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Das Tor, das ihn be­kannt mach­te

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Klins­manns Kar­rie­re ent­wi­ckel­te sich in sei­ner drit­ten Sai­son in Stutt­gart präch­tig. Er wur­de nicht nur für sei­ne Kopf­ball­stär­ke und sei­ne Fä­hig­keit, die Bäl­le so ins Tor zu be­för­dern, be­kannt, son­dern auch für sei­ne Cle­ver­ness, zum To­rab­schluss zu kom­men. Er be­saß den nö­ti­gen „Kil­ler­in­stinkt“, jede sich ihm bie­ten­de Chan­ce vor dem Tor zu nut­zen. Klins­mann ver­füg­te au­ßer­dem über her­vor­ra­gen­de Tech­nik­fä­hig­kei­ten und konn­te die geg­ne­ri­sche Ver­tei­di­gung oft aus­spie­len, be­vor er zu ei­nem kraft­vol­len Schuss an­setz­te. Sei­ne ele­gan­ten Ak­tio­nen, sich frei­zu­lau­fen, sei­ne blitz­schnel­len, in­tel­li­gen­ten Kurs­kor­rek­tu­ren, sein Ta­lent, Päs­se zu hal­ten und jede noch so klei­ne Ge­le­gen­heit in ein Tor zu ver­wan­deln, fin­gen an, für Auf­merk­sam­keit zu sor­gen.

In der Sai­son 1987/88 schoss er 19 Tore und wur­de als er­folg­reichs­ter Tor­schüt­ze der 1. Bun­des­li­ga und als Fuß­bal­ler des Jah­res aus­ge­zeich­net. Bei der Wahl zum Fuß­bal­ler des Jah­res ge­wann er die­sen Ti­tel mit der Re­kord­zahl von 70 % der Stim­men al­ler 785 teil­neh­men­den deut­schen Sport­jour­na­lis­ten. Für den 23-jäh­ri­gen Klins­mann be­deu­te­te die­se Sai­son einen phä­no­me­na­len Er­folg. Das viel­leicht denk­wür­digs­te Tor war ein spek­ta­ku­lä­rer Fall­rück­zie­her, der Stutt­gart den Weg zu ei­nem 3:0-Er­folg über Bay­ern Mün­chen be­rei­te­te. Die­ses Er­öff­nungs­tor sorg­te auch beim da­ma­li­gen Trai­ner der Na­tio­nalelf, Franz Be­cken­bau­er, für Auf­se­hen und rück­te ihn in den Fo­kus ver­schie­de­ner eu­ro­päi­scher Spit­zen­mann­schaf­ten. Die­ser akro­ba­ti­sche Schlag ge­gen die Bay­ern wur­de von mehr als 300.000 Fern­seh­zu­schau­ern spä­ter zum pres­ti­ge­träch­ti­gen Tor des Jah­res ge­wählt.

Die Spiel­se­quenz hat­te mit ei­nem lan­gen punkt­ge­nau­en Pass von Stutt­garts Spiel­ma­cher Ás­geir Si­gur­vin­son aus der Mit­te in den Straf­raum zu Gün­ther Schä­fer rechts au­ßen be­gon­nen. Schä­fer schoss den Ball di­rekt zu­rück in die Mit­te des Straf­raums. Sei­ne Flan­ke schi­en zu­nächst zu hoch und zu weit vom Tor ent­fernt zu sein, um eine Ge­fahr dar­zu­stel­len. Dann je­doch wir­bel­te plötz­lich Klins­mann in der Mit­te he­r­um und warf sich mit dem Rücken zum Tor in einen per­fekt ge­tim­ten Fall­rück­zie­her. Mit sei­nem fast zwei Me­ter in die Luft ra­gen­den rech­ten Bein schmet­ter­te er den Ball, kopf­über und in Rücken­la­ge, ins Tor. Zwei Münch­ner Ver­tei­di­ger so­wie Tor­wart Jean-Ma­rie Pfaff sa­hen ehr­fürch­tig und ver­dutzt zu, wäh­rend sie zu ver­ste­hen ver­such­ten, was sich im Bruch­teil von Se­kun­den vor ih­ren Au­gen ab­ge­spielt hat­te.

