Читать книгу Schärenmorde - Erik Eriksson - Страница 16

11

Оглавление

Sie tranken wie immer gegen zehn Uhr Kaffee. Fatima, der Kollege Bertilsson und ihr Chef Harry Lindgren. Bertilsson bekam einen Anruf auf seinem Handy und verließ den Raum. Fatima und Harry blieben sitzen. Sie füllten ihre Tassen nach, Harry sah auf die Uhr und sagte, dass er in einer Viertelstunde ein Gespräch aus Täby erwarte.

»Sie haben wenig Leute«, sagte er.

»Das scheint überall so zu sein«, antwortete Fatima.

»Ja, und du hast noch eine Menge Überstunden abzufeiern. Du musst jetzt einen Teil davon nehmen, sonst bekomme ich Probleme, und du ebenfalls.«

»Einen freien Tag, meinst du?«

»Ja, zum Beispiel. Und sieh zu, dass du ihn jetzt nimmst, wo niemand sonst von uns weg ist.«

»Wie wäre es mit Freitag?«

»Lieber nächste Woche Montag.«

»Gut, dann machen wir es so.«

Harry trank den letzten Schluck Kaffee aus und wollte gerade vom Tisch aufstehen, als Fatima ihn aufhielt.

»Noch etwas«, sagte sie.

Harry stellte die leere Kaffeetasse ab, blickte auf die Uhr und nickte seiner jungen Kollegin zu.

»Olle Kärv von der Norrtelje Tidning scheint einiges über den Fall zu wissen.«

Harry hörte zu, nickte wieder.

»Wie weit darf ich mich mit einem Reporter einlassen? Er könnte ja etwas haben, was auch wir wissen müssen.«

»Das ist eine heikle Frage«, antwortete Harry. »Wenn du diesem Burschen vertrauen kannst, dann solltest du wohl mit ihm reden.«

»Und Äpfel gegen Birnen tauschen?«

»Als ich vor ziemlich langer Zeit beim Dezernat für Gewaltverbrechen war, hatte ich eine sehr gute Zusammenarbeit mit einem Reporter von Sveriges Television. Wir haben einander vertraut, und wir haben hin und wieder Informationen ausgetauscht. Viele Polizisten tun das, manchmal haben wir ja dieselben Interessen. Wir wollen an Straftäter herankommen, die unschuldige Menschen gefährden.«

»Ich sehe das genauso, ich wollte mich nur vergewissern.«

»Ich habe jedoch nichts gesagt, das dürfte dir klar sein«, gemahnte Harry sie.

»Selbstverständlich.«

Fatima saß den restlichen Vormittag über an ihrem Schreibtisch. Sie schrieb Berichte, suchte im Internet nach Angaben über Schiffe auf der Ostsee und las ein wenig über russische Wirtschaftsverbrechen. Ehe es Zeit für eine Mittagspause war, überlegte sie, ob sie Olle Kärv anrufen sollte. Sie zögerte, schob die Entscheidung hinaus, aß im Aufenthaltsraum Köttbullar aus der Mikrowelle und trank die vierte Tasse Kaffee des Tages.

Viertel nach eins rief sie bei der Norrtelje Tidning an. Olle Kärv klang freudig überrascht.

»Wir sollten uns vielleicht einmal treffen«, sagte Fatima.

»Sag wann und wo«, antwortete Olle.

»Wie wäre es heute etwas später hier bei mir, du findest ja her. Sag am Empfang Bescheid, wenn du da bist. Sagen wir um drei?«

»Um drei. Bis dann.«

Sowohl für Fatima als auch für Olle stieg der Kaffeekonsum an diesem Tag. Denn sowohl Journalisten als auch Polizisten wissen, dass Kaffee nicht nur eine Arbeitspause verheißen kann, sondern oft auch wichtige Informationen.

»Ich hole uns beiden eine Tasse aus dem Aufenthaltsraum«, sagte Fatima, als Olle sich in ihrem Zimmer gesetzt hatte. »Mit oder ohne?«

»Mit allem«, antwortete Olle.

Als Fatima mit den Tassen zurückkam, steckte Olle gerade seinen Notizblock in die Innentasche.

»Danke für den Tipp mit dem Schiff«, sagte er.

»Danke für deinen Bericht, der war nicht ganz falsch«, antwortete Fatima.

»Wir sind auf derselben Spur, nicht wahr?«

»Ja, es sieht so aus. Und wir geben niemals unsere Quellen preis.«

»Nein, nie, das ist eine heilige Regel.«

»Und was hältst du von der Geschichte? Hat Robert Skogh etwas damit zu tun?«

»Vielleicht, in diesem Falle jedoch nur am Rande. Er war zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort, so etwas passiert ja recht häufig.«

»Leider gibt es aber eine ganze Reihe belastender Tatsachen.«

»Die da wären?«

Fatima erzählte einiges von dem, was sie wusste, jedoch nicht alles. Auch Olle berichtete, ließ jedoch ebenfalls einiges aus. Beide sahen sich vor. Fatima wollte in der nächsten Zeit erst einmal die Norrtelje Tidning lesen, ehe sie sich weiter mit Olle Kärv unterhielt.

Bevor er ging, erzählte er noch etwas, das er gerade erfahren hatte. Aus einer sicheren Quelle, wie er sagte. Es ging um einen neuen Schmuggelweg aus den östlichen Ländern von der anderen Seite der Ostsee, via Grisslehamn.

