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Dies Geschöpf der Finsternis, ich nenn es mein.

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(William Shakespeare, Hamlet)

Der Jarl schnaufte etwas kurzatmig vor der Tür des Persers: »Bei diesem Weib... ist die Dunkelheit wirklich von Nöten, damit ihr hässliches Äußeres... der Welt verborgen bleibt!«

Jeder, der den Exoten zu konsultieren beabsichtigte, musste erst einmal große Mühen in Kauf nehmen und all die zahllosen Treppen des Turms erklimmen. Obwohl der Jarl wusste, was ihn hinter der Tür erwartete, hielt er inne, um sich ein wenig zu sammeln. Auf der anderen Seite der besagten Tür, ging der Perser Al-Ghawl seinem finsteren Treiben nach. Der Orientale war einer, dem man im Allgemeinen einen »Hellen Kopf« nennen könnte. Wenn man ihn jemals zu Gesicht bekäme.

»Offenbar ist er der einzige Mensch hier in der Burg, dem diese verdammte Dunkelheit nicht auf die Nerven geht!«

In der Gunst des Jarl stand Al-Ghawl sehr viel höher als der Rest des gewöhnlichen Gesindes. Selbst wenn Bjarne es nicht zugab, konnte man diesen Umstand sehr wohl daran erkennen, dass er den Perser als einzige Person nicht prügelte. Niemand wollte herausfinden, was passierte, wenn es trotz allem jemals geschah. Allerdings wusste der Jarl, dass der Perser niemals etwas gegen ihn zu unternehmen wagte.

Trotz Zugehörigkeit der wahren Glaubensgemeinschaft, griff Allvaturson auf die Schwarzen Künste des Orientalen zurück. Wenn Beten keine Früchte trug, war eben Hilfe von der anderen Seite gefragt. Für ihn war der Perser der einzig brauchbare Mitarbeiter, wertvoller als alle anderen zusammen. Zwar nahm er nur selten dessen Dienste in Anspruch, aber besondere Umstände bedurften eben gesonderter Mittel. Nachdem sich der Jarl genügend gewappnet sah, betrat er ohne zu klopfen das Gemach, Schrägstrich, Labor. Al-Ghawl war ein langer Arbeitsweg verhasst, weil er ihm wertvolle Zeit stahl, die er dringend für seine Experimente benötigte. Pragmatisch wie er war, schlief und werkelte er an ein und dem selben Ort.

Der Jarl fragte sich, wie dieser Perser beim vorherrschenden, schrecklichen Gestank der Chemikalien, getrockneten Kräuter, mumifizierter Tierkadaver und unzähligen Ingredienzien, überhaupt schlafen konnte. Vermutlich inhalierte der Perser ein paar Mal kräftig, bis ihn eine Ohnmacht überwältigte.

»Du meine Güte! Wie kannst du in dieser Finsternis, mit nur einer einzigen Funzel arbeiten?!«, fragte Bjarne, der unsicher auf das schwache Licht zu wankte. »Hier fühle ich mich wie lebendig begraben! Verdammt, ich kann kaum etwas sehen!«, polterte er und riss dabei die Fensterläden auf. Es wäre bei weitem nicht verwunderlich, wenn dort ebenfalls Finsternis herein strömte, was jedoch nicht geschah. Helles Tageslicht durchflutete das vormals finstere Gewölbe. Als Bjarne sich zum Perser herumdrehte, war dieser verschwunden. Daraufhin ging der Jarl zum Schrank und öffnete diesen.

»Ich habe einen Auftrag für dich!«, bemerkte er herablassend.

»Ja Herr?«, fragte Al-Ghawl aus dem Schatten heraus.

Bei Al-Ghawl handelte es sich weder um einen Vampir, noch war er wirklich tageslichtempfindlich. Der Orientale hielt sich lediglich gern von jeglicher Lichtquelle fern. Ängstliche, abergläubische Gemüter munkelten, er habe keinen eigenen Schatten. Diesen hätte der Orientale dem Teufel während eines Tauschhandels überlassen. Als Gegenleistung bekam er dafür unheimliches Wissen und Macht.

Zufälligerweise flog ein Greifvogel am Burgfenster vorüber, der Bjarnes Aufmerksamkeit für Millisekunden auf sich zog. Er liebte die Jagd mit dem Falken, sie bedeutete die einzige Annehmlichkeit in seinem tristen Dasein.

