Читать книгу Lausige Zeiten - Elke Bulenda - Страница 10
Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
Оглавление(Mark Twain)
Um meinen Plan in die Tat umzusetzen, begann ich die Suche nach dem Mädchen am Ursprungsort, dem Krater. Junge, Junge, es ist wirklich kein Wunder, wenn ich mich fühlte, als sei eine ganze Armee über mich hinweg marschiert. Während ich bewusstlos unter dem Baum lag, latschten alle drei Anwesenden auf mir und dem Baum herum. Was soll´s, es war passiert und machte wenig Sinn, sich jetzt noch darüber aufzuregen.
Mir blieb nichts anderes übrig, als den Spuren zu folgen – und das so schnell wie möglich, denn mittlerweile setzte Regen und Wind ein. So schnell es ging, folgte ich der Fährte. Wie ich schon vermutete, war Hinkebein verletzt. Derweil ging es in meinem Kopf drunter und drüber. Mir fiel es schwer, mich auf eine Sache zu konzentrieren. Immer wieder schossen Namen, Bilder und Gerüche durch mein Gedächtnis, die ich nicht zuordnen konnte. Auch war ich mir nicht darüber im Klaren, ob es meine Erinnerungen waren, oder, ob es nur Begriffe und Bilder waren, die ich mal irgendwo aufschnappte. Noch immer besaß ich nicht den geringsten Hinweis, wer oder was ich war. Mit Entsetzen stellte ich fest, dass mein Herz gar nicht mehr schlug. Wahrscheinlich befand ich mich in einer Welt, gefangen zwischen Leben und Tod.
Der Sturm mit den Schauern nahm zu. Und wenn es schon dicke kommt, dann immer heftig. Ein Gewitter setzte zusätzlich ein und begoss mich wie aus Kübeln. Da mir schon ein großes Unglück widerfahren war, sollte ich keinesfalls das Schicksal weiter herausfordern und mich von einem Blitz treffen lassen. Um nicht gänzlich durchnässt zu werden, suchte ich in einer Höhle Schutz. Mich beschlich ohnehin das ungute Gefühl, dass ich schon eine geraume Weile von jemanden verfolgt wurde. Lacht nicht, aber es roch definitiv nach nassem Hund. Wenig später zeigte sich mein heimlicher Verfolger. Er wirkte mindestens genauso verloren wie ich – und genauso nass. Gut, Hund trifft es nicht ganz. Mein unsichtbarer Begleiter entpuppte sich als grauer, struppiger Wolf.
»Verschwinde!«, drohte ich dem Isegrim. Nur schien dieser nicht im geringsten beeindruckt zu sein. Vielmehr lockte ihn der Inhalt meines Beutels ein Stückchen näher. Na, der sollte mich kennenlernen! Vorsichtig nahm ich die Armbrust ab und spannte sie. Dabei beobachtete mich der Wolf reichlich interessiert.
»Ja, jetzt gibt es ein Leckerli. Pass mal gut auf!«, versprach ich dem Aufdringlichen.
Dann zielte ich auf seinen Kopf. Die Armbrust gab ein melodisches »Plink« von sich und der Bolzen trat seinen Weg an.
Blitzschnell sprang der Wolf zur Seite und schnappte zu. Dann trottete er auf mich zu und apportierte den Bolzen vor meinen Füßen.
»Äh... Braver Wolf!«, entfuhr es mir verdattert. »Wenn du so tolle Kunststücke drauf hast, wieso hast du kein eigenes Rudel?«
Darauf antwortete der Wolf natürlich nicht, sondern schaute mich aus bernsteinfarbigen Augen an. Dann ließ er sich seufzend, mit elegant überkreuzten Pfoten, ein Stück entfernt von mir, in der Höhle nieder. Behielt trotz allem, noch immer meinen Proviantbeutel im Auge.
