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KURZZEIT-FASTEN Ein Weg, der schlau und schlank macht

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Was wäre, wenn es endlich eine wirksame Pille gegen Übergewicht gäbe? Eine, die gleichzeitig auch noch die Laune hebt, den Spaß am Sport fördert und auf Dauer die grauen Zellen schützt. Wir würden doch sofort ein Glas Wasser holen und sie hinunterspülen. Oder?

Es gibt diese Therapie, hier ist sie. Fangen wir gleich damit an, je früher, desto besser. Aber es ist keine teure Pille, sondern das Intervall-Fasten. Wer sich auf diese Methode einlässt, wird viel Geld sparen. Dabei kann er seine Lieblingsgerichte weiter genießen und er wird auch nicht genötigt, plötzlich Sachen auf den Tisch zu bringen, die er sonst nie angerührt hätte. Mit dem Intervall-Fasten braucht man weder Wundermittel aus der Apotheke noch teure Ernährungskurse. Im Zentrum steht ein einfaches Konzept: Über Nacht mindestens 12 Stunden lang Chipstüten und den Kühlschrank fest verschlossen halten und auch zwischen den Mahlzeiten nichts essen. Oder einfach jeden zweiten Tag auf die Essbremse treten. Kurzzeit-Fasten oder zeitbeschränktes Essen heißt die angenehm flexible Methode, die gerade unter führenden Fachleuten Furore macht und weltweit engagiert erforscht wird. Ihre Vorzüge beruhen auf uralten Mechanismen des Körpers, die uns die Natur mit auf den Weg gegeben hat, um das Überleben in guten wie in schlechten Zeiten zu schützen.

die natur hat vorgesorgt für zeiten mit und ohne kalorien

Bis vor Kurzem galt unter Ernährungsexperten noch die Vorstellung, dass wir Menschen übergewichtig werden, weil unsere geizigen Gene einmal angelagertes Fett eisern festhalten – wie eine Art Lebensversicherung gegen das Verhungern. Der Diabetesspezialist James V. Neel hatte diese Idee 1962 in die Welt gesetzt, und sie schien plausibel, weil die Evolution ja nicht ahnen konnte, dass wir einmal im Kalorienüberfluss von heute leben würden. Doch die Natur ist wieder einmal intelligenter, als wir gedacht haben.

Sie hat für beide Fälle vorgesorgt, für Mangel und für Überfluss. Ein biologischer Kippschalter, den alle Menschen und Säugetiere im Inneren ihrer Zellen besitzen, springt an, wenn wir eine Weile nicht essen, wenn wir fasten. Dann versorgt er den Körper mit Energie aus den Reserven. Dafür werden Fettpolster eingeschmolzen, der Körper räumt auf und recycelt angeschlagene Zellen, um Material zu gewinnen. In diesen Zeiten kommt auch in ausgemachte Faultiere Leben, sie werden aktiv und hellwach, die Lust auf Bewegung steigt. Ein leerer Magen macht uns also nicht schwach, sondern aufmerksamer und körperlich reger. Eigentlich logisch: Schließlich mussten unsere frühen Vorfahren – auch wenn sie noch so hungrig waren – losgehen und Früchte sammeln oder nach Jagdbeute suchen.

Essen wir nach einer Fastenpause wieder etwas, schaltet das Hormon Insulin den Stoffwechsel wieder auf Input. Und alle hereinkommende Energie, die nicht gleich verbraucht wird, landet in den Vorratslagern der Fettdepots. Der biologische Kippschalter, der Mangel und Überfluss an Nahrung regelt, ist eng mit den inneren Uhren verbunden, die in fast jeder Körperzelle ticken. Beide gemeinsam regeln den Schlaf, entscheiden, wann wir hungrig werden, steuern unseren Bewegungsdrang und unsere Lust auf Sex. Ohne diese Regler kommt kein Lebewesen aus. Das Erbe steckt tief im Inneren unserer Zellen und ist viel älter als die ältesten Vorfahren des Menschen. Man findet den Regler sogar in Cyanobakterien, und die zählen zu den ältesten Lebensformen überhaupt.

Fasten macht schlau

Das erwachsene Gehirn sei unveränderbar, dachten Fachleute jahrzehntelang und prägten damit ganze Unternehmenskulturen. Doch längst besteht kein Zweifel mehr daran, dass Leistungssteigerung und Selbstreparatur des Gehirns bis ins hohe Alter möglich sind. Auf lange Sicht funktioniert unser Kopf besser, wenn wir uns nicht übermäßig satt essen. Es sind die Pausen vom Essen, die Null-Kalorien-Phasen, die unseren Geist fit halten. Fasten wir über Nacht mindestens 12 Stunden, steigt der Spiegel für einen Wachstumsfaktor (BDNF, „Brain-derived neurotrophic factor“). Er beflügelt unsere Lust zu lernen und das Gedächtnis funktioniert besser. Dieses kurzzeitige Fasten wirkt auf Nervenzellen wie ein Anti-Stress-Training. Es bewahrt sie vor frühzeitigem Zerfall und unterstützt ihre Anpassungsfähigkeit.