»Genau, ich...« Bjarne stutzte suchend. Danach begab er sich zum Bett des Schwarzmagiers und bückte sich hinunter. »Genau, ich will, dass du mir diese ungehorsamen Rebellen vernichtest! Ich will sie alle tot sehen!«

»Oh, tot? Alle? Das wird kaum möglich sein, oder?«, tönte eine fragende Stimme unter dem Bett hervor.

»Ja, tot! Was ist daran nicht zu verstehen? Warte mal, was soll das bedeuten?«

»Weil ein Untoter auf der Insel ist. Ich befragte mein Kesselorakel, nachdem ich mit meinem Sternbeobachtungsapparat einen Kometen mit brennendem Schweif sah, der über dem Meer niederging. Außerdem war die Erschütterung des Kosmos eindeutig zu spüren. Etwas Unnatürliches ereignete sich. Ein Riss in Zeit und Raum«, sprach der Perser.

»Hör auf, in Rätseln zu reden! Wie untot? Das verstehe ich nicht! Entweder jemand ist mausetot, oder man ist lebendig! Komm gefälligst unter dem Bett hervor, ich schließe für dich sogar wieder die Läden und entzünde stattdessen zwei Fackeln!«, befahl der Jarl.

»Eine Fackel und ich komme unter dem Bett hervor, bei zweien bleibe ich, wo ich bin!«, konterte die Stimme unter dem Ruhemöbel.

Beinahe explodierte der Jarl vor Wut. »Was glaubst du wer... Na gut, überredet, dann eben eine!«, knurrte er missgelaunt, entzündete die Fackel und schloss die Fensterläden.

Nachdem er das erledigte, drehte er sich um - und stand unverhofft vis a vis mit dem Perser. Dieser bewegte sich grundsätzlich lautlos.

An den Anblick des Orientalen konnte sich Allvaturson einfach nicht gewöhnen. Trotz der dunklen Augen, die wie Kohlen in seinem relativ blassen Gesicht brannten, trieb es Bjarne jedes Mal einen kalten Schauer voller Unbehagen über den Rücken. Seltsame Tätowierungen zierten des Persers Antlitz. Unter jedem Auge standen Worte in fremder Sprache und Schrift. Selbst sein Hals war von den Schriftzeichen nicht verschont geblieben. Wahrscheinlich so etwas wie ein Abwehrzauber. Das Haupt des Fremdartigen zierte kein einziges Haar, mutete so glatt an, als wäre es poliert.

»Äh...«, stutzte Bjarne. »Das musst du mir genauer erklären.«

»Gut, so sei es, Herr. Untote sind Wiedergänger. Sie starben und doch ist ihr toter Körper mit Lebensenergie betrieben, die sie jemandem stehlen müssen, um ihr unheiliges Treiben fortzusetzen. In diesem Falle, handelt es sich um einen Blutsauger, einen Vampir«, erklärte Al-Ghawl.

Bjarne überlegte kurz, dann nickte er zustimmend. »Das ist doch prächtig! Wenn die Rebellen seinem Blutdurst zum Opfer fallen, dann erledigt sich das Problem sozusagen ganz von allein.«

»So einfach stehen die Dinge nicht, Herr. Dieser Wiedergänger weiß nichts von seinem Dasein als Blutsauger. Wieso, kann ich dir nicht sagen. Er hält sich für einen ganz normalen Menschen. Aber jetzt ist etwas Zeit verstrichen, Herr. Vielleicht ist er sich jetzt dessen bewusst.«

»Mutmaßungen helfen mir nicht weiter. Befrage lieber deinen seltsamen Kessel!«

»Sehr wohl, wie du befielst!«, verbeugte sich Al-Ghawl und schürte hurtig das Kaminfeuer. »Gedulde dich noch einen kleinen Augenblick, er benötigt eine gewisse Betriebstemperatur.«

Und tatsächlich warf der Magier beim werkeln am Kessel keinen Schatten. Da sieht man es mal wieder: Jedes Gerücht beinhaltet ein Quäntchen Wahrheit.

Mit Ungeduld ertrug der Jarl das sich anbahnende Schauspiel. Singend und kauderwelschend tanzte der Exot um die Feuerstelle herum. Pflückte hier ein paar Kräuter ab, schnippelte an seinen Tierkadavern herum, kippte immer wieder verschiedenfarbige Flüssigkeiten in das Behältnis, murmelte, hantierte und kicherte dabei recht irre. Dann winkte er dem Burgherren zu.

