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Götze Glücklichsein

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Nun kann es aber auch passieren, dass der Weltschmerz so groß und laut wird, dass wir nur noch unsere Sehnsucht nach dem Paradies spüren und regelrecht darin verloren gehen. Dann wird die gottgegebene Sehnsucht schnell zu einer ungesunden Sucht nach Glück.

In unserer heutigen Gesellschaft liegt so eine besondere Betonung auf der Suche nach dem Glücklichsein. In anderen Jahrhunderten hat sich die Frage vielleicht viel weniger gestellt, weil es oft um das pure Überleben in Kriegs- oder Hungerzeiten ging. Da war die Frage, die die Menschen bewegte: Wird es morgen noch etwas zu essen geben, werden wir morgen noch leben, oder werden wir vom Kriegsgegner getötet werden? Wird diese Krankheit, diese Verletzung tödlich sein, oder werden wir sie überleben? Heute leben wir in einer Zeit und in einem Land, wo unsere Grundbedürfnisse nach Nahrung, Schutz, Wohnung und Gesundheitsfürsorge in der Regel abgedeckt sind, und dadurch haben wir Zeit und Gelegenheit, über unser Glücklichsein oder unser Unglücklichsein nachzudenken. Manche Menschen in anderen Kulturen haben diesen Luxus auch heute nicht, da geht es immer noch um das nackte Überleben.

Bei uns, in unserer postmodernen Gesellschaft, ist das persönliche Glück geradezu ein Götze geworden. Ein Götze ist etwas oder jemand, der all unsere Zeit, unsere Aufmerksamkeit, unseren Fokus, unsere Worte, unsere Gedanken und unser Geld in Beschlag nimmt. Daran können wir Götzen in unserem Leben erkennen. Das ist dann unser höchstes Gut, dem jagen wir mit aller Kraft nach. Dem Götzen »Glücklichsein« werden, wie bei jedem Götzendienst üblich, Opfer dargebracht. Ehen sterben auf dem Götzenaltar: Wenn du mich nicht mehr glücklich machst, verlasse ich dich und suche mir jemanden, der mich glücklich macht. Sogar Menschenopfer werden dem Götzen gebracht: Babys, die dem individuellen Glück der Mutter oder des Vaters vermeintlich im Weg stehen, werden geopfert und im Mutterleib getötet. Abtreibung ist weltweit gesehen mit Abstand die häufigste Todesursache; die zweithäufigste sind Herzkrankheiten.

Man sollte meinen, dass in einer Gesellschaft, in der es weitgehend normal ist, eine gute Ausbildung zu bekommen und auch einen Arbeitsplatz, um sich und seiner Familie ein Leben im relativen Wohlstand zu ermöglichen, der Zufriedenheitspegel hochgeht und die Menschen glücklicher werden. Es ist aber nicht so. Psychosomatische Kliniken sind voll, Psychotherapeuten aller Art haben lange Wartezeiten. Überall hört man von Überforderung und Erschöpfung, Burn-out gilt als Volkskrankheit. Bei uns Christen sieht die Bilanz nicht wesentlich anders aus; wir scheinen uns nicht allzu sehr abzuheben von der Grundbefindlichkeit unserer Gesellschaft.

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