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Vom Fischer und seiner Frau

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Kennst du das Märchen vom Fischer und seiner Frau? Darin geht es um einen Fischer, der mit seiner Frau Ilsebill in einer winzigen und armseligen Hütte wohnt. Als er im Meer einen Butt angelt, stellt es sich heraus, dass der Butt eigentlich ein verzauberter Prinz ist, den der Fischer dann leben lässt. Zum Dank darf sich der Fischer etwas wünschen. Er fragt seine Frau, was er sich denn wünschen soll, und so wünscht er sich auf ihren Rat hin eine größere Hütte. Diesen Wunsch erfüllt ihm der Fisch. Doch schon bald ist Ilsebill nicht mehr zufrieden und will etwas noch Größeres und Schöneres. Dem Fischer ist es peinlich, den Butt immer noch mal um etwas zu bitten, aber seine Frau drängt ihn. So geht das viele Male, und schließlich möchte sie König, Kaiser und dann sogar Papst werden. Alle diese Wünsche erfüllt ihr der Butt. Aber als sie am Schluss Gott werden will, wird sie wieder zurück in die armselige Hütte versetzt und hat alles verloren.

Mich hat das Märchen schon als Kind sehr angesprochen. Obwohl ich Ilsebills Verhalten scharf verurteilte, hatte ich doch schon eine leise Ahnung, dass diese unersättliche Frau auch tief in mir steckt. Zum Beispiel spürte ich oft an meinem Geburtstag: so viele schöne Momente, Kuchen, Freundinnen, Spiele, tolle Geschenke, meistens perfektes Wetter Anfang Juni – aber keine richtige Sättigung an Glücklichsein. Spätestens am nächsten Tag rann mir das Glück wieder durch die Finger. Erfolge in der Schule gaben mir ein kurzes Hochgefühl, aber sättigen konnten sie meine Sehnsucht nach dem Paradies auch nur vorübergehend. Freundschaften und selbst die beste Liebesbeziehung konnten keine dauerhafte Sättigung bringen. Da war immer ein Sehnen nach mehr.

Ich glaube, dass wir alle eigentlich so sind wie die Frau des Fischers, die einfach nur die Sehnsucht nach dem Paradies gespürt und dabei den Fehler gemacht hat, der uns Menschen so oft unterläuft: Sie hat versucht, ihre Sehnsucht mit Dingen aus der geschaffenen Welt zu füllen. Und dabei hat sie gemerkt, was wir alle irgendwann feststellen müssen, dass nichts Geschaffenes uns nachhaltig glücklich machen kann. C. S. Lewis drückt es so aus: »Wenn ich in meinem Innern ein Verlangen verspüre, das durch kein Erlebnis in dieser Welt befriedigt werden kann, dann ist die wahrscheinlichste Erklärung dafür die, dass ich für eine andere Welt gemacht bin.«3 Wir sind nicht nur für diese sichtbare Welt geschaffen worden, sondern für das Paradies, die unsichtbare Welt Gottes, den Himmel, die Ewigkeit. Für seine Herrlichkeit, sein Königreich.

Es ist wichtig, dass wir uns bewusst sind: Die Sehnsüchte, die wir in uns spüren, sind nicht böse oder schlecht. Sie müssen nicht unterdrückt oder verleugnet werden, denn sie sind uns von Gott gegeben worden. Es war ja seine Idee, uns so zu erschaffen: für Schönheit und Faszination, für Gemeinschaft mit Gott, für ein Paradies. Das wissen wir ganz tief im Herzen. Dieses Wissen drückt sich durch die Sehnsüchte und Wünsche aus, die wir in uns wahrnehmen. Im Gespräch mit Menschen aus allen möglichen Bereichen der Gesellschaft, die ich im Laufe meines Lebens kennengelernt habe, stelle ich immer wieder fest, dass alle Menschen letztendlich ähnliche Bedürfnisse und Sehnsüchte haben. Wir sehnen uns nach Faszination und Schönheit, nach Nähe und Zugehörigkeit, nach Größe und Bedeutsamkeit. Es ist nicht überraschend, dass in jedem von uns eine Ilsebill steckt. Wir alle haben denselben Schöpfer, der uns unendlich liebt und uns zu sich ziehen möchte.

Es war Gottes Idee, diese Sehnsüchte in uns hineinzulegen. Und er hat auch eine genaue Vorstellung, wie er selbst in uns alle diese Sehnsüchte stillen möchte: Er möchte unser Herz erobern. Mit seiner leidenschaftlichen Liebe zu uns.

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