Читать книгу Lausige Zeiten - Elke Bulenda - Страница 13
Glücklich ist, wer das, was er liebt, auch wagt, mit Mut zu beschützen.
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Zweifelsohne besaß das Mädchen mehr Eier... äh, Courage, als manch ein Kerl. Der Tumult brach los, als gerade ein alter, blinder Mann, der uns als Dorfältester vorgestellt wurde, mit seiner Ansprache beginnen wollte. Ihm schien das Leben jedenfalls nicht gerade reich beschenkt zu haben. Über seine linke Gesichtshälfte zog sich ein tiefer Schmiss, der ihm beinahe ein Auge gekostet hätte. Wieso konnte ich nicht sagen, aber er kam mir bekannt vor. Krampfhaft versuchte mein Hirn eine Verbindung herzustellen. Leider vergebens.
Alle Teilnehmer, außer dem Blinden, begaben sich auf die besten Positionen, um ordentlich gaffen zu können. Und da sah ich das Mädchen, wie sie mit einem Hammer in den Schweinestall stürmte. Komisch, war sie denn etwa geschrumpft? In meiner Erinnerung erschien sie mir bei weitem größer. Die Geiselnahme war für uns alle eine äußerst amüsante Einlage. Obwohl das Ferkel-Napping eine echte Lachnummer war, sah ich in den Augen des Mädchens, eine Entschlossenheit, die mir unglaublich imponierte. Sie schien wirklich zu allem bereit. Dann kam eine andere Frau dazu und nannte das Mädchen Måne. Wie schön. Sie heißt also Mond. Kaum hatten wir ihren Namen vernommen, begann ein grölender Chor, ihr verzweifelt anmutendes Treiben zu untermalen. Leider kam ich nicht ganz durch bis vorn an die Tür, die von den Einheimischen Häschern bereits blockiert wurde. Also rief auch ich ihren Namen. Nur war ich mir überhaupt nicht sicher, ob sie wirklich so hieß. Ja, es war schon etwas mit M, aber mir fiel der wahre Name von ihr nicht ein. Mein schlechtes Namensgedächtnis musste schon vorher legendär gewesen sein.
… Zumindest reagierte mein Körper heftig auf den Anblick dieser hübschen Person Måne. Ihr wisst schon, was ich meine, oder muss ich noch deutlicher werden?...
Die andere Frau, sie hieß Gyttha, sprach beruhigend auf die Geiselnehmerin ein, die daraufhin ihren Hammer sinken ließ und von ihr beschützend abgeschirmt wurde.
… Junge, Junge, warum sträubte sich das Mädchen nur so verbissen, ein Bad zu nehmen? Man kann sich aber auch mimosenhaft anstellen....
Nochmals rief ich den fremden Namen des Mädchens, doch sie sah nur kurz in die Menge, errötete, senkte den Kopf und verschwand in Begleitung der Frau und einem jüngeren Mann, in der Schmiede.
»Hey, ihr Weiberhelden! Hier spielt die Musik! Nun habt ihr, im Gegensatz zu mir, den Preis gesehen und ich kann sagen, wir haben wohl nicht zu viel versprochen, oder? Sie hat ein unglaubliches Temperament, eine richtige, kleine Wildkatze. Diese Braut bekommt nur der Beste von euch, also trabt an und verdient sie euch!«, brüllte der Blinde wild gestikulierend, der inzwischen von dem Dunkelhäutigen unterstützt wurde. Ebenfalls vor Ort war Miðill, der Kerl, der mich anfangs schon am Tor befragte.
»Kein Problem, Gyttha hat jetzt wieder alles im Griff«, tuschelte er dem Blinden zu.
