Читать книгу Fehlinvestitionen - Elisa Scheer - Страница 4

3

Оглавление

Der Ball war wirklich besser gewesen als erwartet, zog Josie am nächsten Montag Bilanz. Mit Chris war es ganz lustig gewesen, seine blöden Freunde hatten nicht weiter gestört, seine Eltern waren regelrecht nett zu ihr gewesen, warum auch immer, und ihre eigenen Eltern hatten direkt dankbar gewirkt.

Vielleicht war die alte Collnhausen so dankbar, dass sie mit ihrem Sohn getanzt hatte, dass sie jetzt höflich zu Mama war – und Mama sich endlich bei Hofe akzeptiert fühlte?

In Waldstetten herrschten wirklich Verhältnisse wie am Kaiserhof anno 1900. Wenigstens fast.

Aber der Beitrag für die Festschrift zum Siebzigsten von Professor Brömmer war jetzt wichtiger. Josie las ihn noch zweimal Korrektur, besserte zwei Anmerkungen aus, froh, dass Janne heute nicht da war und hier Ruhe herrschte, schrieb den Schluss noch einmal um und schickte die Datei dann an die Unidruckerei, die alles zusammenfügen und repräsentativ drucken und binden lassen würde.

Sie räumte ihren Schreibtisch auf, korrigierte die Rechercheversuche ihrer Methodikübung und schrieb ein wenig an ihrer neuesten Veröffentlichung weiter.

Je länger die Liste der Veröffentlichungen, desto besser die Chancen im Uni-Betrieb.

In der Mailbox fand sie eine Anfrage des Mariengymnasiums: Ob sie bei einem Studieninformationstag im Juni das Fach Geschichte vorstellen wollte?

Hübsche Idee. Sie schickte eine etwas allgemein gehaltene Zusage zurück und schrieb weiter.

Für ihre Habilschrift sollte sie auch mal wieder etwas tun. Sie fischte sich aus den Kopienstapeln auf der Ablage hinter dem Schreibtisch die Unterlagen für das nächste Kapitel heraus und stopfte sie in ihre Tasche – für heute Abend.

Und morgen würde sie das Ludwigskroner Herzogsarchiv aufsuchen, dort musste es einige entscheidende Quellen geben.

Für heute reichte es ihr – sie hatte nur noch eine Stunde Sprechstunde, für die sich niemand in die Liste an ihrer Tür eingetragen hatte, aber sie beschloss, trotzdem bis ein Uhr zu warten.

Arbeiten mochte sie nicht mehr, also ging sie ins Internet und schaute sich zunächst an, wie das Spiel I am King aussah.

Kopfschüttelnd las sie sich die Regeln und die durchwegs hymnischen Beurteilungen durch und studierte das reiche Angebot an kostenpflichtigen Zusatzfeatures, mit dem man wahrscheinlich den Kindern das Taschengeld abknöpfte. Mit solchem Kram wollte Chris Geld verdienen?

Und Josie hatte nicht das Gefühl, dass er von solchen Spielen besonders viel verstand – er wollte wohl bloß der Finanzier sein. Das hatte er allerdings nicht gerade geschickt angestellt.

Was gab es denn über die Collnhausens im Netz zu lesen?

Immerhin lieferte Google jede Menge Einträge. Bestimmt waren sowohl Chris als auch Tessa bei Facebook zugange, aber Josie hatte sich darum bisher gedrückt.

Über den Vater berichteten vor allem Wirtschaftsdienste und die Online-Ausgaben diverser Business-Magazine. Günther von Collnhausen saß so ungefähr in jedem erreichbaren Aufsichtsrat und schien nach dem, was Josie ohne viel Sachkenntnis aus den Artikeln folgerte, von dem zu leben, was er für diese Tätigkeiten erhielt. Da konnte man das Vermögen schonen… Er war Mitglied in der Mittelstandsvereinigung und in der Local Agenda, was Josie nun doch als rechter Balanceakt erschien – die beiden Gruppierungen waren sich im Allgemeinen nicht freundlich gesonnen und sparten nicht mit Verunglimpfungen der jeweils anderen Vereinigung als „vorgestrig“ oder „aktionistisch.“

Papa war, soweit Josie informiert war, nur in der Local Agenda aktiv, zusammen mit Dominic Christen, Frederic Petersen, Jakob Hamm und verschiedenen anderen. Jüngere Firmeninhaber und Manager, die sich für schlanke Strukturen und sozial verträgliche Reformen einsetzten und immer nach neuen Ideen suchten.

