Читать книгу Der 12 Romane Krimi Koffer Juni 2021 - Earl Warren - Страница 55

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Archibald Duggan wollte den Arm bewegen, aber es gelang ihm nicht. Er wurde davon munter, öffnete die Augen und sah das lächelnde Gesicht der hübschen Blondine über sich.

Es war hell in dem kleinen Zimmer. Sonnenstrahlen spielten an der Wand auf den angestrichenen Bretterwänden.

Archibald seufzte und wollte den Arm wieder bewegen, aber Janet hielt ihn mit beiden Händen fest und lachte kichernd.

„Du schläfst wie ein Bär“, sagte sie, legte sich neben ihn und hielt ihn mit Händen und Füßen fest. Die Hitze ihres Körpers ging auf ihn über.

Archibald griff nach ihren Hüften und hob sie auf. Sie lachte schrill, klammerte sich an seine Oberarme, aber es half ihr nichts. Er stellte sie neben dem Bett auf den Boden und setzte sich.

„Was hast du denn?“, fragte das Mädchen. „Er kommt vor dem Nachmittag nicht zurück, Archibald.“

„Arbeitest du nur, wenn er hier ist?“

„Nein. Er ist selten hier.“

„Na also.“ Archibald stand auf und wollte an ihr vorbei, aber sie hielt ihn fest, schmiegte sich an ihn und flüsterte: „Wenigstens noch ein paar Minuten!“

Er blickte an ihrem Kopf vorbei und sah draußen vor dem kleinen Fenster das große Plateau, umrahmt von grauen Felsen, einer großen Abraumhalde, den Stolleneingängen der Mine, und den schäbigen Hütten, in denen die Arbeiter lebten. Es waren zum größten Teil jene anspruchslosen Indios, die weder lesen noch schreiben konnten und nicht wussten, dass sie fast wie Sklaven gehalten wurden. In der Ferne leuchtete ein Gletscher zwischen den Felsen und dem stahlblauen Himmel Boliviens.

„Was hast du denn?“, fragte Janet.

Archibald schob sie zurück. Sie hatte ein schönes Gesicht, eine schmale Nase und geschwungene Brauen über hellen Rehaugen, und sie war fast so groß wie er selbst.

Janet machte sich frei, drehte sich um und ging zu einem großen Spiegel, vor dem ein Hocker stand. „Dann eben nicht“, sagte sie, setzte sich auf den Hocker und kämmte ihr langes Haar, in dem Funken zu sprühen schienen.

Archibald zog sich an, blieb dann hinter ihr stehen und fragte: „Wie viele Weiße leben ständig hier oben?“

„Ich und der Vorarbeiter.“ Sie legte den Kamm auf den kleinen, angenagten Tisch neben dem Spiegel und stand auf.

Archibald Duggan sah ihre Brüste im Spiegel und das jähe Lächeln in ihren Augen.

„Hast du Angst vor dem Vorarbeiter?“

„Er weiß sicher, dass du Abwechslung liebst“, gab Archibald Duggan zurück.

„Genau, Archi. Und er weiß auch, dass ich nicht mit ihm verheiratet bin.“ Sie ging an ihm vorbei.

Archibald Duggan blickte sich im Spiegel an. Er trug ein Buschhemd, eine Leinenhose und eine dünne, helle Jacke. Er strich sich das an den Schläfen angegraute dunkle Haar zurück, ging zu der Tür neben dem Tisch und öffnete sie. Dahinter lag Janets Büro, ein primitiv eingerichteter Raum mit einem Telefon, einer Schreibmaschine und einem Rechner, der noch mit einer Handkurbel zu bedienen war. Ein wurmstichiger Schreibtisch und ein eiserner Aktenschrank vervollständigten das Minenbüro, in dem sie praktisch die erste und einzige Kraft war.

Archibald hörte Stoff rascheln und blickte über die Schulter. Janet zog ihr Kleid auf die nackte Haut und zog sich den Reißverschluss zu.

Er ging durch das Büro und verließ die Baracke.