Als sich der Alte endlich unserer uneingeschränkten Aufmerksamkeit sicher war, fuhr er fort: »So, nochmals. Mein Name ist Thorfried und bin hier der Dorfälteste, und ich kann euch sagen, sterbt lieber jung, Krieger, denn das Alter ist nichts für Weicheier! Willkommen, auf der autonomen Insel Høy Øya, ihr mutigen Recken Odins. Genauso möchte ich anmerken, dass euch unsere Siedlung gerne Asyl anbietet, falls ihr Schwierigkeiten mit dem König und seinem verfluchten Jarl haben solltet. Denn selbst wenn ihr den Wettbewerb nicht gewinnt, können wir kriegserfahrene Leute immer gebrauchen, weil unsere Feinde uns ständig im Nacken sitzen.«
»Hört, hört!«, stimmten meine Mitbewerber anerkennend zu, und spuckten verächtlich aus, als sie vom Jarl und dem König sprachen.
»Da wir alle wissen, worum es geht, schlage ich folgende Vorgehensweise vor: Zuerst widmet ihr euch den Fernwaffen; Bogen, oder Armbrust, je nachdem, was euch mehr liegt und ihr mitgebracht habt. Jeder der nicht mindestens die beiden inneren Kreise trifft, scheidet aus. Denn wer seinen Feind die Chance auf ein Herankommen lässt, kann kein guter Krieger sein. Danach gilt es, eure Fertigkeiten mit der Wurfaxt festzustellen. Also, wer nicht treffsicher genug ist, der scheidet aus. Danach geht es in den Nahkampf, Mann gegen Mann. Solange, bis nur noch die Finalisten übrig sind. Diese beiden kämpfen gegeneinander und so ermitteln wir letztendlich den Sieger, unseren ersten Krieger. So! Hat noch irgendjemand eine Frage?«
Niemand meldete sich. Für mich stand außer Frage, dass niemand anderes als ich, das Mädchen in seinen Besitz brachte. Ich musste einfach siegen.
»Gut, dann stehe uns der Kriegsgott Thor hilfreich zur Seite«, schloss Thorfried.
Wieso auch immer, hatte ich das Gefühl, mit Thor nicht ganz im Reinen zu sein. Darum entfuhr mir eine spitze Bemerkung.
»Was Thor mit seinem Hammer, bin ich am Schlagbohrer!«
Thorfried drehte seinen Kopf in meine Richtung. »Wer hat das gesagt?«, fragte er den Dunkelhäutigen. »Auch wenn ich nichts mehr sehen kann, aber eine Stimme vergesse ich nicht. Sag, Ogfried, wie sieht der Kerl aus? Ist er groß und hat dunkelrotes Haar?«
»Nein, Vater. Er ist zwar ein Riese, aber er hat hellblondes Haar.«
»Dann ist es kein Wunder, wenn der Kerl eine wahre Stentorstimme hat.«
Thorfried blickte mich kritisch an, obwohl er nichts sehen konnte. »Sag, wie ist dein Name, Krieger?«
»Hägar, Väterchen. Äh, nicht Hägar Väterchen, sondern nur Hägar.«
»Gut, Hägar. Hägar wer?«
»Nur Hägar, Väterchen.«
»Nenn mich nicht Väterchen, sonst bekommst du von mir satt in die Fresse, sodass du nur noch flüssige Nahrung zu dir nehmen kannst, ist das klar? Hägar, wer ist dein Vater? Denn der Vater gibt seinen Namen an den Sohn weiter.«
»Tut mir leid, weiß ich nicht!«, zuckte ich mit den Achseln.