Der Fall­rück­zie­her ist eine der spek­ta­ku­lärs­ten Ar­ten, ein Tor zu schie­ßen. Bril­lant, wenn es klappt, ein­fach blöd, wenn es miss­lingt. Klins­manns Fall­rück­zie­her ge­gen die Bay­ern war ei­ner der Spit­zen­klas­se und kaum zu top­pen. Das Ti­ming, die schein­bar un­er­reich­ba­re Höhe des Balls, als er ihn wie schwe­re­los be­rühr­te, so­wie die Ge­schwin­dig­keit des Schus­ses hat­ten in die­sem Top-Spiel et­was aus­ge­spro­chen Künst­le­ri­sches. Bil­der und Mit­schnit­te die­ses Tors gin­gen um die gan­ze Welt und gra­vier­ten Klins­manns Na­men in das Ge­dächt­nis vie­ler Fuß­ball­fans.

„Es war rei­ner In­stinkt“, sagt Klins­mann. „Für mich war das kei­ne große Sa­che. Wir ge­wan­nen das Spiel 3:0 und rück­bli­ckend war das ei­ner der schöns­ten Mo­men­te, die ich in Stutt­gart hat­te – Bay­ern Mün­chen zu Hau­se 3:0 zu schla­gen und ein Fall­rück­zie­her-Tor zu schie­ßen.“

Für die deut­schen Fuß­ball­fans war es in je­dem Fall eine große Sa­che, und in den Wo­chen dar­auf hör­ten sie nicht auf, da­von zu re­den. Auch Be­cken­bau­er hat­te Klins­mann spä­tes­tens seit­dem auf dem Schirm, ge­nau wie spek­ta­ku­lä­re Tore bei star­ken ge­ne­rel­len Leis­tun­gen im­mer wie­der ge­hol­fen ha­ben, die in­ter­na­tio­na­le Kar­rie­re von Spie­lern in Gang zu brin­gen. Da­vid Beck­hams Tor 1996 aus dem Mit­tel­feld führ­te bei­spiels­wei­se zu sei­ner ers­ten Be­ru­fung in die eng­li­sche Na­tio­nal­mann­schaft.

„Ein Fall­rück­zie­her ist et­was Be­son­de­res für einen Stür­mer, dar­an gibt’s kei­nen Zwei­fel. Es ist et­was, was man lie­bend ger­ne macht“, er­zählt Klins­mann. „Du träumst als Spie­ler da­von, eins zu schie­ßen, aber wenn du dann eins in ei­nem rich­tig großen Heim­spiel vor 70.000 Zu­schau­ern und ge­gen Bay­ern Mün­chen schießt, ist das so­gar noch bes­ser. Ich fing ge­nau wie an­de­re Kin­der als Acht­jäh­ri­ger an, Fall­rück­zie­her zu trai­nie­ren. Ich wuss­te, dass ich sie blind konn­te, weil ich sie schon so lan­ge mach­te, und dann schießt du eins ge­gen Bay­ern Mün­chen vor den ei­ge­nen Fans und flippst aus, aber letzt­end­lich hast du nur ge­tan, was du im Trai­ning schon im­mer ge­tan hast.“

Die­ser Fall­rück­zie­her sorg­te schließ­lich am Ende des Jah­res für sei­ne ers­te Be­ru­fung von Be­cken­bau­er in die Na­tio­nal­mann­schaft für zwei Spie­le in Süd­ame­ri­ka. Dies war ein enorm wich­ti­ger Schritt in sei­ner Kar­rie­re, der be­deu­te­te das er zu den zwei bis drei Dut­zend bes­ten Spie­lern der Bun­des­re­pu­blik ge­hör­te und ein Kan­di­dat für das Eu­ro­pa­meis­ter­schafts­team von 1988 war, das in we­ni­ger als ei­nem Jahr zu­sam­men­ge­stellt wer­den wür­de. „Es war das Tor, das mir auf in­ter­na­tio­na­ler Ebe­ne die Tü­ren öff­ne­te. Einen Mo­nat spä­ter be­rief Franz Be­cken­bau­er mich in die Na­tio­nal­mann­schaft, und kurz dar­auf hat­te ich mei­nen ers­ten in­ter­na­tio­na­len Auf­tritt. Des­halb war die­ses Tor so be­son­ders für mich. Dei­ne gan­ze Welt än­dert sich nach ei­nem sol­chen Tor“, sagt Klins­mann. „Es macht dich vom na­tio­na­len Spie­ler zum in­ter­na­tio­na­len Spie­ler.“