Papa hatte ja auch keine ganz gerade Biographie – er hatte nach einem eher

mäßigen Abitur eine Banklehre absolviert, mit einer Finanzverwaltungssoftware viel Geld verdient, das Programm für ein Vermögen an ein einschlägiges Unternehmen verkauft und sich mit dem Erlös in verschiedene andere Unternehmen eingekauft. Da er auch dort ein Tüftler und Hobbyinformatiker blieb, entwickelte er auch weiterhin Verbesserungen, unter anderem eine sehr praktische Steuerungssoftware für Autowaschanlagen.

Josie grinste vor sich hin. Mit seinem Abizeugnis konnte Papa seine Töchter nicht beeindrucken, mit seinem Erfindungsgeist aber schon. Außerdem war er durch sein kluges Vorgehen steinreich geworden und ließ seine Kinder an diesem Reichtum auch gerne teilhaben.

Nur Josie zeigte nach seinem Geschmack zu wenig Interesse an einem Leben in Saus und Braus. Aber Papa protzte eigentlich nicht, überlegte Josie und trank den mittlerweile kalt gewordenen Kaffee aus. Bäh.

Naja, ein bisschen. Das größte verfügbare Auto musste es schon sein – und das Haus in Waldstetten war auch ein gewaltiger Bau. Aber alt und daher geschmackvoll. Und Mamas Schmuck und Pelze, ihr Porsche, ihre teuren Hobbies…

Sie wollte doch den ollen Collnhausen googeln und nicht über Papa nachdenken!

Jede Menge Einträge, die meisten eher langweilig, denn Günther von Collnhausen ließ sich offenbar liebend gerne interviewen, gab dann aber nur Belanglosigkeiten von sich, über Standortfragen, den Rohstoff Geist, Leistungsträger, gute Tradition, die Bedeutung des Mittelstands, die Gefahren der Globalisierung… alles wohlabgewogen und so neutral gehalten, dass man beim Lesen herzhaft gähnen musste.

„Schwätzer“, murmelte Josie folglich und klickte weiter. Ah, hier! Huch? Finanzkrise bei Collnhausen… na, wahrscheinlich die übliche Mischung aus Mutmaßungen und Übertreibungen. Wie bei der Frage, ob Kate womöglich Drillinge erwartete, in Monaco eine Scheidung ins Haus stand und die spanische Kornprinzessin magersüchtig war. Sowohl uninteressant als auch komplett gelogen.

Sie vertiefte sich in den Artikel. Nein, der war immerhin von Engelmann Investment Letters. Die waren eigentlich gut, Josie hatte in zwei von Engelmanns Fonds investiert und konnte sich über die Performance nicht beklagen.

Dann musste an den Spekulationen wenigstens eine Kleinigkeit dran sein… Aha: unglückliche Investitionen, ein erfolgloses Engagement in – nein, nicht in amerikanischen Schrottimmobilien, so doof war Collnhausen wirklich nicht – aber in Containerschiffe. Ach Gott, viel klüger war das aber auch nicht! Der Artikel spekulierte entsprechend, was Collnhausen wohl zu diesem eher verzweifelten Investment getrieben haben konnte. Schrumpfte das Vermögen? War der Lebensstil zu aufwendig? Hatte der Sohn Kapital verplempert?

Aha, Christopher sollte an allem schuld sein? Aber er hatte am Freitag doch gesagt, er habe mit dieser Game-Schnapsidee zweihunderttausend in den Sand gesetzt – das klang zwar toll, war aber für Männer wie Papa oder Collnhausen doch nur ein Taschengeld. Deshalb konnte Collnhausen wohl kaum in die Bredouille geraten sein.

Ob Tessa deswegen kein Pferd haben durfte?

Mehr wusste der Artikel auch nicht.

Als nächstes fand sie Geldverbrennung bei LEP. Ach ja, das dämliche Leiß-Einkaufs-Center. Eine Kopie der überall vorhandenen Arcaden, aber zwischen Henting und Zolling angesiedelt, wo wohl eher die falsche Klientel lebte.

