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1.3.1. Ältere Forschung: Übersetzte riddarasögur
ОглавлениеIn das heterogene Korpus der übersetzten riddarasögurriddarasögur, d.h. zunächst altnorwegischer Adaptionen kontinentaler höfischer Stoffe, wurde bereits im vorangegangenen Kapitel eingeführt. Die kanonisierende Ausgrenzung, von der Glauser in Bezug auf übersetzte Texte spricht, ist in der Dichotomie übersetzt vs. originär verankert: Übersetzungen werden als „voraussagbar triviale Verfallsprodukte“1 betrachtet. Diese rezeptionsästhetische Wertung ist implizit auf den originalzentrierten Text- und Gattungsbegriff zurückzuführen. Gerade hinsichtlich der Bedeutung der Hauptgattungen der westnordischen Literatur, der Skaldik, der Edda und der Saga als Medien zur Konstruktion des norwegisch-isländischen kulturellen Gedächtnisses lässt sich die Präferenz der älteren Forschung erklären, die Adaptionen epigonaler Gattungen, fremder narrativer Modi und unbekannter Protagonisten als „ästhetisch anspruchslose Texte“2 aufzufassen.
Das Interesse der älteren Forschung richtete sich demnach zunächst auf die texteditorischen sowie quellenhistorischen Aspekte der übersetzten riddarasögurriddarasögur. Zu nennen sind hier die immer noch grundlegenden Arbeiten der Forscher Carl Richard Unger und Gustaf Cederschiöld,Karlamagnús saga ok kappa hansriddarasögur3 auf deren Texteditionen der riddarasögur auch heute noch zurückgegriffen wird. Einen wichtigen Beitrag zu den quellenhistorischen Fragen der einzelnen Sagas stellen die zahlreichen Publikationen Eugen Kölbings dar.riddarasögur4 Im Folgenden wird zunächst die Entwicklung der riddarasögur-Forschung kurz skizziert, um anschließend auf die neuesten Tendenzen einzugehen.
Mit dem Ausgangspunkt in den intertextuellen Verschränkungen der übersetzten riddarasögurriddarasögur mit dem kulturellen Rahmen der mittelalterlichen europäischen Literatur befassen sich Forscherinnen wie Marianne E. Kalinke und Geraldine Barnes, deren Arbeiten sich schon frühzeitig als wegweisend in der riddarasögur-Forschung erwiesen. So stellt Barnes die Gattung riddarasögur nicht nur in die Nähe der íslendingasögur und des französischen höfischen Romans, sondern sieht in ihnen Parallelen zum Fürstenspiegel, dem englischen und französischen Prosaroman des 15. Jahrhunderts und dem mittelenglischen Versroman.riddarasögur5 Auch Marianne E. Kalinke untersucht in zahlreichen Abhandlungen detailliert die Rezeption arturischer Versromane in Skandinavien.6
In seiner 1982 erschienen Dissertation kritisiert Bernd Kretschmer den Mangel an konkreten Untersuchungen der einzelnen Texte mittels moderner literaturwissenschaftlicher Methoden.7 Auch Jürg Glauser postuliert noch im Jahre 1998 in seiner Publikation zu Textüberlieferung und Textbegriff im spätmittelalterlichen Norden, es sei für den Stand der Altnordistik symptomatisch, dass
die zwei bisher deutlichsten Reaktionen auf die Herausforderung des mediävistischen Textverständnisses, die spätestens durch die internationale Diskussion über Bernard Cerquiglinis Buch Éloge de la variante hervorgerufen wurde, hauptsächlich auf die editionstechnischen Aspekte des Komplexes eingingen […], während die mehr texttheoretischen Implikationen der New PhilologyNew Philology bisher ausgeklammert wurden.8