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Fünf Tore

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Klins­mann war in der Bun­des­li­ga von An­fang an er­folg­reich, ob­wohl er ge­ra­de erst 20 ge­wor­den war und plötz­lich den bes­ten Spie­lern der Bun­des­re­pu­blik ge­gen­über­stand. Die elek­tri­sie­ren­de At­mo­sphä­re in den Bun­des­li­ga­sta­di­en be­flü­gel­te ihn, wo je­den Sonn­abend bis zu 80.000 Leu­te die Spie­le ver­folg­ten. Er lieb­te die Be­geis­te­rung, die sich in der Stadt die Wo­che über nach und nach bis fast zur Ek­sta­se auf­bau­te, ein Cre­scen­do der Auf­re­gung in den Ta­gen bis zum Spiel. Die Sta­di­en wa­ren oft aus­ver­kauft, die Men­ge dicht­ge­drängt und oft für die vol­len 90 Mi­nu­ten ste­hend. Wur­de ein Tor ge­schos­sen, fei­er­ten die Men­schen dies mit oh­ren­be­täu­ben­den Ju­bel­schrei­en.

Klins­mann hör­te die­sen Ju­bel wäh­rend sei­ner Sai­son als An­fän­ger beim VfB oft, als er 15 Tore schoss und bei 32 von 34 Spie­len zum Ein­satz kam – häu­fi­ger als je­der an­de­re Feld­spie­ler. Es ge­lang Klins­mann über die Dau­er sei­ner ge­sam­ten Kar­rie­re die so­li­de Tor­bi­lanz von durch­schnitt­lich etwa ei­nem Tor in je­dem zwei­ten Spiel auf­recht­zu­er­hal­ten.

Klins­mann ent­wi­ckel­te sich beim VfB Stutt­gart nicht nur als Spie­ler, son­dern auch in sei­ner Per­sön­lich­keit. Er lieb­te es, im Neckar-Sta­di­on in Stutt­gart zu spie­len, in das sein Va­ter ihn als Kind mit­ge­nom­men hat­te, um ein Spiel ge­gen Her­t­ha BSC an­zu­se­hen. Da­mals, in den spä­ten 80er-Jah­ren, reis­ten die Bun­des­li­ga­ver­ei­ne zu den Spie­len in­ner­halb der Bun­des­re­pu­blik oft im Mann­schafts­bus an. Wäh­rend vie­le sei­ner Mit­spie­ler Kar­ten spiel­ten oder Mu­sik hör­ten, nutz­te Klins­mann die freie Zeit oft da­mit, Fan­post zu le­sen und zu be­ant­wor­ten. Er ent­schied sich sehr früh, die­se Brie­fe nicht mit nach Hau­se zu neh­men. Es war der Pro­zess, Pri­vat­le­ben und Be­ruf zu tren­nen. Er ist sich auch hier­bei seit­dem treu ge­blie­ben.

Das An­se­hen des Sports, den vie­le so lieb­ten, war durch Skan­da­le in den frü­hen 80er-Jah­ren be­fleckt wor­den. Klins­manns be­ein­dru­cken­de ers­te Sai­son, sei­ne ener­gie­ge­la­de­ne Spiel­wei­se so­wie sei­ne über­schwäng­li­che, un­ge­hemm­te Freu­de, wenn er ein Tor er­ziel­te, er­wie­sen sich als will­kom­me­ne Er­fri­schung für vie­le Fans, die sich nach neu­en Ge­sich­tern und ei­nem neu­en Start sehn­ten. Klins­manns zwei­te Sai­son in der Bun­des­li­ga 1985/86 be­gann nicht so gut wie die ers­te. Hel­mut Bent­haus war der Trai­ner in sei­ner ers­ten Sai­son, aber er wur­de er­setzt durch Otto Ba­ric. Al­ler­dings feu­er­te der VfB Stutt­gart Ba­ric im März.

Die Spie­ler hat­ten sich mit Ba­ric schwer­ge­tan, der aus­ge­spro­chen kri­tisch den meis­ten ge­gen­über war. Un­mit­tel­bar nach­dem der Kroa­te weg war, schoss Klins­mann im nächs­ten Spiel fünf Tore für Stutt­gart und hat­te da­mit einen maß­geb­li­chen An­teil an Stutt­garts 7:0-Sieg ge­gen Düs­sel­dorf. Da­mit war er ei­ner von nur elf Bun­des­li­ga­spie­lern, die je­mals fünf Tore in ei­nem ein­zi­gen Spiel ge­schos­sen hat­ten.

„Stutt­gart hat­te Ba­ric eine Wo­che zu­vor ent­las­sen“, er­zählt Klins­mann, wäh­rend er zu­gibt, dass er sich mit Ba­ric ein­fach nicht ver­stan­den hat­te. „Als der Co-Trai­ner über­nahm, fühl­te ich mich wie­der frei und selbst­be­wusst. Und ich zeig­te das gleich im nächs­ten Spiel.“

Ba­rics Nach­fol­ger, Wil­li En­ten­mann, ge­lang es, das Ru­der he­r­um­zu­rei­ßen und der VfB schaff­te es bis ins DFB-Po­kal­fi­na­le.

In die­sem Po­kalend­spiel im Mai 1986 stan­den sich zwei Erst­li­gis­ten ge­gen­über, der VfB und Bay­ern Mün­chen. Der Fa­vo­rit Bay­ern Mün­chen ge­wann vor 70.000 Zu­schau­ern im Ber­li­ner Olym­pia­sta­di­on mit 5:2. Klins­mann hat­te eine ent­schei­den­de Rol­le da­bei ge­spielt, dass sein Team über­haupt so weit ge­kom­men war. Von der Nie­der­la­ge war er am Bo­den zer­stört und brach hin­ter­her in al­ler Öf­fent­lich­keit in Trä­nen aus. Die be­we­gen­den Bil­der von Klins­mann, wie er sei­nen Ge­füh­len frei­en Lauf ließ, bo­ten den Deut­schen einen will­kom­me­nen Ein­druck sei­ner Lei­den­schaft. Es zeig­te ih­nen, dass es tat­säch­lich Spie­ler gab, die ge­nau­so stark emp­fan­den wie sie sel­ber. Es war ein kur­zer, aber be­deu­ten­der Mo­ment, der half, die Po­pu­la­ri­tät und die öf­fent­li­che Un­ter­stüt­zung für den Fuß­ball wie­der­zu­ge­win­nen. Das vor­aus­ge­gan­ge­ne Jahr­zehnt war – wie ge­sagt – schwie­rig für den Fuß­ball in der Bun­des­re­pu­blik ge­we­sen, ver­stärkt von der in der Öf­fent­lich­keit vor­herr­schen­den Mei­nung, dass der Sport be­reits durch zu viel Kom­merz un­ter­wan­dert und vie­le Spie­ler über­be­zahlt und zu we­nig leis­tungs­be­reit sei­en.

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