»Du musst einmal in den Kessel spucken, Herr, sonst spricht ES deine Sprache nicht«, meinte der Perser und rupfte dem Jarl ein Haar aus dem Schopf. »Danke, das benötige ich ebenfalls!«

Sogleich landete das Haar im Kessel, der mittlerweile eine schwarze, teerartige Brühe enthielt. Schwerfällige, dicke Blasen stiegen darin hervor und platzten mit ekelerregendem Geräusch. Plurp...

»So, fertig!«, verkündete Al-Ghawl begeistert.

»Und was passiert jetzt?«, wollte Bjarne wissen.

»Jetzt befragen wir das Orakel!«

»Gut, dann fange mal an, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!«, pöbelte der Jarl.

»خدمت به روح! Der Herr ist hier, um dich zu befragen! Zeige dich!«, beschwor er den Kessel.

Die Oberfläche zeigte eine Wölbung, wirkte, als wolle jemand hindurch brechen. Sie verzog und dehnte sich. Dann erschien ein pechschwarzer Kopf mit menschlichen Gesichtszügen. Der Anblick erinnerte ein wenig an eine Moorleiche, die unversehens auftauchte. Sie sagte: »Puah! Tffftft, pfuttffftpttt!«

»Was bedeutete das?«, fragte der Jarl erstaunt.

Der Magier zuckte nur mit den Schultern. »Keine Ahnung, Herr!«

»Was das bedeutet?«, fragte das rabenschwarze Gesicht im Kessel. »Es bedeutet, dass ich ein Haar im Mund habe! Und ohne Hände, muss ich ausspucken, um das lästige Ding wieder loszuwerden! Okay, dich kenne ich bereits, dich mit den wallenden Locken aus Antimaterie«, grinste das schwarze Gesicht. »Aber Blondie wurde mir noch nicht vorgestellt. Mann, Blondschopf, du hast wirklich außerordentlich schicke Stiefel!«

»Hüte deine Zunge خدمت به روح, er ist der Herr des Hauses, der ehrenwerte Jarl Bjarne Allvaturson«, rügte der Perser seinen dienstbaren Geist.

»Mir dünkt, du hast deinen Dämonen wahrlich nicht im Griff!«, knurrte der Jarl.

»Er ist schon sehr viel gehorsamer geworden, glaube mir Herr. Du hättest ihn vorher erleben sollen«, schmunzelte der Perser.

»Oh, großer Jarl, du bist also der Herr dieses fröhlichen Hauses, dem wahren Hort der Geborgenheit. Sag, was genau ist ein Jarl überhaupt?«, meinte der Dämon im gelassenen Plauderton.

»Ein Jarl ist hier so etwas, wie in England der Earl. Meine Aufgabe ist es, das Land zu verwalten, bei Gericht zu sitzen, und der Obrigkeit im Kriegsfall Männer zur Verfügung zu stellen. Alles in allem, ich diene dem König Eirik«, antwortete Bjarne.

»Aha, das war sehr aufschlussreich, dann ist das schon ja mal geklärt. Womit kann ich dir und deinem König dienen?«, fragte der Dämon mit schmeichelnder Stimme.

»Sag uns etwas über den Blutsauger, der in der Nacht vom Himmel fiel«, forderte Bjarne.

»Ach, ihr wollt einen Orakeldienst von mir. Gut, das ist kein Problem. Aber ehe wir beginnen, fordere ich eine kleine Gegenleistung von dir. Gib mir ein Stückchen Stockfisch!«, erwiderte der Dämon.

»Du dreistes Ding! Deine Position erlaubt dir nicht, von mir etwas zu fordern!«, schmetterte der Jarl die Bitte barsch ab.

Der Orientale schaltete sich dazwischen. »Herr, es war schon immer so, dass Dämonen niemals etwas umsonst taten. Solange er nur ein kleines Stück getrockneten Kabeljau dafür haben will, ist es durchaus in Ordnung. Andere Dämonen verlangen sogar den Erstgeborenen für ihre Dienste.«

»Er kann gerne eine meiner froschgesichtigen Töchter bekommen.«

»Mädchen sind für ihn nichts wert, sie machen ihm nur die Ansprüche auf Schuhe streitig. Du weißt doch, Frauen haben nie etwas anzuziehen«, erklärte Al Ghwal geduldig.

»Hm, schade, na gut. Gib ihm seinen Fisch!«, nickte Bjarne zustimmend.

Wie ein Delfin von seinem Dresseur, empfing der Kesseldämon das ihm zugeworfene Stück Fisch... »Yummi! Ich halte zwar nicht viel vom kalten Norden, aber euer Fisch ist ausgezeichnet, das muss ich neidvoll anerkennen!«, schmatzte der dienstbare Geist.

