Читать книгу Shimasaní - Elisabeth Schmitz - Страница 13

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Gad hatte sich einen Leihwagen geholt und fuhr damit in Grants in die Einkaufspassage. Er ging in ein Gartencenter, bestaunte die Vielfalt der Pflanzen dort und nahm einen Topf mit Majoran in die Hand. Er dachte an Tina.

Einige Zeit musste er die Pflanze wohl angeschaut haben, denn eine Frauenstimme sagte zu ihm: »Das ist Majoran. Sie ist gut gegen Blähungen, Appetitlosigkeit und Krämpfe in den Verdauungsorganen.«

Gad lächelte noch immer und schaute sie ratlos an. Und dann erkannte er sie.

»Né,éshjaa! Bist du es wirklich Nascha?« fragte er und sie antwortete: »Das kann doch gar nicht wahr sein. Gad! Ich habe nicht gehört, dass du hier bist. Wie wunderbar! Du hast dich seit damals gar nicht verändert. Wie geht es dir? Ich habe gehört, dass deine Großmutter gestorben ist und das tut mir sehr leid.« Gad nickte traurig und lud sie in ein Café ein. Die beiden hatten sich viel zu erzählen und er meinte, dass es in dem Gartencenter nicht so schön sei.

Vor fünf Jahren hatten die zwei ein inniges Verhältnis. Er lernte sie auf einem Fest in Grants kennen. Nascha hatte lange Beine und saß auf dem Sandboden etwas abseits des Festes. Sie übte sich im Malen mit dem Sand, aber es ging einfach nicht so, wie sie es gerne gehabt hätte.

Gad lief mit zwei Saftgläsern, die er für sich und seine Mutter geholt hatte, zu der Stelle, wo Nascha mit ausgestreckten Beinen saß. Prompt stolperte er über ihre Beine und die beiden Säfte flogen durch die Luft. Er duckte sich, damit die Gläser ihn nicht treffen konnten und Nascha kamen die Tränen vor Lachen. Als er ihr ins Gesicht schaute, musste auch er laut lachen und half ihr, aufzustehen. Dabei bemerkte er, dass sie wunderschöne Augen hatte, so groß und so schwarz.

Die beiden hatten sich für den darauffolgenden Tag erneut verabredet und Gad ging mit ihr zum New Mexico Mining Museum. Sie war dort noch nie gewesen, obwohl viele ihrer Vorfahren in diesem Uranbergwerk gearbeitet hatten.

Nachdem sie das Gebäude verlassen hatten, nahm er sie in ihre Arme und küsste sie sanft auf den Mund.

»Nascha«, sagte er leise, »ich lasse dich nie, niemals wieder gehen.«

Sie trafen sich zwei Wochen lang jeden Tag.

Nascha war die einzige Tochter ihres Vaters. Ihre Mutter war verstorben und Nascha arbeitete in einem Blumenladen in der Stadt, in dem sie auch eine Ausbildung zur Floristin gemacht hatte. Zurzeit hatte sie ihren Sommerurlaub, den sie in diesem Jahr zu Hause verbrachte, da es ihrem Vater nicht so gut ging. Allerdings befand er sich schon auf dem Weg der Besserung.

»Es war wohl doch kein Schlaganfall, wie zunächst alle meinten«, sagte sie zu Gad, der sich ehrlich für sie freute. »Heute ist er allein zu den Ärzten ins Cibola Medical Hospital gefahren. Das ist eine große Leistung.«

Den ganzen Tag merkten die beiden schon, dass Regen in der Luft hing. Es war so schwül und stickig und die zwei liefen, so schnell sie konnten, von ihrem Spaziergang heim. Plötzlich kam der Wolkenbruch und beide kamen bis auf die Haut durchnässt bei Nascha zu Hause an.

Ihre Bluse klebte auf ihrer dunklen Haut und war von dem Regen durchsichtig geworden. Gad trat auf sie zu und öffnete die Knöpfe. Nascha ging es jetzt nicht schnell genug und entfernte jedes Kleidungsstück. Gad nahm sie in die Arme und sie fing nun auch an, ihn zu entkleiden. Ihre langen, schwarzen Haare fielen ihr über den Rücken und reichten bis zum Po.

»Bist du sicher, dass du es willst?«, fragte er sie sanft.

»Ja Gad, mehr als alles auf der Welt.«

Er nahm sie auf die Arme und legte sie behutsam auf ein Bärenfell im Wohnzimmer. Nascha spürte seine salzige Haut auf ihren Lippen und eine Welle von großem Verlangen durchströmte sie.

»Bin ich der Erste?«, fragte er sie.

Nascha nickte. »Ja, Gad.«

Er streichelte ihre Haut und sagte: »Ich verspreche dir, ich werde ganz vorsichtig sein.« Und das war er in der Tat. Eine halbe Stunde lang war sie wie verzaubert in einer anderen Welt.

»Ich möchte dich fragen, ob du mit mir in Deutschland leben könntest«, fragte er, als sie sich ankleidete.

»Ach, Gad«, meinte sie und zwinkerte ihm zu. »Es wäre schön, wenn wir beide zusammenbleiben könnten. Ich werde darüber nachdenken. Nun ist es noch zu früh für eine endgültige Antwort.«

Sie hatte sich gerade wieder angezogen und Gad eine Hose und einen Pullover von ihrem Vater gegeben, da läutete das Telefon.

Sie nahm ab und erschrak fast zu Tode!

