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Die Straße beschrieb einen Bogen, die Bäume wurden höher, und auf einmal reichte das Sonnenlicht nicht mehr bis auf das Betonband, das hinein in den dichten Urwald führte.

„Dort!“, rief Janet und stieß mit dem Finger gegen die Scheibe.

Archibald trat auf die Bremse und brachte den betagten Buick hinter dem ausgebrannten Wagen und dem auf der Straße liegenden Baum zum Stehen. Er tastete über seine Jacke, spürte die Pistole in der Innentasche und blickte draußen auf die dicken Baumstämme und die Lianen, die die Sicht ins Dunkel des Urwalds versperrten. Dann wanderte sein Blick zu dem ausgebrannten Wrack zurück, und er sah die Toten. Er blickte abermals rechts und links auf den Wald.

Nirgends bewegte sich etwas.

Archibald öffnete den Schlag, zog die Pistole aus der Innentasche der Leinenjacke und entsicherte sie. Er warf dem Mädchen einen kurzen Blick zu und hatte den Eindruck, als wäre sie eher neugierig als ängstlich.

„Bleib sitzen, Janet.“

„Warum denn?“ Sie öffnete die quietschende Tür und stieg aus. „Da drin bin ich nicht sicherer als hier draußen. Und außerdem, ich bin kein Kapitalist.“

„Der Fahrer und der Gorilla waren auch keine“, gab Archibald Duggan zurück, stieg aus und näherte sich dem Wrack. Die Farbe war verbrannt, das Blech hatte sich unter der Einwirkung der Hitze verbogen, und die Scheiben waren geplatzt und sahen milchig aus, großen Spinnweben gleich. Die Toten lagen ausgestreckt auf dem Boden, der eine mit dem Gesicht nach unten, der andere blickte mit seinen gebrochenen Augen in die Wipfel der Bäume, die sich über der Straße gegeneinander neigten. Im Wagen waren die Polster verbrannt und die Armaturen geplatzt. Federn sprossen aus verbrannten Stoffresten.

„Ist er mit dem Wagen verbrannt?“, fragte Janet, die sich genähert hatte und auf den Wald blickte.

„Nein, sieht nicht so aus.“ Archibald wandte sich um, blickte über die Straße und ging auf die Lianen zu, die sich bis an das Betonband schoben und an einer Stelle abgerissen auf dem Boden lagen.

„Wir sollten hier auf die Polizei warten“, sagte Janet.

Archibald drang tiefer in das Dunkel ein, sah ein paar Geschosshülsen auf dem Boden herumliegen, ein Stück Stoff und einen abgerissenen, schwarzen Knopf, den er aufhob.

Spuren zogen sich in das Dunkel hinein.

„Archibald, lass uns auf die Polizei warten!“, rief Janet von der Straße herüber.

Archibald Duggan blickte noch einen Moment in das fahle Dunkel vor sich, dann ging er zurück.

Janet stand neben dem ausgebrannten Wagen und den beiden Leichen, die Schultern fröstelnd zusammengezogen, obwohl es sehr schwül hier war. Sie rieb sich über die Oberarme mit gekreuzten Händen und sah nun doch ziemlich bleich aus. Sie lächelte verlegen und sagte: „Sie haben ihn verschleppt, was?“

„Ja.“

„Die Urwald-Lady.“ Janet lachte leise.

„Was?“

Janet ließ die Hände sinken. „Hast du das noch nicht gehört?“

„Nein.“

„Alle behaupten, eine Frau würde die Guerillas anführen, die hier irgendwo stecken müssen. Ein Schätzchen für eine Million bolivianischer Pesos!“

„Eine ganze Million?“

„Ja.“ Janet nickte. „Für ihren Kopf, ob er noch auf ihrem Hals sitzt oder auch nicht.“

„Und wie heißt sie?“

Janet hob die Schultern an. „Das weiß keiner. Sie haben noch nicht mal eine Ahnung, wie sie aussieht. Aber sie sind von ihr angerufen worden, Verfolgte wollen ihre Stimme gehört haben, sie malen Bilder von ihr, die Rebellen in den Städten. Es ist ein tolles Durcheinander um sie. Schließlich wurde sie Urwald-Lady genannt. Ihre Verehrer malten sie mit Castro-Mütze und Stern, mit langem, schwarzem Haar und großen Augen, so wie die schönsten Frauen hier aussehen.“

„Das ist schon eine Art Legende“, sagte Archibald.

„Ja, so ungefähr. Und gerade vor so etwas hat die Regierung panische Angst. Vielleicht wurde die Million Pesos deshalb ausgesetzt. Und vielleicht gibt es die Urwald-Lady gar nicht. Ich meine, vielleicht ist es nur irgendein Mädchen, das Nachrichten übermittelt, wenn es notwendig wird, und nichts weiter.“

Archibald ging zu dem Buick zurück, setzte sich hinter das Lenkrad und klappte die Tür zu.

Janet war ihm gefolgt, lehnte sich aber draußen an den Wagen und blickte herein.

„Wann kann die Polizei von La Paz hier sein?“, fragte Archibald.

„Sie müsste jeden Moment kommen, wenn sie sich ein bisschen beeilt hat. Sie werden eine Menge Fragen stellen. Gegen Ausländer sind sie doppelt misstrauisch, seit damals die Geschichte mit dem Kubaner war. – Wir hätten vielleicht in der Mine bleiben sollen.“

„Sie hätten dort am Ende die gleichen Fragen gestellt“, erwiderte Archibald. „Es ist ja auch komisch genug.“

„Was?“

Archibald blickte das blonde Mädchen an. „Dass Sheppard hier überrascht wurde. Mitten in der Nacht. Irgendwer muss ihnen doch geflüstert haben, dass es sich lohnen würde, ihn hier in der Nacht zu erwarten.“

„Die Straße führt von La Paz zur Mine“, erklärte Janet. „Und sonst an keinen anderen Ort der Welt. Wenn die Rebellen wussten, dass Sheppard unterwegs ist, dann war alles andere einfach für sie. Denn hier sind erfahrungsgemäß niemals zwei Personenwagen gleichzeitig unterwegs. Und die Lkws der Mine fahren auch nicht jeden Tag. Aber das weißt du doch alles.“

„Ja-ja.“

Janet ging um den Wagen herum, stieg ein, ließ die Tür aber offen und hängte die langen Beine hinaus. „Die lassen ganz schön auf sich warten.“

„Trotzdem“, sagte Archibald Duggan gedehnt.

„Was?“

„Trotzdem müssen die Rebellen gewusst haben, dass Sheppard unterwegs ist.“ Archibald Duggan blickte das blonde Mädchen neben sich an. „Wer wird das alles gewusst haben?“

Janet lächelte. „Ich, zum Beispiel. Und in der Zentrale des Konzerns in La Paz vielleicht ein ganzes Dutzend Menschen, oder zwei Dutzend, oder noch mehr!“

Archibald blickte wieder auf das ausgebrannte Wrack, hörte entfernte Geräusche, sah, wie sich Äste bewegten und in den Wipfeln ein Schatten von einem Baum zu einem anderen sprang.

Laut drang das Heulen einer Polizeisirene in den Wald herein.

„Die machen alles mit so viel Krach, dass sie die Rebellen niemals überraschen können“, sagte Janet und gähnte. „Bist du auch so furchtbar müde?“

„Nein.“

„Mir ist es, als hätte ich letzte Nacht noch nicht mal eine Stunde geschlafen.“

Das Heulen der Sirene wurde lauter und lauter und schallte aus dem Wald zurück.

„Die wecken die Toten auf“, sagte Janet.

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