Читать книгу Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945 - Erika Karner - Страница 20
2.2.1 Wirtschaftliche Situation
ОглавлениеDie wirtschaftliche Situation im neuen Staat Österreich war nach dem Ende des Ersten Weltkrieges schwierig. Besonders angespannt war die Situation in Wien, wo es an der Versorgung mit den dringend benötigten Kohle- und Lebensmittelrationen mangelte. In direktem Zusammenhang mit der in Wien herrschenden Lebensmittelnot stand der blühende Schleichhandel. Im Jahr 1919 gab es erste große Lebensmittellieferungen seitens der Siegermächte in Form der „Reliefkredite“.54 Daraufhin entspannte sich die Situation für die Bevölkerung etwas.55
Die anhaltend schlechte Wirtschaftslage, die damit einhergehende Inflation und der Währungsverfall führten im Jahr 1922 zur Hyperinflation. Dies hatte gravierende Folgen für die Bevölkerung, da die Preise dramatisch stiegen. Der Staat befand sich ebenfalls in einer sehr schwierigen Lage, da er, um die Lebenshaltungskosten niedrig zu halten, 1920/21 bereits 59 Prozent der Staatsausgaben für die Stützung von Lebensmitteln verwendete. Die Regierung schmiedete zwar Sanierungspläne, aber alle Lösungsversuche blieben wirkungslos und Bundeskanzler Seipel setzte auf Hilfe aus dem Ausland.56
Ignaz Seipels Bemühungen waren erfolgreich und am 4. Oktober 1922 erhielt Österreich die sogenannte „Völkerbundanleihe“ in Höhe von 650 Millionen Goldkronen – sehr zum Ärger der Sozialdemokraten, die die vom Völkerbund geforderte partielle Entmachtung des Parlaments und die Kontrolle durch einen Generalkommissär nicht mittragen wollten.57
Die wirtschaftliche Situation Österreichs besserte sich danach langsam und am 1. Jänner 1925 trat das Währungsumstellungsgesetz zur Umstellung von Kronen auf die neue Währung Schilling in Kraft. Der Wechselkurs war 10.000:1, für 10.000 Kronen erhielt man also einen Schilling.58
Die wirtschaftliche Entspannung hielt bis Ende 1929 an, einen Beitrag dazu leistete das Wohnbauprogramm der Gemeinde Wien. Im Zuge des Zusammenbruchs der Boden-Credit-Anstalt und der hereinbrechenden Weltwirtschaftskrise kam es erneut zu einem Zusammenbruch der Wirtschaft. Die Wirtschaftslage blieb bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs kritisch.59
Eine weitere Besonderheit der Zeit war die Hinwendung der Bundesregierung zur Landwirtschaft. Der immer deutlicher werdende „agrarische Kurs“ der Regierung verunsicherte die Gewerbevertreter und so kam es ab Herbst 1931 im gesamten Gewerbestand immer wieder zu Protestaktionen. Ein Grund dafür – neben der politisch-ökonomischen Krise – lag in der Art und Weise der CA-Sanierung60 und im Hinausdrängen gewerblicher Berufsvertreter aus politischen Entscheidungspositionen.61