»Hm, wo kommst du her? Du kommst mir bekannt vor, als hätte ich dich schon irgendwo gesehen. Was guckst du so auf meinen Beutel? Okay, ich kann das Zeug ohnehin nicht essen, und mitschleppen muss ich es auch nicht mehr!«, beschloss ich und verfütterte den Käse, die Wurst, und sogar den Schinken an den Wolf. Anschließend fraß er auch noch das Brot, obwohl es ihm längst nicht so gut schmeckte, wie zuvor der Aufschnitt. Zum Dessert verdrückte er einen Apfel, den ich am Boden des Beutels entdeckte.
»Was? Du frisst Äpfel? Ein echter Vielfraß bist du. Ich sollte dich Jerv nennen. So, ich habe nichts mehr für dich, jetzt dürfte dein Interesse an mir erlahmt sein. Und wenn du davon träumst, mich zu verspeisen, träume weiter! Ich muss nämlich das Mädchen finden. Guck, der Regen hat aufgehört. Jetzt trennen sich unsere Wege!«, sprach ich zum Grauen, obwohl ich mir dabei sehr albern vorkam. Den Wolf ließ ich sitzen und ging wieder auf Spurensuche. Nach kurzer Strecke schon, tauchten die kleinen Fußspuren der jungen Frau wieder auf. Unmittelbar darauf, sichtete ich die Siedlung der Entführer. Zum Glück wurde das Wetter besser, sogar die Sonne kam heraus. Mich immer verborgen haltend, umrundete ich einmal die Siedlung, um mir einen Überblick zu verschaffen. Seltsamerweise benutzte der Wolf die gleichen Verstecke wie ich. Jedes Mal, wenn ich mich vor den Blicken der Beobachter verbarg, saß schon der Wolf im Versteck und hechelte mir stinkend ins Gesicht.
»Was soll das, Jerv? Findest du das etwa witzig? Buah! Mundgeruch macht einsam«, flüsterte ich erbost. Der Wolf grinste nur wissend.
Hallo? Was ging denn da im Dorf ab? Offensichtlich herrschte reger Zulauf. Unzählige Boote waren an den Stegen vertäut und ganze Gruppen standen am Haupttor und begehrten Einlass. Ich verbarg mich nahe im Gebüsch (wieder mit Wolf) und lauschte den Befragungen. Letzten Endes durften alle durch das Tor.
Aha, meinen Plan mit der nächtlichen Stürmung dieser Siedlung konnte ich getrost auf Halde legen. Wenn ich Zutritt zu diesem Dorf haben wollte, musste ich die Situation nutzen, und mich dort durchmogeln. Überhaupt fragte ich mich, wieso die Siedlung so gut gesichert war. Zwar nur aus Holz, doch vom Prinzip her, eine wahre Festung. Ein hoher Zaun aus zugespitzten Holzpfählen schützte seine Bewohner. Über den Toren waren überdachte Stege mit Ausguck angebracht, von denen sie alles überwachen konnten. Notfalls auch heißes Pech auf ihre Feinde gießen, oder einen Pfeilregen auf sie niedergehen lassen.
Am Haupttor standen nur zwei Wachen, die sich zurzeit mit einem Besucher unterhielten, der ihre gesamte Aufmerksamkeit für sich beanspruchte. Und falls sie mich aufhielten, würde ich mir eben irgendetwas ausdenken, zur Not löge ich ihnen das Blaue vom Himmel herunter, um hineinzugelangen. Zumindest dürften es keine weltbewegenden Fragen sein. Soweit konnte ich das den geführten Gesprächen entnehmen.
»Hör zu, Jerv, du bleibst schön hier! Wenn die Burschen ihre Pfeile auf dich abschießen, dürftest selbst du, mit dem Fänger-Trick, überfordert sein!«, sprach ich mit dem Wolf. Die Gelegenheit schien günstig, weil die Wachposten gerade mit einem ziemlich dunkelhäutigen Kerl sprachen, der ihnen nicht unbekannt war. Jedenfalls fragten sie nach, ob er seinen alten, blinden Vater besuchen wolle.