Klins­manns Fall­rück­zie­her war nicht das ein­zi­ge Un­ge­wöhn­li­che, das an dem küh­len Nach­mit­tag im Stutt­gar­ter Neckar­sta­di­on pas­sier­te. Ge­gen Ende des Spiels, als Stutt­gart 2:0 führ­te, brach­te Bay­erns Ver­tei­di­ger Nor­bert Nacht­weih Klins­mann mit ei­ner har­ten und un­nö­ti­gen At­ta­cke zu Fall. Er woll­te an den Ball kom­men, aber nie­te­te statt­des­sen Klins­mann um. Der Schieds­rich­ter, Die­ter Pau­ly, war di­rekt zur Stel­le und pfiff das Foul von Nacht­weih. Pau­ly griff in sei­ner Ho­sen­ta­sche nach der Gel­ben Kar­te ge­gen Nacht­weih. Da dies Nacht­weihs zwei­te Gel­be Kar­te in dem Spiel ge­we­sen wäre, hät­te es einen Platz­ver­weis be­deu­tet und die Bay­ern hät­ten die ver­blei­ben­de Zeit mit nur zehn Spie­lern aus­kom­men müs­sen. Aber Klins­mann sah, was kom­men wür­de und eil­te hin­zu. Er in­ter­ve­nier­te zu­guns­ten des Bay­ern­spie­lers und fleh­te Pau­ly an, Nacht­weih nicht mit ei­ner wei­te­ren Gel­ben Kar­te zu be­stra­fen, auch wenn ein Platz­ver­weis Stutt­gart ge­hol­fen hät­te, den Sieg zu si­chern. Es war ein au­ßer­ge­wöhn­lich sel­te­ner Akt Sports­geis­tes. Klins­mann sag­te dem Schieds­rich­ter, dass das Foul nicht so schlimm ge­we­sen sei und eine Gel­be Kar­te nicht recht­fer­ti­ge.

Der Schieds­rich­ter konn­te kaum glau­ben, was er hör­te, und nach ei­nem kur­zen Mo­ment des leich­ten Schocks und der Ver­wun­de­rung steck­te er die Gel­be Kar­te zu­rück in sei­ne Ta­sche. Dies al­les pas­sier­te sehr schnell und nicht je­der im Sta­di­on hat­te mit­be­kom­men, was ge­sche­hen war, und Pau­ly mach­te es sich da­her zur Auf­ga­be, Sportre­por­tern nach dem Spiel da­von zu er­zäh­len. „Es ist so eine wun­der­ba­re Ge­schich­te, dass die Welt da­von er­fah­ren soll­te“, er­zähl­te Pau­ly ih­nen. Bay­ern Mün­chens Ma­na­ger, Uli Hoe­neß, war so von Klins­manns Ges­te ein­ge­nom­men, dass er ex­tra in die Um­klei­de­ka­bi­ne der Stutt­gar­ter ging, um ihm zu dan­ken und ihm sag­te, dass solch sport­li­ches Ver­hal­ten dem Sport gut­tä­te.

Ein Vier­tel­jahr­hun­dert spä­ter ver­sucht Klins­mann den Zwi­schen­fall he­r­un­ter­zu­spie­len: „Ich wuss­te, dass er schon eine Gel­be Kar­te hat­te und als ich sah, wie der Schieds­rich­ter in sei­ne Ta­sche griff, sag­te ich ein­fach in­stink­tiv: Hey, so schlimm war’s nicht. Es war ein Foul, aber nicht so schlimm. Ich hat­te vor­her nicht dar­über nach­ge­dacht. Es war rei­ner In­stinkt. Wir führ­ten 2:0 und das Spiel war be­reits ge­lau­fen, und ich dach­te mir: Nein, nicht jetzt, schick jetzt nie­man­den vom Platz. Es war wirk­lich kei­ne große Sa­che für mich.“

