Читать книгу Ich zähle jetzt bis drei - Egon Christian Leitner - Страница 14

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Die Frau, die mit ihrer 90-jährigen Mutter seit Tagen nicht telefonieren kann, weil die Pflegeverantwortlichen das nicht wollen. Die Mutter ist aus einem Corona-verseuchten Pflegeheim evakuiert worden und das Heim zugesperrt. Die Mutter ist inzwischen wiederholt getestet worden, laut Auskunft der Pflegeverantwortlichen, und nach wie vor Corona-frei. Man stellt aber kein Telefon zur Verfügung und das eigene Handy der Mutter ist bei der Evakuierung verloren gegangen. Darf das sein, dass Mutter und Tochter nicht einmal telefonieren können miteinander? Das von der Regierung erlassene allgemeine Besuchsverbot, die sogenannte soziale Distanz, die de-facto-Isolation wurden unter seelischen Qualen von Mutter und Tochter selbstverständlich eingehalten und selbstverständlich mittels Telefon auszugleichen versucht. Die Mutter war nämlich in kein Heim abgeschoben worden, sondern das für sie irgendwie angenehmste Heim war ausgesucht worden und sie war selbstverständlich immer besucht worden und das geschah voller Liebe und ist lebens- und geisteswichtig für die Mutter. Man hat sich familienseits dann aber jedenfalls an alles gehalten, was die Regierung samt Parlament beschlossen und verordnet hat. Aber die Regierung samt Parlament – die, die haben sich nicht daran gehalten, dass der Schutz von Pflegepatienten und Pflegepersonal wirklich unverzichtbar gewährleistet sein muss. Die Pflege in den Heimen erfolgt stattdessen ohne annähernd ausreichendes Schutzmaterial und wohl auch unkontrolliert, was die Hygienestandards betrifft zum Zweck der Infektionsprophylaxe. Also erzwungenermaßen fahrlässig wurde das Pflegesystem. Tendenziell bis ganz und gar. Hat man den Eindruck. Die Heime wurden offensichtlich für sehr viele Menschen zunehmend geschlossene Anstalten und Verzweiflungsorte, für die Bewohner eben, für die Familienangehörigen und für die professionell Pflegenden. Zuvor und zugleich hat die österreichische Corona-Regierung Informationswerbesendungen im ORF geschaltet en masse mit glücklichen vernünftigen Omas und ebensolchen Enkelkindern. Und die Politiker erzählten und erzählen öffentlich immer, dass auch sie selber, Lebensretter eben, auf ihre Kontakte verzichten mit ihren Eltern und Großeltern. Die, hoffe ich, daheim und geborgen sind. An dem ganzen Vorgehen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, ist, kommt mir vor, etwas Unrechtes, Gewaltsames und Grausames. Den Bedürftigen gegenüber. Den Heimbedürftigen nämlich, die sowohl das Heim brauchen als auch ihre Lieben aus der Familie. Öffentlich redeten und reden die Politiker zwar immer gegen Triagen, die wolle man nie und nimmer und verhindern müsse man die Triagen mit allen Mitteln und ja die alten Menschen schützen. Zugleich jedoch haben die verantwortungstragenden Politiker offenkundig falsch triagiert: nämlich: die Schutzmasken in die falschen Hände in den Supermärkten und hingegen keine Schutzmasken für die Pflegenden. Die Regierung hat, entgegen den üblichen Triageregeln bei Pandemien, nämlich dass im Interesse der gesamten Bevölkerung die Systemwichtigen besonders geschützt werden müssen, also z. B. Gesundheits-, Pflege- und Supermarktkräfte, diese Kräfte lange oder nahezu völlig ungeschützt gelassen. Was geschehen ist und weiterhin geschieht, war zweifellos absehbar. Den angerichteten Schaden an Leib und Leben, wer kann den wiedergutmachen? Der Pflegenotstand, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, war vor Corona da. Dann kam Corona. Und von der Regierung nichts.

Ich zähle jetzt bis drei

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