Der Vorarbeiter kam aus einem Stollen und über das Plateau. Er war ein wuchtiger Ire mit schrankbreiten Schultern und einem quadratischen Schädel. Er blickte Archibald böse entgegen, und Archibald Duggan wusste, warum. Er lehnte sich an die Wand der Baracke und wartete.

Der Vorarbeiter blieb vor ihm stehen und knurrte: „Wann kommt Sheppard wieder?“

„Heute oder morgen. Sicher heute.“

Der Vorarbeiter fluchte leise und blickte auf das kleine Fenster, neben dem Archibald Duggan lehnte.

In der Baracke trällerte Janet ein Lied.

„Die ist ziemlich aufgekratzt“, brummte der Vorarbeiter. „Ist sie selten.“

„Kein Wunder.“

„Was?“ Der Vorarbeiter legte die Stirn in Falten und warf die Lippen auf.

„Ach, nichts weiter.“ Archibald stieß sich von der Wand ab und blickte auf ein paar Indios, die eine Lore aus einem Stollen schoben und dem Förderband zustrebten, das vom Plateau bis über die Abraumhalde reichte.

Der Vorarbeiter drehte sich um und schrie: „Bewegt euch ein bisschen, ihr faulen Halunken!“

Die Indios reagierten nicht, weder mit Worten noch durch schnellere Bewegungen.

„Los, los, ihr Teufelspack!“, brüllte der Vormann. „Sonst mache ich euch Beine!“ Er fluchte abscheulich und ging auf die Indios zu.

Archibald schaute ihm nach, kreuzte die Arme vor der Brust und lehnte sich wieder an die Barackenwand.

Der Vorarbeiter beschimpfte die Indios noch, als er sie schon erreicht hatte, schlug einen von ihnen zusammen, packte einen anderen und warf ihn auf das Förderband. Der Indio wurde von dem Band ein Stück mitgenommen, dann sprang er herunter. Der Vorarbeiter fiel über ihn her und hieb ihm die Faust ins Gesicht, und der Arbeiter stürzte auf das Geröll, das herumlag.

Janet war aus der Baracke gekommen und sagte: „Jetzt lässt er den ganzen Dampf ab, der sich die Nacht über bei ihm gesammelt hat.“

Archibald ging über das Plateau.

Der Vorarbeiter schlug eben den dritten Indio zusammen, der offenbar nicht daran dachte, sich zu wehren.

Ein paar Frauen, alles Eingeborene, waren aus Hütten gekommen und folgten der grässlichen Szene mit unbewegten Gesichtern.

Archibald hörte hinter sich das Telefon klingeln, während sich der bullige Vormann vor ihm aufrichtete und mit dem Arm über seine Nase wischte.

„Jetzt wir zwei“, sagte Archibald. „Los, komm her!“

Der Ire begann tückisch zu grinsen, spuckte auf den Boden und stieg über die Feldbahnschiene. Archibald sprang ihn so plötzlich an, dass er überrascht wurde und keine Abwehrbewegung mehr machen konnte. Archibald Duggans Hieb traf ihn auf die Nase und ließ ihn heulend aufschreien, rückwärts taumeln und gegen die beladene Lore prallen.

Die drei Indios waren aufgestanden und traten zurück. Dem einen lief Blut aus der Nase, aber er schien es nicht zu merken.

„Ich mache dich fertig!“, zischte der Vorarbeiter, senkte den gewaltigen Schädel und rannte vorwärts.

Archibald sprang zur Seite und donnerte dem Iren die Handkante ins Genick. Der Vorarbeiter strauchelte, fing sich und fuhr herum. Und als er den Kopf hob, schlug Archibald erneut zu, traf ihn gegen das Kinn, dass es krachte, zog die Faust zurück und schlug blitzartig erneut zu. Wieder traf er den Iren ins Gesicht. Der Mann taumelte, blieb mit rudernden Armen fluchend stehen, senkte den Schädel und rannte wieder vorwärts.