Aber die­se Ges­te großen Sports­geis­tes sorg­te in der Bun­des­re­pu­blik für große Auf­merk­sam­keit. Die Fans woll­ten nach ei­ner schwie­ri­gen Zeit in den 80er-Jah­ren wie­der an das Gute in ih­rem Sport glau­ben. Fuß­ball war im­mer noch der bei wei­tem po­pu­lärs­te Sport, aber er war durch ei­ni­ge frag­wür­di­ge Äu­ße­run­gen und das Ver­hal­ten von Spie­lern auf und ab­seits des Plat­zes in Miss­kre­dit ge­ra­ten. Nach­dem die Liga sich von ei­nem Spiel­ma­ni­pu­la­ti­onss­kan­dal An­fang der 70er-Jah­re er­holt hat­te, in den Spie­ler von Clubs wie Ar­mi­nia Bie­le­feld ver­wi­ckelt wa­ren, fiel die durch­schnitt­li­che Zu­schau­er­zahl kon­ti­nu­ier­lich von 26.000 pro Spiel am Ende der 70er auf 17.600 im Jahr 1984/85. Die Bun­des­li­ga­spie­le gli­chen oft reiz­lo­sen Rauf­spie­len und der FC Bay­ern Mün­chen, der in zehn Jah­ren sechs­mal Meis­ter wur­de, do­mi­nier­te die Liga mit er­drücken­der Re­gel­mä­ßig­keit. Die Kluft zwi­schen den Spie­lern und Zu­schau­ern wur­de in den 80ern noch da­durch ver­grö­ßert, dass die Ge­häl­ter der Top-Ver­die­ner in der Bun­des­li­ga sich ver­acht­fach­ten. Sol­che Spit­zen­ge­häl­ter wa­ren für nor­ma­le Bür­ger in der Bun­des­re­pu­blik zu­nächst nur schwer vor­stell­bar, selbst wenn si­cher­lich bei wei­tem nicht je­der Spie­ler auch nur an­nä­hernd so viel ver­dien­te. Vie­le wa­ren der An­sicht, dass das Ver­hält­nis zwi­schen den Ge­häl­tern, die ein­fa­che Ar­bei­ter oder so­gar Leu­te in Füh­rungs­po­si­tio­nen ver­dien­ten und dem Ein­kom­men der Fuß­ball­stars kei­ne so große Dif­fe­renz be­ste­hen soll­te, vor al­lem, wenn die Spie­ler kei­nen vol­len Ein­satz zeig­ten.

Durch die WM von 1982 wur­den die Pro­ble­me der 80er ver­schlim­mert und die Di­stanz zwi­schen Fans und Spie­lern ver­grö­ßert, als die deut­sche Mann­schaft in Spa­ni­en in zwei un­rühm­li­che Spie­le ver­wi­ckelt war. Als Ers­tes er­ziel­ten sie in ih­rem letz­ten Grup­pen­spiel einen skan­da­lö­sen 1:0-Sieg ge­gen Ös­ter­reich, spä­ter be­kannt als „Schan­de von Gi­jón“.

Das 1:0 war ein Er­geb­nis, das nach nur zehn Mi­nu­ten er­reicht wur­de und durch wel­ches bei­de Mann­schaf­ten wei­ter­ka­men. Aber bei­de Mann­schaf­ten stell­ten jeg­li­che An­stren­gun­gen ein, nach­dem die­ser Spiel­stand er­reicht war. Fuß­ball­fans auf der gan­zen Welt, vor al­lem auch in Deutsch­land und Ös­ter­reich, wa­ren em­pört. Der deutsch-ös­ter­rei­chi­sche Nicht­an­griffs­pakt, wie er auch ge­nannt wur­de, war eine ge­mein­schaft­li­che Far­ce, die Al­ge­ri­en um sei­nen ver­dien­ten Platz in der Run­de der letz­ten 16 brach­te und die das An­se­hen der be­tei­lig­ten Teams ge­nau­so wie die Welt­meis­ter­schaft selbst be­schmutz­te. Nach­dem Deutsch­land in der zehn­ten Mi­nu­te ein Tor ge­schos­sen hat­te, das ein Er­geb­nis pro­du­zier­te, wel­ches bei­den Mann­schaf­ten das Wei­ter­kom­men ga­ran­tier­te, schie­nen sie kom­plett mit dem Spie­len auf­zu­hö­ren. In den ver­blei­ben­den 80 Spiel­mi­nu­ten kick­ten sie den Ball harm­los hin und her, schein­bar ohne jeg­li­che An­stren­gung zu un­ter­neh­men, einen Vor­stoß in Rich­tung des geg­ne­ri­schen Tors un­ter­neh­men zu wol­len. Es wur­de als solch eine Ver­höh­nung des Sports an­ge­se­hen, dass die FIFA im An­schluss dar­an die Re­geln da­hin­ge­hend ver­än­der­te, dass alle letz­ten Spie­le ei­ner Grup­pe si­mul­tan aus­ge­tra­gen wer­den, da­mit sol­che Schum­me­lei­en in Zu­kunft nicht mehr pas­sie­ren kön­nen. Der deut­sche Fern­seh­kom­men­ta­tor Eber­hard Stan­jek war so ver­zwei­felt über den Man­gel an Be­mü­hung, dass er fast zu wei­nen an­fing: „Das, was hier pas­siert, ist eine Schan­de und hat mit Fuß­ball nichts zu tun.“ Als deut­sche Fans nach dem Spiel zum Mann­schafts­ho­tel fuh­ren, um ih­rem Un­mut Aus­druck zu ver­lei­hen, ver­schlim­mer­ten ei­ni­ge Spie­ler die An­ge­le­gen­heit, in­dem sie aus den Fens­tern in den obe­ren Stock­wer­ken Was­ser­bom­ben auf die Fans war­fen.