Der Dunkle nickte: »Ja, ich will für meinen Vater Ruhm und Ehre erwerben, und mir den Titel holen. Ich bin viel im Süden herumgekommen.«
»Das sieht man, du bist ganz schön braun!«, grinste der Kerl am Tor.
»Den Witz kenne ich schon. Außerdem will ich das darauffolgende Fest nicht verpassen. Keine Feier ohne Geier«, grinste er und entblößte strahlend weiße Zähne. »Das Mädchen soll auch nicht ohne sein!«
Für diesen letzten Satz hasste ich ihn sofort heiß und innig. Trotzdem schlüpfte ich an den Herumstehenden vorbei durchs Tor.
Was ich allerdings nicht bedachte war, dass hinter dem Tor ebenfalls zwei Wächter lauerten. Der Typ, der sich mit dem Dunkelhäutigen unterhielt, pfiff schrill durch die Zähne, was die hinteren Torwächter sofort alarmierte.
»Ja, schlag doch einer den Tryggvason! Hey du! Ja, du mit dem Wolf! Wo willst du hin?«, versperrten mir die Torwachen mit gekreuzten Speeren den Weg. »Bei Odin! Du bist riesig! Meinst du, wir sehen dich nicht? Wie ist denn die Luft da oben?«, neckte mich der Größere der beiden.
»Oh, ganz gut, riecht nur streng nach Zwergen!«
Irgendetwas zuckte in meinem Schienbein, gleich so, als hätte mich etwas getreten.
»Ha, ha!«, sagte der Größere trocken. »Nochmals! Wo willst du hin?«
»Na, ich will hier rein!«
»Moment mal! Du kannst hier nicht so einfach hereinspazieren. Vorher müssen wir dir ein paar Fragen stellen... Sag mal, wo ist eigentlich dein Boot? Wie bist du hier her gekommen?«, fragte der größere Kerl, der offensichtlich der Wortführer war, während der Kleinere zustimmend nickte.
»Boot? Oh, das? Ich hatte unterwegs ein kleines Sägefischproblem, bin den Rest geschwommen.«
»Ja, ja, und sag nicht, du hattest nicht so schnell einen Hammerhai und eine Seenadel zur Hand gehabt. Lediglich ein Seewolf war greifbar. So, so, du bist also geschwommen? Dabei sind augenscheinlich deine Kleider eingegangen. Sind wohl nicht wasserfest eure Schafe? Bist ein echter Witzbold, wie? Weswegen du hier bist, brauche ich gar nicht erst zu fragen, oder?«, nahm er mich genauer unter die Lupe. Wahrscheinlich passten ihm sowohl meine Nase, mein neuer Wolf, als auch meine Antworten nicht.
»Nee, die Kleidung ging nicht ein. Ich bin noch im Wachstum. Außerdem: Wer barfuß geht, den drücken keine Schuhe.«
»Ha, ha! Gibt´s dich auch in witzig? Hast dir wohl zusätzlich noch einen Wolf gelaufen. Also, was willst du?«
»Bin wegen der Frau hier. Sie ist etwa so groß«, zeigte ich, »hat schwarze Haare und tritt wie ein Pferd. Sie gehört zu mir!«
Der Torwächter kratzte sich am Kopf, betrachtete danach interessiert seinen Fingernagel und knackte eine Laus. »Donnerlittchen, das hat sich aber schnell herumgesprochen! Tratschen alle herum wie die Waschweiber!«
Daraufhin meldete sich der zweite, kleinere Wächter zu Wort: »W...w...ww... Wwwwo... k... kkkk...kkkko... kommmm...«
»Was hat er gesagt?«, fragte ich entgeistert. »Ist er euer Anführer?«
»Nein, das ist Snorri, er stottert fürchterlich. Snorri ist der Einzige von uns, der lesen und schreiben kann. Nützt ihm leider auch nichts, wenn er aufschreibt, was er sagen will, kann es von uns Burschen niemand lesen. Ha, ha! Wenn er unser Anführer wäre, müssten wir uns eine halbe Stunde die Beine in den Bauch stehen, bis er seinen Befehl ausgesprochen hat. Er fragt, woher du kommst! Und nebenbei bemerkt, will ich das auch wissen!«, meinte der Größere.
