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2.2. Translation Studies – Übersetzen im Mittelalter

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Die Übersetzung als „Medium des Transfers und geistiger Ort der Begegnung über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg“1 gehört nicht erst seit dem Zeitalter der Globalisierung zu einem wichtigen Faktor der Interkulturalität. Beinahe jede Kultur übertrug Texte aus anderen Kulturen in das eigene soziale Umfeld, transformierte, adaptierte und tradierte sie weiter. Die Übersetzung literarischer Texte „als spezifischer Formen des individuellen und kollektiven Wahrnehmens von Welt“2 führte zur Herausbildung eines Forschungsgebietes, das in seiner Komplexität und Divergenz ein einheitliches systematisches Vorgehen unmöglich macht. So wird zu Recht betont, dass in Anbetracht der relativen „Unbestimmtheit des Übersetzungsbegriffs sowie der Vielfalt theoretischer Grundannahmen, Untersuchungmethoden und Zielsetzungen“3 die Übersetzungsforschung interdisziplinär sein muss.

Bei der Entwicklung der altnordischen Literatur waren Übersetzungen und Adaptionen ebenfalls „an integral and ongoing part […] from its earliest beginning“.riddarasögur4 An dieser Stelle ist es unabdingbar, Begriffe wie Übertragung und Übersetzung zu präzisieren, die für diese Arbeit zentral sind: Unter Übertragungen, unter die auch der Begriff Übersetzung fällt, versteht man Reproduktionsprozesse, bei denen von einer Vorlage ein Reprodukt hergestellt wird; hierbei werden sowohl die Inhalte als auch Formen der Vorlage in einem anderen Medium oder in einem anderen gesellschaftlichen und sprachlichen Kontext verfügbar gemacht.5 Von einer Übersetzung spricht man, wenn dabei ein Sprachwechsel stattfindet.6 Demnach ist eine Übersetzung ein Vorgang, durch den „die Äquivalenz zwischen zwei Sprachen“7 hergestellt wird. Aber auch der in dieser Definition verwendete Begriff Äquivalenz bedarf selbst einer Klärung, ist doch die Äquivalenzfrage auf dem Gebiet der Übersetzungswissenschaft eine nicht unumstrittene.8 Die linguistisch-normativ orientierte Äquivalenzforderung der Translationslinguistik in Bezug auf textsemantische und -pragmatische Aspekte wird von den übersetzungstheoretischen Entwicklungen der Descriptive Translation Studies als verengend kritisiert, wohingegen die zielkulturellen Faktoren an Bedeutung gewinnen. Die Entwicklung hin zu einem kulturwissenschaftlichen Übersetzungsverständnis kulminierte im sog. translational turn, der über die traditionellen Übersetzungskategorien, wie etwa Äquivalenz oder Originaltreue, hinausgreift.9 Die seit den 1980er Jahren einsetzenden cultural turns10 haben in der Übersetzungsforschung einen weiten, kulturanthropologisch orientierten Übersetzungsbegriff für sich beansprucht, der auf die Problemfelder der Auseinandersetzung zwischen den Kulturen verweist,11 obgleich sie auch keinen revolutionären Paradigmenwechsel bewirkten. Der die einzelnen turns umfassende cultural turn ist hier nicht als ein obligatorisches holistisches theoretisches System zu verstehen, sondern als ein interpretatorisches Angebot, sich durch Perspektivenverschiebungen literarischen Werken anzunähern.12 Das kulturanthropologisch ausgerichtete Konzept der Übersetzung wird so zum Medium des interkulturellen Dialogs, welches auf der Analyse der kulturellen Differenzen und Übertragungsmethoden basiert, und somit zum interaktiven Prozess der wechselseitigen Beeinflussung.Holger Danske13

Karl der Große im Norden

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