Josie hatte das Konzept von vorneherein verfehlt gefunden. Man konnte dort kaum parken und kam mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht hin, weil man erst zur Zollinger MiniCity musste und von dort aus dann mit einem selten fahrenden Bus das LEP ansteuern konnte. Teenies, die solche Malls eigentlich liebten, fanden offenbar die Szenerie um den Markt in der Altstadt immer noch aufregender – im LEP waren auch eher wenige Läden überhaupt aktiv, viele Ketten hatten den Standort von vorneherein abgelehnt. Und die großen Technikmärkte waren im Begriff, wieder aufzugeben, eben weil man dort nicht parken konnte.

Verständlich, Josie hätte auch keine Lust gehabt, sich einen großen neuen Fernseher zu kaufen und den dann mit Bus, U-Bahn und wieder Bus (oder zu Fuß) zu transportieren.

Aha, Collnhausen hatte in ein Parkhaus beim LEP investiert. Keine blöde Idee, überlegte Josie, das hätte eins der großen Standortprobleme gelöst. Leider waren die Anwohner dagegen gewesen und hatten erfolgreich geklagt. Damit hatte Collnhausen tatsächlich ein ordentliches Sümmchen verloren und im Gegenzug ein nutzloses Grundstück am Bein.

Aber konnte das den König von Waldstetten wirklich in den Ruin treiben? Vielleicht sollte sie sich nachher dieses LEP mal anschauen, um die Situation besser beurteilen zu können.

Sie fand noch einen Artikel mit der reißerischen Überschrift Ist sie an allem schuld? und darunter ein großes Bild von Regine von Collnhausen, bepackt mit mindestens zehn Einkaufstaschen der edlen Sorte (Pappe mit Goldaufdruck).

Grins. Den Ehemann durch Powershopping in den Ruin getrieben – schon peinlich. Obwohl die alte Collnhausen das wohl nur schaffte, wenn sie sich täglich ein neues Brillantcollier gönnte. Gut, der Artikel war aus HOT! Die nahmen es mit der Wahrheit nicht so wahnsinnig genau: Lieber hohe Auflagen und nachher eine winzig kleine Gegendarstellung…

Fazit: Sie gab viel Geld aus, er hatte in letzter Zeit kein so ganz glückliches Händchen beim Investieren, und Chris war als Geschäftsmann (noch?) ein Totalausfall. Über Tessa gab es zunächst nichts.

Was sagte das Netz über Chris?

Ach herrje – hauptsächlich Gesellschaftsklatsch: Gesehen wurde… Heiße Fete im… die Schönen und Reichen…

Naja – schön? Und reich ja wohl im Moment auch nicht so sehr .Chris war schon in Ordnung, aber man musste ihn – wie die meisten Männer – eben mit Nachsicht betrachten.

Ganz frisch waren die Berichte nicht mehr, aber er hatte sich vor kurzem noch recht häufig mit den drei Deppen von früher herumgetrieben, entnahm Josie den zahlreichen Fotos, Flo, Torben und Max. Max war immer harmlos gewesen, aber schon fast grenzwertig doof. Der hatte ja dann auch zweimal Abi machen müssen…

Sie versank in Erinnerungen an den Deutschkurs. In der letzten Reihe am Fenster alle vier Helden, immer ohne Buch, immer mit viel Proviant, häufig zu spät, nicht selten mit schwerem Kopf – und wenn sie sich mal aufrafften, mitzuarbeiten, zeugten ihre Fragen von null Gespür für Texte und einer eher schlichten Weltanschauung. Dr. Willnöcker hatte ihnen schließlich dringend davon abgeraten, in Deutsch Abi zu machen: „Jungs, eure Erörterungen sind peinlich, weil ihr weder argumentieren könnt noch irgendwelches Wissen zu irgendwelchen Themen habt, und wenn ihr einen Text erschließt, kommen auch erstaunlich abwegige Erkenntnisse heraus. Also – lasst es besser. Nehmt Englisch oder Kunst. Vielleicht Kunst besser nur mündlich… Könnt ihr Mathe?“

Hämisches Gekicher in den vorderen Reihen. Irgendjemand hatte auch gerufen: „Tja, Mäuse sind eben auch nicht alles!“

Flo hatte giftig geschaut, Chris hatte die Achseln gezuckt und Torben hatte einen auf cool gemacht. Max hatte unsicher gelächelt und offensichtlich nicht so recht verstanden, was der Kursleiter gemeint hatte.