»Ach so. Ich komme aus dem Norden! Wo der herkommt, weiß ich nicht!«, zeigte ich auf Jerv, der gelangweilt gähnte.
»Ich spreche kein wölfisch. Sagtest du Norden, ja? Das höre ich schon an deinem Dialekt, klingt fast ein bisschen altnordisch. Okay, Bursche! Geht das nicht zufällig ein wenig präziser? Du bist wohl nicht sehr gesprächig, hm?«
»Nicht besonders. Ich komme vom Reisafjord, aus der Nähe von Sørkjosen.«
Der Kerl verdrehte die Augen. »Ach, woher genau? Du stellst meine Geduld ganz schön auf die Probe! Wie heißt die Siedlung, aus der du stammst?«, fragte er genervt.
»Detvakrestestedetverdenvetingen am Reisafjord.«
Beiden gingen fast die Augen über. »Das kann unmöglich sein, denn diese Siedlung wurde vor über sechshundert Jahren dem Erdboden gleich gemacht! Das Dorf existiert nicht mehr, seit Ludwig der Fromme, seine Ritter des Heiligen Michael dort hinschickte, um die Einwohner töten zu lassen. Das war seine spezielle Art, die Leute zu missionieren. Er ließ sie gleich in die himmlischen Gefilde eintreten. Seitdem lebt nicht mal mehr eine Maus dort. Jeder meidet diesen verfluchten Ort. Die Sage geht um, nur die Stammesmitglieder, die nicht im Dorf waren, kamen mit dem Leben davon. Es gibt einen Nebenzweig, weiter unten auf Gotland und Dänemark, aber von denen rede ich gar nicht. Man sagt, es gab lediglich einen einzigen Überlebenden der Siedlung. Den jüngsten Sohn des damaligen Häuptlings, der gerade zufällig aus dem Reisafjord fuhr, um zu fischen«, erklärte der Wächter. »Ach, verdammt, Snorri, wie hieß er noch gleich?«, drehte er sich zum Stotterer um.
»Rrrr... Ra...«, stotterte der arme Snorri.
»Ja, genau, Ragnar, oder Rauður. Jedenfalls war er der einzige überlebende Haraldinger. Anschließend übte er zusammen mit Othar dem Weißen, einen unbarmherzigen Gegenschlag aus. Man sagt, er habe über fünfzig der feindlichen Michaeler erschlagen und watete knietief durch ihr Blut und Gedärm. Leider waren die Gegner in der Überzahl und schlugen wiederum die Revolte nieder. Den Häuptlingssohn verschleppten sie ins Kaiserreich, angeblich wurde er dort zu einem Wiedergänger. Mein Vater erzählte mir, eines Tages käme er zurück, um unser Volk vom König und dessen Jarl zu befreien. Ha! Schön wäre es ja...«, endete der Wächter. »Übrigens, mein Name ist Miðill.«
»Stimmt wohl, ist ein ziemlich einsamer Ort«, bemerkte ich trocken.
»Dann musst du ein wahrer Einsiedler sein, wenn du da ganz allein bei den Toten wohnst.«
»Mag es eben etwas ruhiger«, nickte ich.
»Kein Wunder, wenn du ganz heiß auf eine Braut bist. Irgendwie muss man sich ja dort die Langeweile vertreiben. Wie sagtest du, ist dein Name?«, fragte Miðill misstrauisch.