»So, jetzt hast du deinen Fisch. Sag mir, was es mit dem Vampir auf sich hat, und ob er meine Pläne durchkreuzt«

»Klar, du bekommst jetzt einen 1a Orakelspruch. Hör genau zu: Aus Haralds totem Haus, stahl der Michel einst ein Ei heraus. Es wurde größer und rief nach Rache – Siehe da, es ist der rote Drache.«

»Was soll der Unsinn? Du redest kryptisches Zeug!«, reklamierte der Jarl.

»Gut, denn immerhin bin ich ein Orakel. Und noch ein Gedicht!«, sprach der Dämon freudig.

»Noch ein Gedicht? Mir wäre Aufklärung lieber!«, schnappte der Blonde.

»Der Wolf im Schafspelz, gib gut acht! Sein scharfes Aug sieht dich bei Nacht!«

Der Jarl verdrehte die Augen. »Was soll ich mit diesem Unfug anfangen? Der Stamm der Haraldinger starb vor über 600 Jahren aus. Der Nebenzweig aus dem Süden, gehört zu den Königstreuen, sie würden uns niemals in den Rücken fallen.«

»Aber Jarl, es handelt sich um eine alte Prophezeiung, von der die Einheimischen reden. Der heimkehrende Sohn. Wenn du sie ungeschehen machen willst, so musst du unverzüglich handeln!«, orakelte der Dämon. »Ein Vampir ist schon da, ein anderer kommt über das Meer, der Dritte, hat seine Reise noch nicht begonnen. Den Vampir auf der Insel kannst du jetzt nicht mehr habhaft werden, aber es gibt eine entscheidende Schwachstelle! Eine Kette ist immer nur so stark, wie ihr schwächstes Glied. Der Vampir, der das Meer überquert, ist verletzlicher als die anderen beiden. Es handelt sich bei ihm um eine kleine Frau! Wenn du diese Vampirin in deine Gewalt bringst, kannst du dem Lauf der Dinge Einhalt gebieten.«

»Wie erkenne ich diese Frau? Eine Beschreibung wäre angebracht!«

»Kein Problem!«, kicherte der Kesseldämon und tauchte ab. Die Oberfläche glättete sich und fungierte nun als Zauberspiegel. Die obsidianschwarze Fläche zeigt das Bild von Esther.

»Du meine Güte!«, bemerkte Bjarne entsetzt. »Mein Weib ist nun wirklich keine Schönheit, aber diese hier, sieht aus wie ein Wal!«

»Herr«, unterbrach ihn der Kahle. »Das ist ihre augenblickliche Erscheinungsform. Sie beherrscht die Gestaltwandlung. Sie ist gerade einer!«

»Echt jetzt? Wie macht sie das mit ihrer Kleidung?«

»Ehrlich gesagt, Herr, da bin ich ein wenig überfragt.«

»Wir können unmöglich sämtliche Wale vor der Küste abfangen«, bedachte der Jarl.

»Selbstverständlich nicht, Herr!« Dann wandte er sich dem Kessel zu. »Dämon! Narre uns nicht! Zeige ihre wahre Gestalt!«, grollte Al-Ghawl.

»Sorry, dann war das wohl ein Missverständnis!«, ertönte des Dämonen Stimme. Kurz darauf zeigte die Oberfläche Esthers wahre Erscheinungsform.

»Hm, nicht übel!«, bekundete Bjarne lüsternd.

»Braucht ihr mich noch?«, tauchte der Dämon wieder auf. »Ich habe nichts mehr zu sagen, meine Sprechstunde ist jetzt vorüber!«, bekundete der dienstbare Geist und versank zurück in die Tiefen des Kessels. Dann tauchte er noch einmal auf. »Einen Tipp hätte ich da noch für dich und deinen König. Falls es zum Krieg mit den Hanseaten kommen sollte, stellt jetzt lieber sofort die Lieferung des Stockfischs ein. Denn Kriege werden nicht nur mit Waffen und Männern gewonnen. Und warum solltet ihr eurem Feinde mit von ihm benötigten Proviant befeuern? So, das war´s jetzt aber! Tschüss denn!«, tauchte er endgültig ab. Der Jarl überlegte kurz. »So gesehen, hat er auch wieder recht. Wir werden die Lieferungen einstellen. Die Lübecker Pfeffersäcke werden ausgehungert, denn sie halten das Monopol über den gesamten Stockfischhandel der Deutschen Länder und Europas. Und was meinen Fall betrifft: Werde ich meinen Wachposten sagen, sie sollen Ausschau nach der Fremden halten. Sie bekommen eine ausführliche Beschreibung und ich setze ein Kopfgeld auf sie aus, dann wird sie mir nicht entkommen.«

»Werden meine Dienste noch benötigt?«, fragte der Perser unterwürfig.

