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2. Februar, Mittwoch

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Das Gärtnern macht Pause, ich sammle Wörter.

Schneeglöckchen heißt Galanthus: gala, griechisch, die Milch, deshalb auch Milchblume, anderswo, das ist mir neu, Hübsches Februar-Mädchen, Weiße Jungfrau oder Schnee-Durchstecher. Und was vom Frühjahr bis zum Herbst die ziemlich unangenehm riechende Wolke unter der Trauerbirke verursacht, ist die massenhafte Population der Birkenwanze, ich las es in einer Schrebergartenzeitung – Kleidoceris resedae. Obgleich Reseda ja duften soll. Nun werden zum Tag des Offenen Gartens im Mai Besucher kommen, die unterm Birkenbaldachin verweilen und dort Kaffee und Kuchen zu sich nehmen wollen. Grasmilben verbreiten sich ebenfalls, so die grüne Presse. Also sind außer den allbekannten Zecken nun auch Milben zu erwarten, die parasitisch leben und von im Grünen sitzenden Warmblütern Lymphe und Zellsäfte saugen. Eine Hirsesorte, lese ich weiter, ist der freche Eindringling in lückigen Rasenflächen, der sich rasend schnell verbreitet, weil er massenhaft kleine braune Samen produziert und so niedrig ist, dass er beim Mähen keinen Schaden nimmt. Der »Totalunkrautvernichter« Roundup in der Flasche mit dem »Anti-Gluck-Auslauf« sei nicht zu empfehlen, weil er alles Übrige ebenfalls beseitige. Auch für die anderen Plagen gebe es kaum wirksame Mittel. Also werden wir’s im Sommer ertragen müssen. Immerhin habe ich wieder ein paar neue Wörter aus meiner Zeitungslektüre. Hier noch eins: Nicht nur Unkraut gibt es, es gibt auch Ungras.

Zum altmodischen Resedagrün gesellt sich das Wort Bleu mourant und will mir nicht mehr aus dem Sinn. Was ist bleu mourant in meinem grünen Garten? Verblühende Vergissmeinnicht, der Sommerhimmel, die vergehende Hortensie im Herbst. Viel Zeit bis dahin.

Jetzt noch ein Wort aus der Tageszeitung. Bascha Mika, die streitbare frühere taz-Chefin hat es geprägt: Vermausung. Frauen, die aus welchen Gründen auch immer, nicht Karriere machen, Frauen, die Kinderwagen schieben und den Kleinen die Grasmilben und die Zecken absammeln, Frauen, die Spaß haben auf dem Boden zu knien (!), zu Kreuze zu kriechen gewissermaßen, und da unten herumzuwerkeln – Vermausung. Also auch ich … Schwarze Fingernägel und so weiter.

Ich wollte ja nach den Schneeglöckchen schauen. Schon vor zwei Wochen hörte ich eine Frau sagen, in ihrem Garten blühten die hübschen Februar-Mädchen bereits. Auch blühende Hamamelis sehe ich seit Tagen in einem Vorgarten in Zehlendorf. Bei uns kommen gerade mal die Spitzen der Schneeglöckchen heraus und an der Hamamelis findet sich nicht die Spur von Gelb. Zaubernuss heißt der magische Strauch, im Moment sieht er nach gar nichts aus, Vermausung auch da. Zum Ausgleich finde ich in einer anderen Zeitung den Satz: Gärtnern muss der Mensch. Wie schön, dieser grüne Imperativ. Ich assoziiere Grün und nicht Grau.

In dem wunderbaren Kinderbuch Ich sammle Wörter speichert Frederick, die Maus, im Sommer Wörter für den Winter, um in der dunklen Jahreszeit Farbe, Schönheit und Sonne zu haben. Die anderen Mäuse bunkern Futter.

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