Читать книгу Von Blüten und Blättern - Elisabeth Göbel - Страница 11
8. Januar, Samstag
ОглавлениеVon der Weihnachtsgans hatte ich am Bauch die Fettlappen abgezogen, kleingeschnippelt und erhitzt und dann mit dem geschmolzenen Fett eine ordentliche Portion Haferflocken getränkt. Die Vögel lieben es. Dazu Sonnenblumenkerne und halbierte angefaulte Äpfel. Im Vogelhaus und auf der Terrasse läuft unser Frühstücksprogramm.
Amsel, Buchfink, Blaumeise, Kohlmeise, Schwanzmeisenschar, Haubenmeise, Tannenmeise, der braunbrüstige Bergfink in großer Zahl, ebenso Scharen vom Dompfaff. Schön sind sie, die Dompfaffen, besonders die Männchen, mit ihrer Rosenbrust. Ich freue mich, freu mich wie ein Schneekönig. Auch über die Kirschkernbeißer mit dem kräftigen Kegelschnabel. Das Rotkehlchen ist Einzelgänger, ab und zu erscheint ein Kleiber, wenig Spatzen. Stieglitz, Erlenzeisig, Grünling. Der Zaunkönig war nur einmal am Futterplatz, bevor die große Kälte begann, doch er wird zu den ersten gehören, die zurückkommen, Schneekönig heißt er, das ist sein alter Name. Türkentaube, Elster, Eichelhäher. Einmal ein Specht.
Ein Dompfaffweibchen ist heute gegen das Fenster geflogen und hat es nicht überlebt. Ich nehme den toten, noch warmen Körper in die Hand. Eine Handvoll Leben, eine Handvoll Tod. Das feine weiche Gefieder. Die silberne Kehle und die Brust mit einer Ahnung von Rosenschein, die grauen Deckfederchen der Flügel, das weiße Federhemd darunter, die eingekrümmten Krallen, der kräftige Schnabel, die kleine schwarze Kappe – Dompfaff. Life stands still here. Ich streichle mit den Fingerspitzen. Ich halte den Vogel und nichts pocht in meiner Hand, nichts zappelt, will weg. Ich mag ihn nicht hergeben. Schließlich lege ich den kleinen Körper unter der Fichte, wo der Boden schon weich ist, auf einen Stein neben das Vogelgrab für den Star vom letzten Sommer. Den Tag über liegt er da, neben sich ein Kreuzlein aus Holz, das ein Eichhörnchengrab markiert, schon am Abend ist er verschwunden, eingegangen in den Kreislauf der Natur.