»So, so. Halte in Zukunft deine Zunge besser im Zaum, Hägar, du Bastard. Und was ist ein Schlagbohrer? Klingt nach einer äußerst gefährlichen Waffe!«
»Äh, keine Ahnung, das fiel mir gerade ganz spontan ein...«
Vom Osttor rief ein Wächter: »Macht das Tor auf! Olav III. kommt!«
Endlich sollte ich den ominösen dritten Olav kennenlernen. Ich war sehr gespannt, wer über diese Truppe das eigentliche Kommando innehatte. Schnell wurde das Osttor entriegelt. Doch statt eines Trosses, mit bis an die Zähne bewaffneter Krieger, stapfte ein mürrisch drein blickender Elchbulle durchs Tor. An seinen Geweihschaufeln hingen nasse Wasserpflanzen. Als er den Menschenauflauf sah, gab er ein genervt verächtliches Schnaufen von sich. Nicht nur mir fiel bei diesem Anblick die Kinnlade runter. Mitnichten kam Olav III. allein. Er hatte ein recht seltsames Gefolge. Mit gebleckten Zähnen, versuchte mein wölfischer Begleiter, Olav am Fortkommen zu hindern, indem er ihm am Schwanz gepackt hielt, und in die entgegengesetzte Richtung zu ziehen versuchte. Der hungrige Jerv besaß gegen den riesigen Olav nicht die geringste Chance. So bot sich uns ein Bild, wie der mies gelaunte Elch, einen hartnäckigen und nicht minder schlechtgelaunten, hungrigen Wolf mit sich zog.
»Jerv! Aus! Da waren deine Augen eindeutig größer als dein Maul!«, schnauzte ich.
Der dämliche Wolf sah mich mit Unschuldsmiene an und ließ nur ungern vom großen Olav ab, der ihm zum Abschied einen mächtigen Tritt mit auf den Weg gab.
»Hier, bei Fuß! Und sitz!«, meinte ich zu Jerv, der meinem Befehl nur widerwillig nachkam. Er warf dem leckeren Elchfleisch einen letzten sehnsüchtigen Blick zu, und schlich anschließend zu mir, wo er sich brav hinsetzte. »Du bist mindestens genauso peinlich wie ich! Und ich muss sagen, du hast dich wieder einmal sehr geschickt eingeschlichen«, tätschelte ich ihm den Kopf.
»Macht das Westtor auf! Olav III. geht!«, rief ein Wächter, der in der Nähe des Westtores stand. So schnell wie Olav auftauchte, so flott war er auch schon wieder verschwunden. Hinter ihm schloss sich krachend das Westtor und wurde rasch verriegelt. Dem Anschein nach, war ich nicht der Einzige, der sich fragte, was das gerade eben gewesen sein mochte.
»Kein Grund zur Beunruhigung. Das war Olav III. Er durchquert zweimal täglich unser Dorf. Früher ergab das kein Problem, weil das Gelände nicht umzäunt war, doch seit wir die Wallanlage haben, müssen wir ihm das Tor öffnen. Elche haben ihre festen Pfade, von denen sie niemals abweichen. Schon sein Großvater, Olav I. nahm diesen Pfad. Tja, dann sein Vater und jetzt der dritte Olav. Wenn wir nicht das Tor öffnen, rennt dieser dämliche Elchbulle den ganzen, lieben langen Tag dagegen an. Also, erklären wir uns bereit, ihm zweimal täglich Durchlass zu gewähren«, erläuterte Thorfried grinsend. »Der ist so pünktlich, nach dem könnten wir unsere Turmuhr stellen, wenn wir eine hätten.«
Gelächter brandete auf. Vor unseren Augen wurden Zielscheiben aus Stroh herbeigetragen und aufgestellt. »So, genug der Worte. Die Spiele können beginnen! Da nicht alle auf einmal schießen können, geht es nach den Nummern, die ihr eingangs erhalten habt. Gutes Gelingen, allerseits. Möge der Beste gewinnen!«, beendete Thorfried seine Ansprache und zog sich zurück. Als Schiedsrichter konnte er nicht fungieren, also übernahm der Kerl vom Tor, Miðill diese Funktion.
»In Ordnung, spannt und wenn ich es sage, solltet ihr schießen«, blickte er uns eindringlich an. Da ich die Nummer 13 hatte, konnte ich beim ersten Schwung nicht dabei sein. Also beobachtete ich die Resultate.