Aber dicke Sportflitzer, sobald sie achtzehn waren…

Na gut, auch Josie hatte zum achtzehnten Geburtstag nicht nur den Führerschein, sondern auch einen nagelneuen A3 bekommen, in traumhaft schönem Achat metallic. Den fuhr sie immer noch. Für einen Audi waren elf Jahre schließlich gar nichts!

Generell war dieser Jahrgang am Leo recht geldig gewesen, wenn sie sich recht erinnerte… Tina Weltig, Susi Ulrich, Marie-Louise von Marillac, alle kamen aus reichen Elternhäusern. Die Unterschiede bestanden vor allem in der Frage, wie alt oder neu dieser Reichtum war und wie diskret oder protzig man ihn auslebte.

Josies Familie galt als eher neureich, aber da Josie selbst genauso wie ihre ältere Schwester Letti relativ bescheiden auftrat, nahm man ihr das nicht besonders übel. Tina Weltig wurde wegen des Protzentums ihrer Eltern von manchen ziemlich angefeindet – ein Typ wie Paris Hilton, überlegte Josie. Tina hatte sich mit Torben ganz gut verstanden – die Wintrups waren ebenfalls recht frisch zu Geld gekommen, und das auf eher dubiose Weise. War nicht das Gerücht gegangen, Vater Wintrup habe einfach im Lotto gewonnen und dann in Hedgefonds investiert? Wahlweise sich als Kredithai etabliert?

Irgendwer hatte sogar das Gerücht in die Welt gesetzt, das Wintrupsche Geld stamme aus dem Rotlichtmilieu. Aber wenn man sich die Leisenberger Rotlichtszene so vorstellte – damit konnte man wohl nicht wirklich reich werden!

Auf jeden Fall hatten sich der Kredithaisprößling und die Protzprinzessin (so die gängigen Bezeichnungen) einigermaßen miteinander angefreundet. Josie war im Moment direkt neugierig, was aus den beiden als Paar wohl geworden war – sollte sie Chris wieder einmal bei einem albernen Event der Eltern treffen, konnte sie ihn ja fragen.

Überhaupt – wäre langsam nicht einmal ein Abitreffen angebracht? Zehn Jahre Abi, das war doch eine anständig runde Zahl! Sie klickte die Berichte über die Playboygang beiseite und begann, nach Namen aus der Schulzeit zu suchen. Unter Abi 2003+Leisenberg+Leopoldinum fand sie den Verweis auf die allbekannte Schulfreundeseite und meldete sich seufzend an. Es kostete ja nichts, und später konnte sie wieder aussteigen, wenn der Newsletter zu penetrant wurde.

Sie verfasste ein kurzes Schreiben mit dem Vorschlag, ein Abitreffen zu veranstalten, und schickte es an die vier Mädels, die hier registriert waren – ehrlich gesagt, waren es eher die langweiligen, die sich hier eingetragen hatten.

Na toll.

Sie sah auf die Uhr – was, halb vier? Was man beim Surfen für Zeit verschwenden konnte! Sie packte zusammen und schloss ihr Büro ab, dann eilte sie nach Hause.

Dort breitete sie ihre Unterlagen auf dem Schreibtisch aus und setzte sich unlustig davor. Lieber hätte sie sich jetzt die Abizeitung geholt und jeden einzelnen Namen gegoogelt, aber das war leider Zeitverschwendung und brachte sie der Habilitierung keinen Schritt näher – und sie wollte doch mit zweiunddreißig am Ziel sein! Noch zwei Jahre und einige Monate… ihr Vertrag lief noch drei Jahre, und vielleicht würde die Leisenberger Uni sie ja übernehmen…

Wenn nicht – egal, sie ging auch überall anders hin, und wenn sie noch ein paar Lehrbücher und Lexikonartikel verfasste (und zur Übung ab und an einen Wikipedia-Artikel), war ihr Name hinreichend bekannt und ihr Kontostand befriedigend.

Sie machte sich nun doch an die Arbeit, aber sie kam nicht allzu weit, denn Horri rief sie an.

„Kriegst du deine Hausaufgaben nicht gebacken?“, fragte Josie, durch Erfahrung gewitzt.

„Nö! Naja, vielleicht ein bisschen…“

Josie seufzte und lotste ihre kleine Schwester telefonisch durch die Tücken eines romantischen Gedichts, danach fand Horri, das sei nun wirklich genug für die Schule.

