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Am Mittwochmorgen radelte Felizitas verschlafen zum la fantasie, um mit dem restauranteigenen Wagen zum Großmarkt zu fahren. Die Einkaufsliste lag im Handschuhfach, damit sie nicht vergessen wurde. Das war schon ein paar Mal passiert, nicht nur ihr selbst, zum Glück auch der Chefin. Eine zeitraubende Angelegenheit, die Liste in der Küche zu suchen, zumal eine halbe Stunde später die besten Angebote vergriffen waren und sie ihre Speisekarte hatten ändern müssen.

Felizitas drückte den Türöffner und wollte einsteigen, als ein fröhliches „Guten Morgen!“ mit Akzent sie daran hinderte. Sie sah über das Dach des Kastenwagens hinweg.

„Was machst du denn hier? Ich bin doch mit dem Einkauf dran oder habe ich etwas verpasst?“ Die Überraschung war Felizitas ins Gesicht geschrieben.

„Isch ´abe vor, den Speiseplan zu erweitern.“ Charlotte öffnete die Tür und stieg ein. Verdutzt setzte sich Felizitas hinter das Steuer. Während sie auf eine weitere Erklärung wartete, parkte sie aus und schlug den Weg Richtung Großmarkt ein.

„Wie wäre es einmal mit einem ganz traditionellen Koblenzer Debbekooche?“ Felizitas spürte Charlottes fragenden Blick. So richtig verstanden hatte sie die Chefin nicht. Was sollte ein Debbekooche sein? Es hörte sich nach einer Speise aus der Region an.

„Was soll das denn sein?“ Bisher hatte sich Felizitas nicht mit der Küche in Koblenz befasst, die außerhalb des la fantasie stattfand. Waren regionale Spezialitäten überhaupt gewünscht in einem Restaurant mit gehobener Küche? Passte so ein Gericht überhaupt zum Konzept des la fantasie? Von einem Debbekooche hatte sie noch nie gehört. So viel sie mitbekommen hatte, jagte die Chefin nach einem Stern. Da wäre Regionales doch eher kontraproduktiv, oder?

„Le repas besteht aus Kartoffeln, Zwiebeln, Eiern und Gewürzen. Man gibt Schinkenwürfel und Mettenden ´inein. Isch würde es stattdessen mal mit einem Loup de Mer ausprobieren. Das schmeckt sischer fantastic.“

„Wenn du meinst.“ Felizitas war skeptisch. „Wir müssen also die Einkaufsliste um Loup de Mer und Kartoffeln erweitern?“

„Exactement.“

„Willst du es morgen schon anbieten?“

„Non, non, non. Wir müssen erst probieren mit der Fisch und andere Gewürze. Isch möschte ein neues Gerischt daraus machen.“ Charlotte fuchtelte mit ihrem Zeigefinger hin und her. „Vorsischts´alber bringen wir auch Süßkartoffeln mit. Wir probieren alles aus. Du bist doch dabei?“ Charlotte drehte sich zum Fahrersitz. Felizitas drehte kurz den Kopf und sah in ein Gesicht mit gehobenen Augenbrauen.

„Ich bin immer offen für neue Ideen.“ Das stimmte. Felizitas freute sich auf die Kreation neuer Gerichte. Sie liebte es geradezu. Und wenn Charlotte der Meinung war, dieser Debbekooche könnte etwas für ihre Küche sein, würde sie gern daran mitarbeiten, ihn zu verfeinern. Ohnehin freute sie sich gerade ein Loch in den Bauch, dass die Chefin sie an der Abwandlung eines Gerichtes teilhaben ließ. „Wo hast du denn die Idee her?“ Felizitas´ Stimme verriet durch ein leichtes Zittern, dass die Chefin sie mit ihrem Enthusiasmus angesteckt hatte.

„Isch ´abe es gestern Abend in einem dieser kleinen Restaurants ´ier in der Innenstadt gegessen. Es war superbe.“ Charlotte überschlug sich vor Begeisterung. Sie führte Daumen und Zeigefinger zusammen an den Mund, machte ein Kussgeräusch und schleuderte die geöffneten Finger nach oben.

Das musste ja wirklich ein Rausch gewesen sein, wenn die Clement zu so einer Geste verleitet wurde. Felizitas wäre mit all ihrem Können und all ihrer Erfahrung dabei.

Lange bevor die anderen Mitarbeiterinnen eintrafen, hatten sowohl Maître de Cuisine als auch Souschefin zahlreiche kleine Debbekooche-Varianten hergestellt, getestet und noch immer keinen geschmacklichen Durchbruch erzielt, obwohl sie bereits seit ein paar Tagen daran arbeiteten. Die ersten Varianten waren so ungenießbar, dass die beiden sie niemand anderen probieren ließen. Nun standen die kalten Förmchen auf dem Tresen. Jede neu eintreffende Mitarbeiterin wurde gebeten zu probieren und ein Urteil zu fällen. Von „Igitt“ über „Naja“ bis zu „Kann ich das wieder ausspucken?“ waren die Urteile wenig ermunternd ausgefallen.

Plötzlich hatte Felizitas eine Idee. „Wie wäre es, wenn wir den Debbekooche einfach in seiner ursprünglichen Form belassen. Wir bieten ein kleines Stück als Amuse-Gueule an und testen, wie es bei unseren Gästen ankommt. Wenn das Publikum diesen Gruß aus der Küche mag, können wir ihn ja zur Dauereinrichtung machen.“

„Ja, so könnten wir es machen. Wir lassen le repas einfach wie sie ist. Eine wunderbare Idee.“ Charlotte ballte die Faust. Als hätte sie einen Sieg errungen. „Isch kaufe morgen Früh Kartoffeln, ein schönes Stück Schinken und Mettenden zusätzlisch. Isch ´abe Apfelkompott dazu gegessen. Das war ebenfalls grandiose.“ Tanzenden Schrittes schwebte die Chefin förmlich durch die Küche, die Worte formidable, magnifique, merveilleux auf der Zunge, bevor sie sich daran erinnerte, dass das Restaurant am Abend ausgebucht war. „Et que ça saute!“, rief sie durch die Küche und klatschte mehrmals in die Hände. Das hieß so viel wie „Jetzt aber an die Arbeit!“

Liebesschwüre zum Dessert

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