Miðill gab den Befehl zum Abschuss und sechs Pfeile suchten zeitgleich ihr Ziel. Wie gesagt, einige suchten. Bei Odin, so manch ein Pfeil suchte vergebens. Stattdessen konnte der unglückliche Schütze froh sein, nicht den eigenen Fuß durchbohrt zu haben. Um so besser standen die Chancen für mich. Selbstverständlich durften die obligatorischen Zuschauer nicht fehlen. Da Dorfbewohner ebenfalls an dem Wettkampf teilnahmen, wurden diese von ihren Frauen, Kindern und Bekannten, durch Jubel, Rufen und Klatschen unterstützt. Thorfried hatte recht. Gerade beim Bogenschießen trennte sich die Spreu vom Weizen. Vier Teilnehmer zogen schon mal in die weitere Runde. Der nächste Pulk Schützen nahm seine Position ein, spannte die Bögen, bzw. Armbrüste und wartete auf das Kommando. Dabei war ebenfalls der Dunkelhäutige, der allem Anschein der Sprössling Thorfrieds war. Er machte einen durchaus gut trainierten Eindruck und beherrschte seine Sache gut. Ogfried traf mitten ins Schwarze. Somit war auch er für die nächste Runde qualifiziert. Endlich kamen ich und meine Mitbewerber an die Reihe. Der stotternde Snorri reichte mir meine Armbrust und die Bolzen. Miðill gab den Befehl zum Spannen. Alles wartete gebannt auf das Kommando zum Abschuss. Ich nahm die Zielscheibe ins Visier.
»Abschuss!«, brüllte Miðill. Tja, als ich den Abzug betätigte, wusste ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Sehne meiner Armbrust war gerissen. Während die anderen ihre Pfeile schon auf den Weg schickten, fummelte ich an dem Gerät herum.
»Hey, du! Ja, du! Gibt es Probleme? Hörst du schlecht, oder muss ich dir erst erklären, wie so eine Armbrust funktioniert?«, fragte Miðill gereizt.
»Äh, keine Probleme! Lediglich eine Ladehemmung!«, warf ich ein.
»Na, wenn das kein Problem ist, dann würde ich jetzt mal an deiner Stelle schießen, sonst wirst du disqualifiziert! Du müsstest doch wissen, dass jeder Krieger für den einwandfreien Zustand seiner Waffe verantwortlich ist! Du kannst nicht zu deinem Feind sagen: ›Moment, bleib mal eben stehen, ich habe eine Ladehemmung!‹ Vielleicht ist er ja so nett und leiht dir seinen Bogen!?«
Gelächter erklang und ich fühlte mich unsagbar gedemütigt.
...Was sollte ich tun? Blöd rumstehen und dumm gucken? Das brachte mich nicht weiter. Ich musste unbedingt zu dem Mädchen. Also beschloss ich, meine seltsamen Kräfte zu bündeln und den Pfeil, gegebenenfalls, auch ohne Sehne auf den Weg zu schicken. Ich blickte auf die Zielscheibe, und um mir den Vorgang besser einzuprägen, noch einmal auf den Abzug. Nochmals auf die Zielscheibe, einem Huhn, das auf dem Boden nach Würmern scharrte, und den Weg zurück zu mir. So konzentriert, zog ich den Abzug. Der Bolzen trat seinen Weg an. Zugegebenermaßen auf eine recht ungewöhnliche Art und Weise...
Das Publikum, zuerst aufgeregt schwatzend, wurde schlagartig still. Miðill trabte kopfschüttelnd auf die von mir anvisierte und getroffene Zielscheibe zu.
»Mir ist ja klar, dass du einen offenbar recht krummen Verstand besitzt, aber so habe ich bisher noch niemanden mit einer Armbrust schießen sehen!«
»Ehrlich gesagt, ich auch nicht. Mir ist die Sehne gerissen!«, insistierte ich.