Auf der Suche nach der verlorenen Energie

Was und wie viel wir essen, hängt von seltsamen Dingen ab: von Werbespots und Packungsgrößen, von den Leuten um uns herum, von Lichtverhältnissen, Raumfarben, Gerüchen und Geräuschen. Unsere Gewohnheiten spielen dabei eine ebenso große Rolle wie die Umstände, unter denen wir unser Essen genießen. In unser Bewusstsein dringt davon kaum etwas. Wir glauben fest, dass wir essen, weil wir hungrig sind oder weil es uns gerade so gut schmeckt. Dabei haben die meisten der 200 Entscheidungen, die wir im Hinblick auf Essen und Trinken täglich treffen, mit den ursprünglichen Bedürfnissen des Körpers wenig zu tun.

Wir essen mehr als genug, leiden aber trotzdem oft unter einem diffusen Mangel.

Ein Gefühl der Erschöpfung hat viele von uns erfasst. Wir schreiben es der Überlastung im Beruf zu – oder ganz allgemein dem Stress der modernen Zeit. Mancher vermutet eine verborgene Krankheit dahinter oder glaubt, dass Allergien ihm die Kraft rauben. Findet kein Arzt die Ursache der inneren Energiekrise, meinen viele, die „Chemie“ in unseren Lebensmitteln sei schuld. Sie fürchten, dass Rückstände von Pflanzenschutz- und Konservierungsmitteln ihnen die Lebenskraft stehlen. Ihre Rettung ist „Bio“. Dass „Zurück zur Natur“ zu den großen Trends der Gegenwart gehört, kommt nicht von ungefähr. Im Zeitalter von Hightech und Smartphone träumen viele Menschen vom Rückzug ins Ländliche. Oder, besser noch, in die urwüchsige Natur, dort wo Freiheit, Stille, Friede und Weite herrschen. Neu ist das nicht. Im Lauf der Jahrhunderte hat sich immer wieder der Gedanke aufgedrängt, dass uns der technische Fortschritt auf schmerzhafte Weise von der Natur entfernt.

Was auf den tisch kommt, entscheidet die neueste Mode

Auf der Suche nach mehr Wohlbefinden stellen deshalb immer mehr Menschen ihre Essgewohnheiten streng auf den Prüfstand. Aber was ist dabei richtig und wichtig? Sind es Naturprodukte oder nährstoffreiche Superfoods, die uns die natürliche Fitness und Lebensfreude bringen? Oder müssen wir auf immer mehr Lebensmittel verzichten, weil sie uns schaden?

Diesen Fragen gehen Wissenschaftler an ungezählten Forschungsinstituten in aller Welt nach. Seit Mitte der 1990er-Jahre hat sich die Molekularbiologie, also die Forschung im Bereich der Zellen und Moleküle, explosionsartig entwickelt. Sie folgt dem Werden und Vergehen im millionenfach verzweigten Internet des Stoffwechsels, um herauszufinden, wie man das Wohlbefinden der Menschen steigern kann. Dabei sucht sie in unseren Genen, was uns die Ahnen als erbliche Ausstattung mit auf den Weg gegeben haben.

Einfach und natürlich – ein Leben nach der inneren Uhr

Nun zeigt uns die Wissenschaft einen neuen Weg zum gesunden Körpergewicht und der heißt wieder einmal: zurück zur Natur! Er besagt, dass unser Körper mehr verlangt als Nährstoffe und Kalorien. Nicht einmal der viel gerühmte regelmäßige Sport reicht allein, um uns schlank, gesund und beschwingt durchs Leben zu lotsen. Aber was dann? Gesundes Leben, sagen Forscher neuerdings, ist eine Frage des Timings. Anstelle von Kalorienzählen fordern sie „Time-restricted eating“, also Essen zum richtigen Zeitpunkt, ein vernünftiges Timing für Mahlzeiten und ein Ende des Dauer-Snackens. Mahlzeiten – sagen sie – sollten nur noch am Tag stattfinden, nicht mehr spätabends oder nachts.

Das macht Sinn, denn unser Organismus pflegt eigentlich ein perfektes Zeitmanagement. Er gehorcht den Tag- und Nachtrhythmen und den unermüdlich im 24-Stunden-Takt tickenden Uhren in seinem Inneren. Das ist der Rhythmus, bei dem jeder mitmuss. Über Botenstoffe sagen sie uns, wann es Zeit ist aufzustehen, zu essen und schlafen zu gehen. Sie halten uns gesund – vorausgesetzt, wir stören dieses Wunderwerk uralter Biologie nicht.

eine ganz neue art von „bio“

Das Intervall-Fasten darf man ruhig doppeldeutig als „U(h)r-Diät“ verstehen. Denn sie empfiehlt eine Art zu essen und zu leben, die den biologi-schen Taktgebern gerecht wird. Sie ist also eigentlich keine Diät, sondern die Wiederentdeckung der natürlichen Lebensweise, für die wir gemacht sind. Dieser Weg zum schlanken, kraftvollen Körper steht im Einklang mit unserem biologischen Ursprung und ist entwicklungsgeschichtlich älter als Mensch und Tier.

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