»Sag Perser, wie lange dienst du schon meiner Familie?«

»Oh, warte... Dir, deinem Vater, deinem Großvater, dem Vater des Großvaters und dessen Vater und Großvater... Sehr lange, Herr.«

»Genau, hier geht es um eine Familienangelegenheit. Schwangerschaften sind immer fürchterlich, vor allem diese allmorgendliche Übelkeit!«

»Ich könnte deiner Gemahlin etwas dagegen geben«, bot der Exot an.

»Doch nicht bei ihr! Sondern bei mir, wenn ich dieses Weib sehe! Es geht um meine Familie. Du wirst mein aktuelles Problem erkannt haben, oder?«, fragte Bjarne

»Gewiss Herr, es erfüllt mich mit Betrübnis, dass du bisher keinen Sohn dein Eigen nennen kannst. Dieser Umstand ist ein Grund zur Besorgnis.«

»Du hast die Wurzel des Übels genau erkannt, Perser. Mich stimmt dieser Umstand eher verdrießlich. Kannst du vielleicht ein Gebräu, oder einen Trank herstellen, damit meine Frau mir diesmal einen Stammhalter gebiert?«, hakte Bjarne nach.

»Oh, verzeihe mir. Leider hat die Natur längst entschieden, welches Geschlecht dem Kind zugeschrieben wird. Das ändern zu wollen, steht jetzt nicht mehr in meiner Macht, es ist zu spät. Du hast mein volles Mitgefühl, Herr. Aber, beim nächsten Mal, wenn deine Gattin wieder guter Hoffnungen ist, komme früher zu mir, dann wirst du deinen Sohn bekommen«, verbeugte sich Al-Ghawl vor dem Herren.

»Es wird kein nächstes Mal geben! Nochmal tue mir keinen weiteren Beischlaf mit ihr an! Dieses Weibsbild muss ich loswerden! Sie will mich ruinieren! Fünf Töchter! Da wird der Hund in der Pfanne verrückt! Wenn ich jeder dieser hässlichen Kröten eine satte Mitgift geben muss, wird von meinem Besitz nichts mehr übrig bleiben. Sie muss weg und die Kinder werden getrennt und auf weit entfernte Höfe verteilt. Die Vampirin wird meine neue Braut!«, entschied Bjarne spontan.

»Aber Herr! Vergesst nicht, sie ist ein gefährliches Wesen! Und ihr Leib ist so fruchtbar wie eine Fuhre Sand!«

»Das macht nichts. Damit hat sich das Stammhalterproblem von allein gelöst. Wenn ich erst einmal unsterblich bin, benötige ich niemanden, der meinen Besitz erbt. Ich behalte ihn selbst!«, bekundete der Jarl, von seiner eigenen Idee entzückt.

»So gesehen, eine brillante Lösung«, nickte der Orientale. Allah stehe mir bei! Welch dramatische Tragweite das haben wird, ist kaum auszudenken!

»Benötigst du zur Eliminierung deiner Gattin meine Hilfe?«, fragte der Perser.

»Nein, darum kümmere ich mich liebend gern selbst. Aber du solltest dir etwas ausdenken, was unsere Inselaffen betrifft. Und versage nicht, bisher steht dein Ansehen bei mir hoch im Kurs. Verdirb dir das nicht! Ach ja, wenn du so fragst, kannst du dich um meinen dämlichen Schwiegervater kümmern, bereite ihm einen langsamen und qualvollen Tod, der Scheißkerl hat es nicht anders verdient!«

»Ich werde veranlassen, dass die Inselbewohner in der Dunkelheit eine wahre Überraschung präsentiert bekommen. Das Gleiche gilt für deinen Schwiegervater. So viel sei dir verraten.«

»Sehr gut, ich zähle auf dich!«, nickte der Jarl und wollte gehen. Allerdings blieb er stehen und sah nachdenklich zum Kessel. »Was machst du eigentlich jetzt mit dem Inhalt?«

»Was? Wieso? Ganz einfach: Heute gibt es Eintopf!«, grinste Al-Ghawl und verschwand wieder in der tiefen Finsternis seines Gemäuers.

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Lausige Zeiten

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