„Weißt du was?“

„Nein“, antwortete Josie belustigt, „erst wenn du´s mir sagst.“

„Ich hab Tessa doch die Reitbeteiligung bei Lady in Black angeboten, weißt du noch?“

Josie brummte zustimmend und ermutigend.

„Ja, und Tessa hat gesagt, sie ist echt froh darüber, denn ihre Eltern haben bloß höhnisch gelacht, als sie gesagt hat, dass sie ein Pferd will. Und sie hat nicht das Gefühl, dass es wegen ihrer miesen Leistungen in der Schule ist, sondern anders. Dass die das Geld nicht haben. Aber kann das sein, was meinst du? Ich meine, so ein ganz normales Reitpferd, das kostet doch vielleicht ein paar tausend Euro, oder? Es muss ja kein Champion sein, so toll reitet Tessa ja nun auch wieder nicht. Meinst du, die sind jetzt so arm, dass es nicht mal für das Pferd reicht?“

„Ach, Horri – die meisten Leute können sich kein Pferd leisten, tu nicht so abgehoben. Aber in der Größenordnung, in der die Collnhausens angesiedelt sind, erstaunt mich das auch ein bisschen. Hat Tessa noch mehr erzählt?“

„Nicht viel Gescheites. Dass ihr Bruder etwas abgehetzt wirkt, obwohl er gar nichts Richtiges arbeitet, und ein blaues Auge hat – ach ja, und dass ihr Vater versucht, unter der Hand diesen ollen Riesenschlitten loszuwerden.“

„Welchen ollen Riesenschlitten?“

„Na, er hat doch mal angefangen, Oldtimer zu sammeln. Hat Tessa erzählt. Aber viel hat er anscheinend nicht, so einen silbernen wie aus einem alten James Bond -“

„Einen Aston Martin aus den Sechzigern also“, nickte Josie in den Hörer.

„Ja, und so einen ganz großen alten aus den Dreißigern. Zweifarbig. Tessa hat mir mal die Garage gezeigt. Ich meine, ist das nicht ziemlicher Quatsch? Rumfahren kann man mit sowas doch eh nicht, oder? Und das Riesending hat bestimmt ein kleines Vermögen gekostet.“

„Ich tippe mal auf einen Rolls Royce“, antwortete Josie. „Und sowas kann durchaus eine Geldanlage sein. Wäre mir aber auch zu empfindlich. Aber das schaut tatsächlich so aus, als ginge den Collnhausens das Geld aus. Nur, Horri – tratsch das bloß nicht herum, klar? Das kann die Familie total ruinieren!“

„Wieso?“

Horri war wirklich noch ein Kind! Josie seufzte. „Vielleicht kriegen sie keinen Kredit, weil alle denken, sie haben nichts mehr. Oder es will ihnen sonst keiner mehr helfen. Also Parole Maulhalten!“

„Ist ja gut, ich halte die Klappe. Und ich bin extra nett zu Tessa.“

„Das kann auf keinen Fall schaden, solange du es nicht so auffällig machst, dass alle in der Schule es merken.“

„Ich bin ja nicht doof!“

Na, hoffentlich. Josie überlegte, was bei Collnhausens nun genau schief gelaufen sein konnte. Lag es an den bescheuerten Investitionen des Vaters oder an Chris, der offenbar zum Geschäftsmann nicht geboren war? Das mit dem blauen Auge stimmte Josie schon etwas nachdenklich. Im Dunkeln gegen eine Tür gelaufen – so etwas glaubte doch niemand!

Armer Hund.

Aber sie hatte mit ihrer eigenen Karriere eigentlich genug zu tun, und so viel Geld, dass sie Chris aus der Patsche helfen konnte, hatte sie nun auch nicht – dazu hätte sie Papa anpumpen müssen, und der würde peinliche Nachfragen stellen.

Sie vertiefte sich wieder in ihren Aufsatz und danach in die Unterlagen zu ihrer Habilschrift und plante die nächsten Besuche in den verschiedenen Archiven, in Ludwigskron und im Städtischen Archiv. Und vielleicht musste sie auch noch nach München, ins Hauptstaatsarchiv. Warum auch nicht, in München konnte man danach ganz nett shoppen gehen.

Fehlinvestitionen

Подняться наверх