Archibald krümmte sich zusammen und fing den Vorarbeiter mit der Schulter auf. Er stieß ihn zurück, setzte nach, blockte den Hieb des Iren mit dem linken Unterarm ab und setzte ihm einen Schwinger nach. Der Ire strauchelte, bekam einen Schlag auf die Nase und noch einen Kinnhaken. Archibald dachte schon, der Kerl würde umfallen, aber der senkte den Kopf und rannte wieder vorwärts. Archibald wollte zur Seite springen, stieß gegen das Geröll und konnte nicht weg. Da rammte ihm der Vorarbeiter den Kopf in den Leib. Er flog rückwärts und prallte gegen die Lore. Der Vorarbeiter senkte den Kopf wieder und kam ihm nach. Archibald ließ sich fallen, sah die Beine des Iren auf sich zukommen und hörte, wie der Kerl mit dem Kopf gegen die Lore knallte.

Der Vorarbeiter schwankte, seine Knie knickten ein, und langsam ging er zu Boden.

Archibald Duggan stand auf, schlug sich den Schmutz von der Hose und blickte auf die drei Indios, die noch immer mit unbewegten Gesichtern in der Nähe standen und nichtssagend auf ihn blickten.

Er wandte sich ab und ging zur Bürobaracke zurück, neben der Janet wieder aufgetaucht war.

„Sie haben aus La Paz angerufen“, sagte das Mädchen. „Sheppard ist nicht angekommen. Sie wollten wissen, ob er noch hier ist oder erst heute früh gefahren sein könnte. Verstehst du das?“

Archibald lehnte sich an die Ecke der Baracke und schaute das Mädchen an.

„Er hätte ungefähr gegen Mitternacht in der Stadt sein müssen“, setzte Janet hinzu. „Es gibt unterwegs auch kein einziges Haus an der Straße, in dem er geblieben sein könnte. – Verstehst du das, Archibald?“

„Das hast du schon mal gefragt. Nein, ich verstehe es nicht.Vielleicht haben sie eine Panne. Das soll ja vorkommen.“ Archibald Duggan wandte sich um und blickte auf den Buick, den er in der Stadt gemietet hatte, und der drüben neben dem Lagerschuppen stand.

„Sie wollen jedenfalls die Polizei verständigen“, sagte Janet und zuckte die Schultern. „Sie wollten noch wissen, ob sein Leibwächter mitgefahren wäre. Ich hab gesagt, sein Gorilla und der Fahrer.“

„Gorilla, hast du das wirklich gesagt?“ Archibald lächelte das blonde Mädchen an.

„Nein, natürlich nicht.“

Archibald Duggan schaute über das Plateau. Der bullige Ire stand an der Lore auf und blickte auf die Indios, die wie zu Stein erstarrt noch immer auf der Feldbahnschiene standen. Dann schleppte der Vorarbeiter sich an den Männern vorbei und verschwand im ersten Stollen.

„Wie heißt er eigentlich?“, fragte Archibald.

„Hank Wynn. – Was machen wir denn nun wegen Sheppard?“ Janet strich sich eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht. „Wir müssen doch was machen, oder?“

„Wir können ja ein Stück die Straße hinunterfahren. Vielleicht hat er wirklich eine Panne.“

„Es gibt Guerillas im Urwald, falls du davon noch nichts gehört haben solltest“, erwiderte das Mädchen.

Archibald lächelte wieder. „Davon redet man in der ganzen Welt, Janet. Warum sollte ausgerechnet ich nichts davon gehört haben. Na ja, du kannst auch hierbleiben. Ist vielleicht besser.“ Er ging zum Lagerschuppen und setzte sich in den Buick. Der Zündschlüssel steckte in der Lenksäule. Archibald drehte ihn herum und startete den Motor, der rumpelnd ansprang und eine Rauchwolke aus dem Auspuff schickte.

Janet kam über das Plateau gerannt und blickte in den Wagen. „Ich habe natürlich keine Angst, Archibald. Warte, ich sage nur Hank Bescheid, dann komme ich mit!“

Der 12 Romane Krimi Koffer Juni 2021

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