»Du hast mir nicht erzählt, dass du beim Resandefolket, den Vaganten und Spielleuten warst. So, mal gucken, was du, außer dem armen Huhn, getroffen hast! Wenn du zu deinen Feinden genauso gnadenlos bist, wie zu Hühnern, dann mal Prost Mahlzeit«, grummelte Miðill, der das aufgespießte Geflügel ein wenig den Schaft des Bolzen hochschob, um das Ziel besser zu erkennen.
»Voll ins Schwarze! Bullseye, trotz Huhn! So wie es aussieht, gibt es heute Brathühnchen zum Abendessen«, bemerkte er. Die Zuschauer lachten und begannen zu klatschen. Ohnehin glich der Wettbewerb eher einem Volksfest, als einem Duell der besten Kämpfer.
»Leck mich am Arsch und schlag den Tryggvason!«, kratzte sich Miðill am Kopf. »Das Glück ist eindeutig mit den Dummen! Du bist eine Runde weiter. Aber das Huhn musst du uns bezahlen. Tote Hühner legen keine Eier, wenn du verstehst, was ich meine!«
»Kein Problem, gib mir das Huhn«, kramte ich in meiner Geldkatze herum und drückte ihm ein paar Münzen in die Hand. Jerv leckte sich die Lefzen und machte Männchen. Schneller als ich gucken, oder sagen konnte: »Pass mit den Knochen auf!«, war das Huhn schon verschlungen!
Statt der Zielscheiben, wurden jetzt Strohpuppen mit Holzrüstungen in etwa sechs Metern Entfernung aufgestellt. Die Dorfbewohner hatten wirklich keine Mühen gescheut, als sie diesen Wettbewerb vorbereiteten. Auf dem Brustharnisch prangte statt einer Zielscheibe, ein rot aufgemaltes Herz. Die Vorgehensweise war bekannt, und wie gehabt, kamen wir entsprechend den Nummern nach, an die Reihe. Diesmal war es Pflicht, das Ziel genaustens zu treffen.
… Nebenbei muss ich anmerken, dass es gar nicht so einfach ist, überhaupt irgendetwas mit einer Axt zu treffen. Alles in allem, nichts für ungeschickte Leute. Zu leicht kann man sich selbst damit verletzen. Unkoordinierten Zeitgenossen sollte man so ein Mordinstrument gar nicht erst in die Hand drücken. Im Gegenteil zu einem Pfeil, ist die Axt eine sehr unruhige Waffe, weil sie ohne Hilfsmittel, lediglich mit reiner Körperkraft geworfen wird. Außerdem dreht sie sich während des Wurfs einmal um ihre eigene Längsachse. Damit der Wurf tadellos gelingt, sind ein gutes Auge, eine ruhige Hand, Kraft und Konzentration gefragt. Übung ist natürlich von Vorteil. Nur wusste ich nicht, ob ich jemals zuvor so ein Gerät in der Hand hielt...
Als Snorri mir ein gut ausbalanciertes Beil in die Hand drückte, fühlte sie sich vertraut an und ich war zuversichtlich, schon einmal damit umgegangen zu sein. Mir kam dabei der Name »Fliegende Walküre« in den Sinn. Was es damit auf sich hatte, konnte ich mir nicht erklären. Aber zumindest musste dieser Begriff etwas mit mir zu tun haben.
Meine Konkurrenten schlugen sich wacker. Doch von allen tat sich der dunkelhäutige Ogfried besonders hervor. Er traf das Ziel mit gekonnter Akkuratesse. Sein Wurf hatte ein Verve, als beherrsche er die Situation aus dem Effeff. Wie ich schon am Tor mitbekam, war er ziemlich umtriebig gewesen und kam aus dem Süden, wo er anscheinend in der Armee irgendeines Königs gedient hatte. Seltsamerweise erkenne ich einen Soldaten, wenn ich einen sehe, und dieser hier war hervorragend.
Definitiv dünnten sich die Reihen der Bewerber aus. Die meisten Teilnehmer nahmen es eher gelassen, und sprachen dafür reichlich dem Met zu, nachdem sie ausschieden.
