rohkost und Salate am Abend bedeuten Schwerstarbeit für den Darm. Muss er nachts hart arbeiten, wird der Schlaf gestört und das Wohlbefinden beeinträchtigt. Besser ist deshalb abends zum Beispiel eine Gemüsesuppe mit Eiweißeinlage.

+Wer Ballaststoffe schlecht verträgt, sollte Nüsse und Samen einweichen, Gemüse kochen und Mehl mit niedrigem Ausmahlungsgrad verwenden (mit dem Ausmahlungsgrad sinkt der Ballaststoffgehalt).

+Vorsicht ist auch bei rohen Lebensmitteln geboten, die sogenannte Lektine (wie Phasin) oder Solanin enthalten. Das sind natürliche Gifte in Kartoffeln und Hülsenfrüchten. Davor sollten Sie sich schützen, indem Sie Triebe und grüne Stellen an Kartoffeln großflächig entfernen und Hülsenfrüchte nicht roh essen.

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