Es kamen Waren mit der Fähre, manchmal auch in Autos mit baltischen Kennzeichen.

»Und was wird geschmuggelt?«

Olle wusste es nicht, er hatte nur gehört, dass es sich nicht um Rauschgift handele, eher um Alkohol oder Zigaretten. Einige Transporte waren vielleicht gerade in dieser Woche unterwegs.

»Willst du die Fähre beobachten?«

Nein, dazu hatte er keine Möglichkeit, er war ja als Kriminalreporter allein bei der Zeitung. Und jetzt gab es mehrere Gerichtsverfahren, zu denen er ebenfalls musste.

Fatima begleitete Olle hinunter zum Ausgang. Er lächelte, Fatima gefiel sein Lächeln, und sie lächelte ebenfalls.

An diesem Nachmittag rief sie Malin an. Sie müssten sich treffen, konnte Malin sich am Montag freinehmen?

»Was hältst du von einem Ausflug? Wir könnten tagsüber die Fähre von Grisslehamn aus nehmen, gut essen und gegen Abend wieder zurück sein.«

»Das klingt verlockend«, antwortete Malin. »Aber Montag ist schlecht, ich habe Kunden, die ich nicht umbuchen kann. Können wir nicht am Sonntag fahren?«

»Sonntags ist immer so viel Betrieb auf der Fähre.«

»Ja, aber es ist trotzdem nett.«

Sie verließen Norrtälje gegen acht Uhr in Fatimas altem Golf. Es war ein warmer Tag, am Himmel waren leichte Wolken zu sehen. Fatima sagte nichts von dem Treffen mit Olle Kärv. Bisweilen dachte sie an sein Lächeln. Darüber würde sie gerne mit ihrer Freundin sprechen.

Am Väddo-Kanal mussten sie warten. Die Schranken an der Brücke senkten sich vor ihnen, hinter Fatimas Wagen bildete sich eine lange Autoschlange. Das Brückentor wurde hochgeklappt und drei große Segelschiffe glitten vorbei. Eines davon hatte achtern eine deutsche Flagge, eines eine dänische und eine war blaugelb. Malin betrachtete die Schiffe. Fatima sah in den Rückspiegel.

»Dieser schwarze Volvo fährt schon seit Norrtälje hinter uns her«, sagte sie.

»Bist du sicher?«, antwortete Malin.

»Ja, ziemlich sicher. Es wird sich ja zeigen, wenn sich die Schlange auflöst.«

Hinter den drei großen Segelschiffen kamen noch ein paar Segelboote. Dann senkte sich das Brückentor. Fatima fuhr über die Brücke, vor der Volkshochschule bog sie plötzlich auf den Parkplatz ein. Die Autoschlange glitt vorbei, große und kleine Wagen in allen Farben, unter ihnen ein schwarzer Volvo mit getönten Scheiben.

»Das ist er«, sagte Fatima.

Nachdem die Schlange vorbei war, fuhr Fatima wieder auf die Straße hinaus. Sie hielt sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Jemand überholte sie ziemlich riskant an der Kirche, und bei Edeby pressten sich zwei Wagen mit hoher Geschwindigkeit an ihr vorbei.

»Die hatten mindestens hundert drauf«, sagte Fatima.

»Lässt du das durchgehen?«

»Heute bin ich privat, es muss schon Schlimmeres passieren, damit ich mir einen arbeitsfreien Sonntag verderben lasse.«

Sie näherten sich Grisslehamn. Fatima blickte öfters in den Rückspiegel. Sie wurden noch ein paarmal von Autos überholt, die offenbar eilig zur Fähre wollten.

»Jetzt ist der Volvo wieder hinter uns«, sagte Fatima, als sie an einem griechischen Restaurant vorbeifuhren.

»Bist du sicher, dass es dasselbe Auto ist?«

»Ja, ganz sicher. Er muss irgendwo rausgefahren sein, um uns vorbeizulassen.«

»Was machen wir jetzt?«

»Wir versuchen, möglichst viel über den Volvo in Erfahrung zu bringen.«

Sie fuhren den langen Berg an der Einfahrt nach Grisslehamn hinunter und waren schon am Fußballplatz und an der Wegkreuzung vorbeigefahren, als Fatima plötzlich die Abfahrt nach Kvarnsand nahm. Sie standen jetzt direkt neben der langsam vorbeirollenden Autoschlange. Sie fuhr langsam, zuerst kam ein grüner Saab, dann ein grauer Lieferwagen, ein weißer Renault und dann der schwarze Volvo.

Fatima sah das Kennzeichen und ohne den Blick von dem Volvo zu nehmen, reichte sie Malin einen Notizblock mit einem Kugelschreiber, während sie das Kennzeichen diktierte. Malin schrieb, und Fatima konnte kurz zwei Männergesichter hinter den getönten Scheiben des Volvo erkennen.

Schließlich parkten sie den Wagen ein Stück vom Kai entfernt, aber der schwarze Volvo war nirgends zu sehen. Fatima rief die Kollegen in Täby an und bat um Hilfe bei der Feststellung des Autokennzeichens.

»Ein Mietwagen«, sagte sie nach einer Weile.

Es wehte ein leichter Wind und der Himmel war wolkenlos, als sie an Bord der Fähre M/S Eckerö gingen.

Schärenmorde

Подняться наверх