Die deut­schen Spie­ler zeig­ten kei­ner­lei Schuld­be­wusst­sein oder Reue be­züg­lich des er­geb­ni­s­ori­en­tier­ten Spiels ge­gen Ös­ter­reich. Sie hat­ten, ab­ge­se­hen von dem, was man als „Fair Play“ be­zeich­net, kei­ner­lei Re­geln ge­bro­chen. Sie freu­ten sich, spä­ter das Halb­fi­na­le ge­gen Frank­reich be­strei­ten zu kön­nen, in dem Tor­wart Toni Schu­ma­cher für den nächs­ten Skan­dal sorg­te: Er schlug den fran­zö­si­schen Stür­mer Pa­trick Bat­ti­ston be­wusst­los, als er einen Ball am Ran­de des Straf­raums ab­fan­gen woll­te. Es war eine At­ta­cke, nach der Bat­ti­ston mit ei­ner schwe­ren Rücken­ver­let­zung am Bo­den lie­gen blieb. Schu­ma­cher hat­te Bat­ti­ston au­ßer­dem zwei Front­zäh­ne aus­ge­schla­gen und Bat­ti­ston fiel ins Koma. Schu­ma­chers Re­ak­ti­on auf die Ver­let­zung war eine wei­te­re Be­lei­di­gung. Er be­trach­te­te den am Bo­den lie­gen­den Fran­zo­sen mit ge­lang­weil­ter Miss­ach­tung. Im An­schluss an das Spiel ver­schlim­mer­te er die Lage wei­ter, in­dem er bar je­der Ge­fühls­re­gung an­bot, die Kos­ten für Bat­ti­stons Zahn­re­pa­ra­tur über­neh­men zu wol­len. Die di­plo­ma­ti­schen Be­zie­hun­gen zwi­schen der Bun­des­re­pu­blik und Frank­reich kühl­ten sich nach dem Spiel, das die Deut­schen im Elf­me­ter­schie­ßen ge­wan­nen, merk­lich ab. Es blieb für Jahr­zehn­te in Frank­reich eine strit­ti­ge An­ge­le­gen­heit. Das An­se­hen in der Öf­fent­lich­keit wur­de durch einen wei­te­ren Zwi­schen­fall ge­trübt, als ein deut­scher Spie­ler Jour­na­lis­ten mit Was­ser über­schüt­te­te, nach­dem in den Me­di­en be­rich­tet wor­den war, dass ei­ni­ge Spie­ler im WM-Vor­be­rei­tungs­camp hef­tig ge­trun­ken hät­ten.

Ge­gen Ende der 80er sehn­te sich das Land mit dem stol­zen Fuß­bal­ler­be nach neu­en un­ver­brauch­ten Ta­len­ten. Fuß­ball­fans woll­ten das Spiel wie­der lie­ben kön­nen. Und Spie­ler wie Klins­mann, der sei­ne Tore mit un­ge­brems­ter Freu­de fei­er­te und Nie­der­la­gen so schwer­nahm, wie sie es auch ta­ten, schi­en zu ver­kör­pern, wo­nach vie­le Fans sich zu ver­zeh­ren schie­nen.

Jürgen Klinsmann - Fußball ohne Grenzen

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