… Verdammt! Das war eine wirklich gute Frage. Dabei konnte ich sie mir selbst noch nicht einmal beantworten. Insgeheim hoffte ich auf ein Wunder...
Während des Gesprächs stieg unerwartet der Lärmpegel an. Gerade als ich »Hä?«, fragte, um etwas Zeit zu schinden, stürmte ein Pulk lärmender Kinder aus dem Dorf. Sie lachten und kreischten sehr laut. Mir taten sofort die Ohren weh. Sie stürmten im vollen Galopp, direkt vom Steg, ins Wasser des Fjords. Die Kleinen hatten ihren Spaß, bespritzten sich gegenseitig mit Wasser und versuchten ihren Gegenüber unterzutauchen. Was für ein Radau.
»Deinen Namen!«, insistierte Miðill. »Snorri muss ihn aufschreiben!«
»Hä? … Hhhhh....heißt... dd du...Hä... Häggggg... Hägar?«, brachte Snorri erleichtert heraus, sichtlich froh darüber, von Miðill nicht das Wort abgeschnitten zu bekommen.
Das klang gut, ich nickte: »Ja, ja... Hägar. Hägar, der Rote.«
Sofort kritzelte Snorri mit einem Stück Kreide auf einer Schiefertafel herum.
»Wieso Hägar, der Rote?«, fragte Miðill verwundert.
»Na, wegen meiner roten Haare!«, erklärte ich geduldig.
»Wo hast du denn rote Haare? Am Sack, oder was? Junge, du bist blond wie Stroh! Wahrscheinlich ist das sogar Stroh, was da aus deinem Schädel quillt!«
Ich nahm einen meiner Zöpfe in die Hand... »Oh!«
»Ja, ich merke schon, du bist ein bisschen langsam im Kopf«, verdrehte Miðill die Augen. »Gut, hast du Erfahrung als Krieger?«, hakte er nach.
»War Söldner.«
»Geht das schon wieder los? Muss ich dir wieder alles, wie einen Wurm aus der Nase ziehen? Wo warst du beschäftigt?«
»Oh, das war unten, weiter im Süden. Diente dem Kaiser.«
»Welchem Kaiser?«, fragte er sichtlich gereizt.
»Na, allen.«
»Bei Odin! Langsam reißt mir der Geduldsfaden...Wo warst du stationiert?«
Mir kamen so viele bekannte Namen in den Sinn, die ich dann einfach aufzählte: »Oh, ach so... Bei den Michaelern, mal in Köln, dann Aachen, Straßburg, Paderborn, Goslar, Kaiserslautern, Karlsruhe, Trier, Freiburg, Nürnberg, Bamberg, Regensburg, Wien. War auch schon mal in München... Zuletzt beim Orden des Heiligen Michael, in...«
»Danke, das genügt. Bist ja echt viel herumgekommen. Entweder, weil du so gut warst, oder deinen Vorgesetzten ganz tierisch auf den Keks gingst.«
»Warte, ich war noch gar nicht fer...«
»Ist ja gut, es reicht! Du kennst also die Feinde sehr gut. Ja, die Michaeler sind eine harte Truppe, bestehen nur aus fanatisch religiösen Kämpfern. Du hast nicht zufällig auch für König Eirik gearbeitet?«, fragte er plötzlich sehr ernst und beäugte mich misstrauisch.