»Gad, bitte fahre mich ins Krankenhaus. Es ist etwas mit meinem Vater.« Er schnappte seine Schlüssel und warf die nassen Kleidungsstücke auf den Rücksitz. Nascha sprach kein Wort.

Gad sah sie nicht mehr seit diesem Tag. Es ging in die Brüche, als er wieder wegmusste. Nascha, die ihren Vater pflegen wollte und deshalb New Mexico niemals verlassen konnte, hatte nur noch Augen für ihren schwerkranken Vater. Alle Anrufe von Gad blieben unbeantwortet.

Immer, wenn er in Grants war, dachte er an sie. Am Anfang versuchte er, sie noch einmal zu treffen, gab aber nach einiger Zeit auf. Sie war nicht frei für ihn, das spürte er, denn sie verleugnete sich immer wieder. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie so reagierte. Vor einiger Zeit war alles noch wunderbar. Egal, was er unternahm, alles war zwecklos und dann ließ er sie los. Es hätte doch keinen Sinn gehabt, wenn sie ihn nicht mehr wollte.

Und nun, durch einen Zufall, traf er sie wieder. Es war so viel geschehen in den letzten fünf Jahren. Sie hatte mittlerweile einen kleinen Sohn, der ihr Ein und Alles war. Nascha erzählte Gad, dass er nun bereits drei Jahre alt wäre. Ihr Vater sei letztes Jahr gestorben und hatte sehr leiden müssen. Nascha war auch heute noch nicht darüber hinweg. Sie hatte ihre Arbeit in dem Blumenladen damals aufgegeben, um bei ihm zu sein.

Gad fragte sie, ob sie mit dem Vater ihres Sohnes verheiratet wäre.

»Nein«, sagte sie, »er hat mich verlassen. Ich hätte auch nie mit ihm glücklich werden können, weil ja mein Vater mich so sehr in Anspruch nahm. Daddy hat meinen kleinen Stevie aber von Anfang an geliebt.«

Sie tat Gad sehr leid. Die alte Leidenschaft kam wieder. Er nahm ihre Hand und führte sie an seinen Mund. Nascha jedoch zog ihre Hand sofort wieder zurück und fragte ihn, wann er zurückfliegen würde.

»In drei Wochen«, sagte er.

Er bot ihr an, dass er sie nach Hause fahren wollte und sie nahm es dankend an. Als er in ihrer Straße ankam, war ihm, als ob er genau da war, wo er vor fünf Jahren aufgehört hatte. Er ging mit ihr ins Haus und nahm sie in seine Arme. Als er sie küsste, merkte er sofort, dass auch sie seine Gefühle erwiderte. Sie zog ihn ins Schlafzimmer und meinte, dass sie zwei Stunden Zeit hätten. Dann müsse sie Stevie aus dem Kindergarten holen. Gad bot ihr an, sie dann dorthin zu fahren.

Stevie stand schon hinter der Scheibe des Kindergartens und wartete auf seine Mutter. Gad sah einen kleinen indianischen Jungen mit pechschwarzem Haar und großen, braunen Augen. Für seine drei Jahre war er erstaunlich groß und konnte auch in fehlerfreiem Englisch reden. Gad setzte ihn auf seine Schultern und galoppierte mit ihm wie ein Pferd zum Auto.

Zu Hause angekommen, zog Stevie Gad sofort ins Haus und er musste all seine Spielsachen ausprobieren.

Nascha machte das Abendbrot und bat Gad, doch bitte mit ihnen zu essen. Stevie wich nicht von seiner Seite und sogar ins Bett bringen musste er ihn. Erst als der Junge schlief, kam Gad zurück.

»Du hast ein wunderbares Kind, Nascha«, sagte er. »So einen wundervollen Jungen hätte ich auch gerne gehabt.«

Nascha ging in die Küche und redete nicht. Gad ging ihr nach und fragte, ob er etwas Falsches gesagt hätte. Plötzlich fing sie zu weinen an.

»Nascha, was hast du denn? Sag es mir doch bitte.«

Sie zog ihn auf einen Stuhl und meinte: »Ich habe dich belogen, Gad. Stevie ist nicht drei Jahre alt, sondern er ist vier.« Gad schaute sie erstaunt an.

»Und wieso hast du das gesagt? Es gibt doch keinen Grund dafür!« Nascha sah ihn nur an, schaute verlegen auf ihre Hände und schwieg.

Dann legte sie ihre Hand auf Gads Arm und sprach kaum hörbar: »Stevie ist dein Sohn, Gad. Ich wollte es dir nicht sagen, aber irgendetwas trieb mich, es doch zu tun. Eine innere Stimme sagte mir, es wäre nicht recht, es dir nicht zu sagen. Ich hatte vor dir und nach dir keinen anderen Mann.«

Gad stand auf, ging zum Fenster und schaute hinaus. Was für eine Woche! Ein Mensch geht und einer kommt in mein Leben, dachte er.

Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste ihre heiße Stirn.

»Hágoónee, Nascha.«

»Hágoónee, Gad. Auf Wiedersehen.«

Er ging noch ins Kinderzimmer und lächelte. Er hatte wahrlich einen hübschen Sohn.

Leise schloss er die Tür und ging wieder zu Nascha.

»Ich komme morgen und hole dich ab. Ich möchte dich meiner Familie vorstellen«, sagte er liebevoll zu ihr.

Shimasaní

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