Читать книгу Wann die Zeiten wehen - Erich Rudolf Biedermann - Страница 12
Kapitel 7
ОглавлениеIch kam gerade von einer Auslandsreise zurück, als mir in der Eingangshalle des Münchner Hauptbahnhofs ein älterer Herr entgegenkam. Er hatte es eilig, denn im Vorbeigehen rempelte er mich an. Ich wollte dem Unhöflichen gerade einige Worte hinterherrufen, als eine Erinnerung aufblitzte. War das nicht der Crack gewesen? Auf der Stelle machte ich kehrt und holte den Mann ein.
„Verzeihung, sind Sie nicht Herr Bisdorff?“, fragte ich höflich.
„Ja“, antwortete mein Gegenüber erstaunt, „woher kennen Sie mich?“
„Hallo Niki, erkennst du mich nicht wieder?“, fragte ich und blickte ihm voll ins Gesicht. Es war alt und fahl geworden und das früher zerstrubbelte Haar war einem grauen Flaum gewichen.
„Nein, es tut mir leid, ich kann mich nicht an Sie erinnern“, antwortete er kühl.
„Denk´ an das Studentenheim in der Türkenstraße“, versuchte ich ihm auf die Sprünge zu helfen.
Doch er schüttelte den Kopf. Hatte sich mein Aussehen so verändert? Erst als ich meinen Namen nannte, leuchteten Erkennen und Wiedersehensfreude auf.
Was für ein Zufall! Nach Jahrzehnten hatten sich unsere Wege zufällig wieder gekreuzt. Zwar war ich in der Vergangenheit öfters in München gewesen, doch meine Besuche waren mit familiären und geschäftlichen Dingen so ausgefüllt, dass für die Suche nach meinem Freund wenig Zeit geblieben war. Im Telefonbuch ließ sich sein Name nicht finden und auch gemeinsame Bekannte, bei denen ich mich nach ihm erkundigte, hatten ihn aus den Augen verloren.
Im Bahnhofs-Restaurant unterhielten wir uns über Vergangenes und sein gegenwärtiges Leben. Was war aus seiner Arztkarriere geworden? Wie er berichtete, hatte er drei Semester nach mir sein Examen gemacht und danach in einer Münchner Klinik gearbeitet. Inzwischen lebte er in Rente und besserte sein Einkommen durch Gelegenheitsarbeiten auf. Resignation klang aus seinen Worten.