Nach seinem tadellosen Wurf, sah mich Ogfried herausfordernd an und zwinkerte mir zu: »Tja, du kannst es lieber gleich bleiben lassen. Ich hoffe, du hast wenigstens vom Zusehen etwas gelernt!«
»Nimm deinen Mund mal nicht so voll, mein Schoko-Prinz! Das Mädchen gehört zu mir!«, blaffte ich zurück.
»Das werden wir ja sehen«, grinste er charmant und verbeugte sich.
… Boah, wie ich diesen Kerl hasste!... Dafür bekam er den Stinkefinger. Mit seiner dummen Bemerkung hatte er meinen Zorn befeuert. Falls wir uns im Endkampf gegenüberstehen sollten, so schwor ich mir, würde ich ihm den Hals umdrehen. Ganz egal, was sein Papi Thorfried dazu sagte.
Daraufhin sah mich mein Manager fragend an, sodass ich mich mit ihm umgehend beratschlagte.
»Okay, Jerv. Bleib schön hier sitzen, ich werde das Kind schon schaukeln. Apropos Kinder... Halte dich von den Kindern hier fern. Die Dorfbewohner sehen es nicht gern, wenn ein Wolf unter ihnen ist. Zwar frage ich mich, warum die Dorfhunde das dulden, aber wahrscheinlich verstehen sie nicht, dass du dich nur als Hund getarnt hast. Also, bleib sitzen und rühre dich nicht. So, ich bin jetzt dran!« Wie jedes Mal, wenn ich mit dem Wolf sprach, kam ich mir äußerst albern vor.
Kurz war ich versucht, statt die Strohpuppe, den Ogfried zu treffen, doch nahm ich mich zusammen und fasste das aufgemalte Herz ins Auge. Mit Schmackes ließ ich die Axt los, die ohne Umschweife direkt das Holz spaltete.
Die Umstehenden murmelten, was Miðill dazu veranlasste, den Holzharnisch genauer zu untersuchen. »Scheiß die Wand an und schlag den Tryggvason! Mitten rein! Verdammt! Wo ist der Axtkopf geblieben?«, kratzte er sich am Kopf und betrachtete etwas ratlos den Stiel, der aus dem aufgemalten Herz ragte. Es sah aus, als hätte jemand das Herz gepfählt. Miðill hob die Holzplatte an und zog die Brauen in die Stirn.
»Leck mich am Arsch! Das habe ich auch noch nicht gesehen. Der Axtkopf ist durch das Holz und es hat sich hinter ihm wieder geschlossen. Hm, ich glaube, ich muss meine Meinung dir gegenüber revidieren, Hägar«, gab er etwas kleinlaut zu.
»Dddd...die... Aaa Aaxt hatttt sssi siich... nicht maaa mal ge gedrrrr gedreht!«, stotterte Snorri. ...Und ich genoss Ogfrieds verblüfftes Gesicht...
»Bein Odin, der Kerl ist ein wahrer Berserker!«, tuschelte Miðill mit Snorri. Dann hielt er inne... »Hägar, du bist eine Runde weiter.«
»Gut, etwas anderes wollte ich auch gar nicht hören!« Zufrieden drehte ich mich zu Jerv um. Der Anblick der sich mir bot, verschlug mir beinahe die Sprache.
Jerv hatte sich zwar nicht gerührt, doch klebte ein Pulk Dorfkinder an ihm, die ihn begeistert kraulten, tätschelten und streichelten. Und der komische Wolf lag auf dem Rücken, wie eine sich anbietende Hure und ließ alles über sich ergehen, blinzelte nur und zeigte kurz die Zähne.
»Ja, ja... Grinse nur! Du hast ja recht. Du hast dich nicht von der Stelle gerührt und kannst absolut nichts dafür, wenn du auf die Kinder so anziehend wirkst! Ich frage mich wirklich wer, oder was du bist!«
Selbstredend blieb Jerv mir auch diesmal eine Antwort schuldig...
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