»Eirik? Ich kenne keinen König Eirik! Wer ist der Kerl?«
»Ha, ha, ha! Warst wohl lange nicht mehr hier?!«, beide lachten. Miðill ergriff wieder das Wort: »Du meinst, du erkennst ihn nicht an? Das tun wir nämlich auch nicht! Wir wollen keine Knechte sein, sondern frei, wie unsere Ahnen. Schonmal der König ein christlicher Fremdländer ist, dieser Eirik III. Aus der Dynastie der Greifen! Odin hilf! Einer aus Pommern! Erich... Vorne Er, hinten ich... Ha, ha, ha.... Pah, er heißt eigentlich Bogislaw! Ein verdammter Polacke regiert die drei skandinavischen Königsstaaten!«, spuckte er aus. »Scheiß Kalmarer Union! Was ist das für ein König, der gestohlenes Land von seiner Tante erbt? Zum Glück ist die alte Margarethe abgekratzt! Ein König, der mit einer englischen Königstochter verheiratet ist, ist schon schlimm, aber wenigstens sagt uns nicht mehr ein altes Weib, was wir tun und lassen sollen.«
»Hm, ich hatte auch mal einen Onkel...Wie hieß er doch gleich?...«
»Das interessiert doch gar keinen!«, fuhr mir Miðill über den Mund und guckte giftig. »Eine letzte Frage noch: Wer ist der einzige, wahre Gott?«
»Hä? Was? Ein einziger Gott? Willst du mich verarschen? Odin, Thor, Loki, Heimdall... Das sind doch viele! Wie will ein einziger Gott alles unter Kontrolle haben? Das muss doch zwangsläufig scheitern!«, gab ich zurück... »Nur ein Gott? Das geht gar nicht!«
»Okay, richtige Antwort. Du bist in Ordnung, gib deine Waffen ab, du kannst rein gehen! Aber dein Graufell muss draußen bleiben«, drückte er mir einen, mit einer Nummer gekennzeichneten Stein in die Hand.
»Wieso soll ich meine Waffen abgeben?«
»Weil wir, im Gegensatz zu dir, nicht blöd sind! Die kriegst du wieder, wenn der Wettkampf beginnt. Wir lassen doch keine Wildfremden rein, die bis an die Zähne bewaffnet sind!«, erklärte er geduldig. »Deshalb auch die Nummer.«
»In Ordnung, das leuchtet mir ein!«, nickte ich, nahm die Waffen ab und reichte sie ihm.
»Du bist Nummer 13. Wir kennzeichnen deine Waffen mit dieser Nummer, klar? Was du nicht vorweisen kannst, bekommst du von uns gestellt. Ich sehe, du hast keine Wurfaxt.«
»Okay, kann ich jetzt zur Frau?«
»Bei Odin, du hast echt Druck auf der Leitung, was? Nein, du gehst zu den anderen, die dort beim Hügel mit dem Runenstein stehen. Erst musst du kämpfen und wenn du Sieger bist, bekommst du das Sternenmädchen, verstanden?«
»Oh, die anderen sind also auch noch Bewerber? Sie muss sehr beliebt sein!«, mutmaßte ich. Was sollte ich jetzt mit meinem neuen Gefährten tun? »Hör mal, Grauer. Du gehst dir mal die Pfoten vertreten, während ich da drin die Sache klar mache. Also, troll dich«, versuchte ich ihm begreiflich zu machen. Er starrte mich an, drehte um und hechelte davon.
»Sag deinen Leuten, sie sollen ihm nichts tun. Er ist ein guter Wolf!«
»Ja, klar, sag das mal Olav III. Willst du jetzt rein, oder hier den Narren spielen?«
»Rein, was denn sonst! Wer ist Olav III.? Ist er euer Häuptling?«
»Das wirst du schon früh genug erfahren. Wir kündigen ihn für gewöhnlich an, wenn er erscheint.«
Die Torwächter ließen mich passieren und lachten. Wieso konnte ich mir beim besten Willen nicht erklären.
Miðill schaute resigniert zu Snorri: »Schlag den Tryggvason! Leck mich am Arsch! Wenn der Große genauso langsam kämpft, wie er denkt, kommt er bald wieder heraus! So, jetzt ist Mittag, schließen wir das Haupttor, die Bewerbungsfrist ist verstrichen!«
...Trotz meines Handicaps hatte ich die erste Etappe meines Plans in die Tat umgesetzt. Ein wenig stolz war ich schon auf mich. Zumindest war ich jetzt drin!...
*