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5. Februar, Samstag
ОглавлениеIm Garten ruft ein Vogel mit einem hohen hellen Pfeifton und ich denke, ich sollte endlich die Vogelstimmen lernen. Melodien merke ich mir schlecht, aber die Erkenntnishilfen aus der Schulzeit weiß ich bis heute – Ida, wo kommst du her … (Schuberts Unvollendete), Der Graf hat sich in die Hosen ge … (Tannhäuser). So etwas müsste es doch auch für Vogelstimmen geben. Ich suche im Internet, wo man mir gute Ratschläge gibt: hören, erkennen, üben, wiederholen – und zahlreiche CDs werden angeboten. Er habe die Vogelstimmen wie Vokabeln gelernt, berichtete ein Vogelfreund, anders gehe es nicht, eine CD könne durchaus hilfreich sein. Ich habe es aber doch schon zur Schallplattenzeit versucht. Man hört draußen einen Vogel, denkt, so und so ging es, man geht ins Haus, legt die Platte auf, sucht den vermuteten Vogel, doch sowie man irgendein zutreffendes oder auch anderes Vogelgezwitscher vorgespielt bekommt, ist das zuerst gehörte Gartenlied vergessen. Wieder nach draußen – der Vogel ist natürlich weg. Die Schwierigkeit vergrößert sich durch die Tatsache, dass mitunter mehrere Vögel gleichzeitig quinquilieren und dass neben dem Morgen- oder Abendlied auch Lockrufe zu hören sind, außerdem Balzrufe und Warnrufe, und schließlich, dass sich Jungvögel anders anhören, weil sie noch am Lernen sind.
Ich greife erstmal zum Buch und werde fündig im altmodischen Brehm. Brehms Tierleben, Kleine Ausgabe für Haus und Schule von 1920. So sehr wird sich der Gesang der gefiederten Musikanten in knapp hundert Jahren ja nicht geändert haben. Oder doch? Stare, das weiß man, ahmen längst die Klingeltöne der Handys nach.
Also der Brehm. Ich richte mir ein Vogel-Vokabelheft ein.
Die Amsel. Ich zitiere. Die Amsel ruft trillernd »sri« und »tränk«, beim Anblick von etwas Verdächtigem aber schallend und gellend »dix dix«, worauf, falls Flucht nötig wird, ein hastiges »Gri gich gich« folgt. Der Amselgesang steht dem der Singdrossel kaum nach, hat mehrere Strophen von ausgezeichneter Schönheit, klingt aber nicht so fröhlich, sondern feierlicher oder trauriger … Hier versagt auch Brehm, eine phonetische Umschrift des Amsellieds bietet er nicht an. Wie aber singt die Drossel?
Alfred Brehm. Die Lockstimme der Drossel ist ein heiser pfeifendes, nicht weit hörbares »Zip«, an das häufig »tack« oder »töck« gehängt wird. Bei Erregung »styx styx«… Das Lied ist inhaltsreich, wohl- und weittönend. Mit flötenden Lauten wechseln auch schrillende, minder laute und nicht sehr angenehme Töne ab. Trotzdem ist das Drossellied fast so schön wie das der Nachtigall.
Das Lied der Nachtigall ist mir vertraut und auch dem Kuckuck sowie dem Zilpzalp –»zilpzalp«– muss ich nichts nachlesen. Sogar die Goldammer werde ich erkennen, denn Beethoven hat in der 5. Symphonie das »Schicksalsmotiv« G-G-G-Es ihrem Ruf nachempfunden. Leider war bisher noch keine Schicksals-Ammer in unseren Garten zu hören.
Hier noch ein Versuch des Diplombiologen Uwe Westphal über die Nachtigall; man lese es laut:
Ih ih ih ih ih watiwatiwatih!
hih titagirarrrrrrrrrr itz,
lü lü lü lü lü lü lü lü lü watitititi
Dadada jetjetjetjetjetjetjetjetjet
tütütütütütütü zatnzatnzatnzi,
zezezezezezzäzäzäzäzazazazi,
ji jih güh güh güh güh güh dalidowitz.